Eine Einschätzung des öffentlichen Verkehrs im Landkreis

Rückblick auf PRO BAHN Aktivitäten im Jahr 1998 / Schwerpunkte für 1999

Wie geht's weiter mit der Bahn

Das vergangene Jahr 1998 war nicht gerade das "Jahr der Bahn". Neben dem dramatischen Unglück von Eschede war eine nicht weniger dramatische aber schleichende Entwicklung zu beobachten, die uns befürchten läßt, daß auch in den nächsten Jahren wir Fahrgäste harten Zeiten entgegengehen. Immer mehr treten die Fehler der Bahnreform hervor: Die Frage der Fahrweg-Infrastruktur, die sich genausowenig wie andere Verkehrswege eigenwirtschaftlich erhalten läßt, die Erkenntnis, daß der Fernverkehr nicht der große Geldbringer ist, sondern auch mit wirtschaftlichen Problemen kämpft und nicht zuletzt der Nieder gang des Güterverkehrs auf der Schiene. All das ist keine Theorie, sondern betrifft auch ganz konkret uns und unsere Region. Nach wie vor fehlt eine Politik "pro Bahn" ganz unabhängig von Regierungsfarben, dort scheint man immer froh zu sein, wenn man für ein Problem "nicht zuständig" ist.

Pfaffenwinkelbahn

Anfang 1998 erreichte uns die Nachricht, daß die "Kundenberater im Nahverkehr" (KiN) auf der Bahnlinie Weilheim - Schongau eingespart werden sollten, obwohl gerade auf dieser Linie der Einsatz der KiN ein voller Erfolg ist. Besonders gut kommt bei den Fahrgästen der Ausschank von heißem Tee in den Zügen an, der auch 1999 an Winterwochenenden angeboten wird. Nach heutiger Erkenntnis spricht vieles für den persönlichen Service im Zug, gerade auch unter den Aspekten der Sicherheit, der Einnahmesicherung und der Vermeidung von Vandalismus. Zwar zeigte sich die Bahn unseren Argumenten "pro KiN" nicht geneigt, dennoch ist Fakt, daß die KiN noch heute in den Züg fahren. Dem Vernehmen nach hat sich das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) unserer Auffassung angeschlossen, daß der eingesetzte VT 628.0 nicht geeignet für den sog. "Nullmannbetrieb" ist, und den Abzug der DB bis zu einem grundlegenden Umbau der Fahrzeuge untersagt.

Die Triebwagen auf der Pfaffenwinkelbahn zeigen in letzter Zeit zudem häufige Ausfallerscheinungen. Als innerhalb kurzer Zeit mehrere Zugausfälle die Fahrgäste verärgerten, wurden wir bei der DB vorstellig.

Angeregt auf einen Presseartikel brachten wir unseren alten Vorschlag, den Haltepunkt Peißenberg Nord zu verlegen und so besser an die Siedlungsstruktur anzupassen, in die öffentliche Diskussion ein. Das Echo der zuständigen Kommunalpolitiker war allerdings dürftig, so daß wir dieses Thema vorläufig nicht mit Energie weiterverfolgen.

Sammeltaxi Hohenpeißenberg

Manche Ideen brauchen Zeit: Das Sammeltaxi Hohenpeißenberg als Verbindung zwischen Ort und Bahnhof hat PRO BAHN bereits 1994 vorgeschlagen. Die Idee fand Niederschlag im Nahverkehrsplan und wurde zum Sommerfahrplan 1998 umgesetzt. Beim Landratsamt ist man mit der Fahrgastentwicklung sehr zufrieden, es wird für 1999 sogar eine Ausweitung des Angebotes angedacht. 1994 hatte Bürgermeister Graf das Vorhaben noch abgelehnt, er wollte damals lieber Busse als Züge zwischen Weilheim und Schongau fahren sehen. Manchmal lassen sich eben die vernünftigen Lösungen nicht auf Dauer verhindern.

Kochelseebahn

100 Jahre alt wurde 1998 der Streckenabschnitt Penzberg - Kochel. PRO BAHN gab dazu eine Jubiläumsbroschüre heraus, die sowohl die Geschichte der Bahn wie die Zukunftschancen der Bahnlinie beleuchtet. Die 50-seitige Broschüre wurde erstmals auf dem Bahnhofsfest am 26. Juli 98 in Kochel verkauft und fand ein sehr positives Echo. Es sind noch einige Exemplare erhältlich.

Eine Option für die Zukunft der Bahnlinie ist ein Kreuzungsgleis im Bahnhof Penzberg. Kurz vor Jahresende 1998 hat die Bahn nach langem Zögern signalisiert, diese Option in ihre Planungen aufzunehmen. Damit scheint die Stadt Penzberg nun Planungssicherheit für die Neugestaltung des Bahnhofsumfelds zu haben. Wahrscheinlich wird uns aber auch dieses Thema 1999 noch beschäftigen. Der Kreuzungsbahnhof Penzberg ist Teil des PRO BAHN-Konzepts "Mit Takt nach Weilheim und Kochel" aus dem Jahr 1996. Penzberg kann damit zu einem fahrplantechnischen Knotenpunkt für den städtischen und regionalen Busverkehr werden, insbesondere kann der Schülerverkehr besser organisiert werden. Die Stadt Penzberg hat an diesem Konzept großes Interesse gezeigt, das zweite Gleis in die eigenen Planungen einbezogen und unseren Vorschlag in Verhandlungen mit der DBAG und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) weiterverfolgt. Auch die Penzberger Landtagsabgeordnete Renate Dodell hat das Vorhaben bei Staatsminister Wiesheu unterstützt. Herzlichen Dank an alle, die das Vorhaben unterstüt haben.

