Pünktlichkeit

PRO BAHN schreibt an die Deutsche Bahn AG

Am 1. Februar 2000 schrieb PRO BAHN an die DB Regio AG - nicht zum ersten Mal - wegen Mißständen im Werdenfels-Takt. Hier der Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Meier,
anbei eine kleine Zusammenstellung in Stichworten von Vorkommnissen auf der KBS 960 von letzter Woche.

  • 24. Januar: RB5408 mit 15 Minuten Verspätung ab Weilheim; wieder so ein "`Diemendorf-Fall"' für den Gegenzug.
  • 24. Januar: RB5407 mit ca. 10 Minuten Verspätung in Weilheim, ewiges Rumstehen in Huglfing (warten auf den Gegenzug; warum nicht in Uffing?). Plus 30 Minuten ab Murnau, trotzdem jeweils 7 Minuten Standzeit in Garmisch und in Mittenwald.
  • 24. Januar: RB5431 mit vier Wagen. Ab München schon viele stehende Fahrgäste, ab Pasing...
  • 25. Januar: RB5408 ca. 10 Minuten Verspätung ab Weilheim
  • 26. Januar: RB5408 ca. 7 Minuten Verspätung ab Weilheim wegen Anschlußaufnahme Ammerseebahn
  • 26. Januar: RB5405 ca. 30 Minuten Verspätung in Weilheim
  • 26. Januar: RB5435 in Weilheim keinen Anschluß in Weilheim nach Schongau wegen Triebwagenschadens. Den angekündigten Bus nicht gesehen.
  • 27. Januar: RB5410 ab Weilheim 10 Minuten Verspätung (Diemendorf!)
  • 27. Januar: RB5434 ab Weilheim 15 Minuten Verspätung. In Mittenwald 20 Minuten warten auf den Gegenzug (was ist mit Kreuzung Klais?)
  • 27. Janaur: RB5438 ab Weilheim 30 Minuten Verspätung.
  • 28. Januar: RB5410 in München 15 Minuten Verspätung.

Soviel zur letzten Woche, soweit ich das persönlich mitbekommen habe. Auch am 17. Januar hatte der RB5431 nur vier Wagen, am 19. Januar hatte der RB5410 ebenfalls ca. 15 Minuten Verspätung, am 9. Januar hatte der RB5434 ca. 40 Minuten Verspätung, der RB5436 ca. 13 Minuten (der NZ1500 hat gewartet).

Unter Normalbedingungen haben die Züge morgens in der Regel 5 bis 7 Minuten Verspätung, d.h., Nervenflattern bei den Fahrgästen, die in Pasing umsteigen wollen. Es gibt genau einen Schaffner, der regelmäßig Durchsagen macht, ob Anschlußzüge erreicht werden oder nicht und an wen man sich melden solle.

Und noch ein "Schmankerl": Mir wurde berichtet, daß am 28. Januar der RB5439 ca. 45 Minuten Verspätung ab Pasing hatte, weil sich das Personal nicht einigen konnte, mit welcher Lok gefahren werden sollte!!

Sehr geehrter Herr Meier, auch mit Galgenhumor ist das schwer erträglich. Auf der anderen Seite ist es aber immer wieder erstaunlich, welchen Leidensdruck die Fahrgäste noch akzeptieren.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Wiegner

So weit das PRO BAHN Schreiben. Eine Kopie ging an die BEG.

Mit Datum vom 7. Februar erhielten wir von der DB folgendes Antwortschreiben:

Sehr geehrter Herr Dr. Wiegner

Ihre Darstellung über die Betriebsabwicklung auf der Garmischer Strecke in der letzten Januar-Woche ist in der Tat erschreckend und kein Ruhmesblatt für unser Unternehmen.