München - Mittenwald

Im Frühsommer 1998 war wieder Schienenersatzverkehr zwischen Weilheim und Murnau wegen Gleisbauarbeiten angesagt. Obwohl die Strecke über Wochen hinweg gesperrt war, wurden die Fahrgäste wieder mal unzureichend imformiert. In einem scharf formulierten Brief hat PRO BAHN bei DBAG darüber beschwert, ob's was geholfen hat, wird die nächste Sperrung zeigen... Der Ersatzfahrplan mit Bussen war im übrigen noch schlechter als die Jahre zuvor, alle Fahrgäste südlich von Murnau waren eine Stunde länger unterwegs bzw. hatten Gelegenheit zu ausgiebigen Bahnhofsbesichtigungen. Immerhin hat die Bahn nach Beschwerden morgens einen zusätzlichen Zug um 7.39 Uhr ab Weilheim nach München verkehren lassen. Anlaß für PRO BAHN diesen Ansatz zum Halbstundentakt zu begrüßen und als Dauereinrichtung zu fordern. Das Echo von DBAG und BEG war positiv, ergänzende Züge im Berufsverkehr sind bereits in Planung.

Zum Sommerfahrplan bekamen die "kleinen Bahnhöfe" der Karwendelbahn deutlich mehr Zughalte: Eschenlohe und Ohlstadt sind durchgängig im Stundentakt erreichbar, Uffing und Huglfing "fast" stündlich. PRO BAHN gestaltete für seine Fördermitglieder, die Gemeinden Huglfing und Oberhausen, ein Fahrplanblatt, das die Gemeinde im Amtsblatt veröffenlichte und an alle Haushalte verteilte.

Zur Werdenfelser Herbstausstellung und zur Vierschanzentournee 1999 wurde der Haltepunkt Kainzenbad am Garmischer Olympia-Skistadion reaktiviert. Auch hier wäre eine dauerhafte Reaktivierung betrieblich möglich und verkehrlich sinnvoll angesichts der damit erschlossenen Reiseziele wie Partnachklamm und Krankenhaus. Eine Reaktion von Seiten des Garmischer Landratsamtes auf unseren Vorstoß blieb allerdings aus...

Bahnlinie Schongau-Landsberg

Die Initiative Fuchstalbahn hat ein Aktionsbündnis zur Reaktivierung dieser Bahnstrecke im Personenverkehr ins Leben gerufen. Inzwischen besteht eine intensive Zusammenarbeit mit den PRO BAHN-Aktiven. Erster Schritt soll ein Gutachten sein, das die Möglichkeiten der Wiederbelebung beleuchten soll. Die Stadt Landsberg verfolgt ohnehin eine Verlängerung der Bahnstrecke auf ihrem Gebiet. Zum Rutenfest in Landsberg sollen im Juli 99 Demonstrationsfahrten mit einem modernen Triebwagen angeboten werden, schwierig wird allerdings die Finanzierung der hohen Überführungskosten bei der DB.

Fahrradmitnahme in Zügen

Zu den erfreulichen Punkten gehört zweifellos die Fahrradmitnahmeregelung in Zügen im Werdenfelser Land, die für die Fahrgäste weiterhin kostenlos ist. Nicht nur Ausflügler, auch Pendler profitieren von dem Service, der von den Lankreisen und Tourismusverbänden finanziert wird. Leider ist die DBAG trotz mehrere Versuche jedoch nicht davon zu überzeugen gewesen, die Regelung angemessen bekannt zu machen. Immerhin ist seit Mitte 1998 die Position der Fahrradwagen im Zug auf den Fahrplänen verzeichnet, was das Einladen beschleunigt. Bleibt zu hoffen, daß die Mitnahmeregelung über den 29. Mai 1999 hinaus verlängert wird.

1999: Dunkle Wolken am Horizont

Mit der Planung für ein elektronisches Stellwerk in Garmisch, das den Verkehr zwischen Mittenwald und Huglfing fernsteuern und die alten personalintensiven Bahnhofstellwerke ablösen soll, sieht der Geschäftsbereich Netz auch einen Kahlschlag im Streckennetz vor. So sollen an der eingleisigen Strecke die Kreuzungsmöglichkeiten in Klais, Farchant und Ohlstadt entfallen, auch die übrigen Bahnhöfe werden auf ein Mindestmaß zurückgebaut. Betroffen sind vor allem der Güterverkehr und Tourismusverkehr, die künftig kaum noch freie Trassen finden. Verspätungen werden sich aufschaukeln. Trotz der negativen Erfahrungen der jüngsten Zeit im Hinblick auf Pünktlichkeit zeigt sich DB Netz hier nicht einsichtsfähig. PRO BAHN hat den bayerischen Verkehrsminister gebeten, der weiteren Zerstörung von Verkehrsinfrastruktur Einhalt zu gebieten. Als Nebeneffekt werden wohl auch einige Fahrkartenschalter dran glauben müssen...

Die Einschnitte im Fernverkehrsangebot werden auch die Region Werdenfels treffen: Ob die beiden IC's Richtung Garmisch und Innsbruck noch täglich verkehren und ob die Fernverkehrsanschlüsse in München-Pasing alle bestehen bleiben, ist mehr als fraglich. Eine offizielle Vorschau auf den Fernfahrplan 1999/2000 liegt uns allerdings bis heute nicht vor. Die Betroffenen werden also erst mit den Tatsachen konfrontiert, wenn es zu spät ist. Durch die Änderungen im Fernfahrplan wird wohl auch die Ammerseebahn im nördlichen Abschnitt Probleme bekommen und manche Anschlüsse verlieren. Kein schöner Zug der Bahn.