Ich darf Sie aber um Nachsicht bitten, dass ich Ihnen nicht für jeden Einzelfall eine Begründung liefern kann. Sie werden sich erinnern, dass in der besagten Woche Temperaturen von -15°C bis - 25°C in München und Umgebung herrschten. Am Alpenrand wurden die -30°C unterschritten. Der reichlich gefallene Flugschnee (24./25.1.) tat an der Infrastruktur und bei den Fahrzeugen ein Übriges. Es herrschten Verhältnisse, die auch die anderen Verkehrsträger (z.T. noch mehr) beeinträchtigten. Es ist schlichtweg eine Illusion, bei derartigen Winterbedingungen einen pünktlichen Betrieb erwarten zu dürfen. Ich sage es auch ganz offen: Die laufenden Umstrukturierungen unseres Unternehmens (insbesondere der nachhaltige Personalabbau) machen es uns nicht leichter, auf große Störungen angemessen reagieren zu können.

Zu den geschilderten Problemen kommt auf der Garmischer Strekce ein ganz spezifisches dazu: Das EBA hat für drei Bahnübergänge im Bereich Huglfing-Polling jeweils eine Langsamfahrstelle mit 30 km/h angeordnet, da die Stauräume auf der Straße nicht angemessen sein sollen. Offensichtlich hat sich der kreuzende Straßenverkehr in der jüngsten Vergangenheit nachhaltig vermehrt. Dies hat für uns bis auf weiteres eine zwangsläufige Unpünktlichkeit auf dieser Strecke zur Folge.

Ein besonders gravierendes Problem ist der von Ihnen angesprochene Wagenmangel. Wegen der Zugbildung des RB 5431 haben Sie uns deshalb am 9. Januar angeschrieben. Wir haben zur Zeit und sicherlich noch das ganze Jahr 2000 über bundesweit einen eklatanten Triebwagen-, Lok- und Reisezugwagenmangel. Bezüglich der Reisezugwagen haben die vielen vorbeugenden sicherheitsrelevanten Umrüst- und Prüfaktionen der letzten 1,5 Jahre eine vorausschauende, vorgezogene Revisionierung erheblich erschwert. Als Folge daraus müssen nun zahlreiche Fahrzeuge wegen Erreichung ihrer Laufleistungsgrenzen zwingend zur Revision in die C-Werke. Darüber hinaus musste der BOB mit 40 Wagen geholfen werden und wirft auch die Expo mit einem Zusatzbedarf ihre Schattern voraus.

Von unserem RB Südbayern sind zur Zeit 80 Reisezugwagen (incl. Steuerwagen) in C-Werken. 30 Wagen davon sind bei der PFA Weiden zum Umbau. Dazu kommt noch ein örtlicher Bestand von Schadwagen (vorwiegend im Werk Pasing) von ca. 25 bis 30. Dies sind 15% unseres Wagenbestandes und überschreitet unsere Betriebsreserve von 13% deutlich. Deshalb haben wir ein Kürzungsprogramm anordnen müssen, um den bestehenden Mangel so verträglich wie möglich zu verteilen. Wir sind uns dabei bewusst, dass eigentlich jede Kürzung zu unangemessenen Füllgraden führt. Aus dieser Sitaution hieraus ist es nicht nur unmöglich, Zugverstärkungen herbeizuführen, sondern es besteht im Gegenteil die Gefahr, dass bei kurzfristigen Ausfällen Kürzungen erfolgen müssen. So ist der 4-Wagen-Zug am 17.01.2000 beim RB 5431 zu verstehen und so ist es auch unmöglich, die reguläre 5-Wagengarnitur dieses Zuges um einen Wagen zu verstärken. Ich bedauere es wirklich außerordentlich Ihnen keine positive Mitteilung machen zu können.

So können Sie gewiss sein, dass nicht nur die Fahrgäste einem "Leidensdruck" ausgesetzt sind sondern auch die Verantwortlichen bei DB Regio. Wir versuchen mit einem gewaltigen Zeitaufwand und Einsatz die Dinge im Sinne unserer Kunden bestmöglich zu regeln. Innere und äußere Einflüsse wirken dabei aber leider verschiedentlich als Störfaktoren. Sie können sicher sein, dass wir alles unternehmen, einen qualitativ guten Schienenpersonennahverkehr anzubieten.

Freundliche Grüße
gez. Manfred Meier

Hinweis:
Wir haben uns wegen der erzwungenen Langsamfahrstelle an das EBA gewandt; eine Antwort steht noch aus.