Workshop für Kommunalpolitiker

PRO BAHN Veranstaltung am 19. September 2008

Treffen zeigt: Mehr politischer Druck notwendig

Die Infrastruktur gehört dem Bund, die Züge bestellt der Freistaat Bayern - welchen Einfluß haben die Kommunen auf den Schienenverkehr? Dieser Frage ging ein Workshop für Kommunalpolitiker nach, den PRO BAHN Oberbayern gemeinsam mit dem Landratsamt Weilheim-Schongau durchgeführt hat. Schwerpunkt der Veranstaltung waren das Thema Bahnhofsentwicklung und Infrastruktur der Schiene. Rund 50 Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte waren der Einladung gefolgt. Gerade angesichts der aktuellen Bahnhofsverkäufe stehen viele Gemeinden vor der Frage, wie sie das Bahnhofsgebäude, aber auch das Umfeld vernünftig gestalten können. Auch beim Thema Sicherung oder Auflassung von Bahnübergängen haben die Kommunen -- sofern sie der Straßenbaulastträger sind -- ein gewichtiges Wort mitzureden und müssen einen finanziellen Anteil einbringen.

   

Die Vorträge zum Download

Im Themenblock Bahnhöfe stellte Günther Pichler von der DB Station & Service das Bahnhofsentwicklungsprogramm der DB vor. Mittelfristig wird die DB im Bereich Werdenfels nur die Bahnhofsgebäude in Weilheim und Garmisch im Besitz behalten. Alle anderen Gebäude sind oder werden an "Dritte" veräußert.

Dennoch will auch die DB die Fahrgastorientierung der Bahnhöfe auch nach der Veräußerung erhalten und sucht dazu gemeinsam mit Kommunen und Investoren nach geeigneten Lösungsansätzen. Wie diese konkret aussehen können, zeigte Jura Kojetinski von der Agentur Bahnstadt, einem unabhängigen auf Bahnhöfe spezialisierten Planungsbüro, anhand verschiedener Beispiele aus ganz Deutschland. Selbst Bahnhöfe mit 100 Fahrgästen täglich haben eine Chance. Durch eine regionale Vernetzung der Bahnhöfe lassen sich zusätzlich Synergieeffekte nutzen, beispielsweise durch Kooperationen beim Fahrscheinverkauf oder mit einem Fahrradverleih oder einer Supermarktkette. Jeder Bahnhof ist aber eine Herausforderung für die Projektplaner mit ganz eigenen Anforderungen.

Seine Erfahrung mit dem Erwerb der Bahnhofsgebäude konnte Huglfings Bürgermeister Bernhard Kamhuber zum Besten geben. In Huglfing ist man froh, die weitere Entwicklung des Bahnhofsgeländes selbst in der Hand zu haben. PRO BAHN trug eine kritische Betrachtung zu den Themen Park & Ride und Bike & Ride im Landkreis Weilheim-Schongau vor und konnte dabei auf selbst durchgeführte Befragungen zurückgreifen.

Beim Thema Infrastruktur kamen zunächst die Verkehrsunternehmen zu Wort und erläuterten ihre Anforderungen. Insbesondere Heino Seeger von der Bayerischen Regiobahn nahm hier die Verkehrspolitik ins Gebet. Er verwies auf die Selbstverständlichkeit, mit der Autobahnen auf 3 und 4 Spuren ausgebaut werden, eine Selbstverständlichkeit, die er beim Ausbau der Schiene vermisst.

Auch der Vertreter der Augsburger Localbahn, des einzigen Schienen-Güterverkehrsunternehmens in der Region, warnte vor einem weiteren Rückbau von Kreuzungs- und Anschlussgleisen. Hier ist es auch Aufgabe der Gemeinde, bei der Planung des Bahnhofsumfelds eine mögliche künftige Nutzung für den Güterverkehr zu berücksichtigen.

Dr. Ludwig von der DB Netz erläuterte die aktuell geplanten Ausbaumaßnahmen zur Beschleunigung der Strecke Tutzing-Garmisch und der Pfaffenwinkelbahn Weilheim-Schongau. Das 42-Millionen-Ausbauprogramm ist nun nach langem -- wohl auch DB-internem - Ringen in "trockenen Tüchern" und kann bis 201 umgesetzt werden. Deutlich wurde aber dabei, wie knapp die finanziellen Resourcen für den regionalen Bahnausbau sind. Denn auch ein zumindest abschnittweiser zweigleisiger Ausbau der Strecke bis 2018 hängt von der Verfügbarkeit der Bundesmittel ab.

Diese Problematik zeigten auch Jörg Allmendinger und Roland Heitzer vom bayerischen Wirtschaftsministerium auf, die die Finanzierungs- und Förderinstrumente für den Ausbau der Schieneninfrastruktur erklärten. Das Bundeschienenwegeausbaugesetz (BschwaG) ist für Ausbaumaßnahmen mit einer Milliarde Euro pro Jahr ausgestattet. Allein aber die Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt verschlingt etwa drei Viertel dieser Summe. Für Nahverkehrsprojekte in Bayern bleibt die lächerlich geringe Summe von 24 Millionen Euro pro Jahr übrig. Etwas besser ausgestattet ist das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), mit dem Kommunen sich den Ausbau von Park & Ride, Bike & Ride oder Busbahnhöfen mit einem Anteil zwischen 60 und 70 Prozent fördern lassen können.

Kord Simons von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) stellte den Ausbau des Werdenfels-Takts aus Sicht des Aufgabenträgers dar. Nach der Umsetzung der ersten Stufe bis 2011, möchte die BEG in einer zweiten Baustufe bis 2018 Doppelspurabschnitte auf der Garmischer Strecke einrichten lassen.

Allerdings ist für diese 2. Baustufe noch keine Finanzierung in Sicht. Immerhin konnte er aber für den Umbau des Bahnhofs Tutzing zu einer modernen und barrierfreien Verkehrsstation ein abgestimmtes Konzept vorstellen, das unabhängig von dem geplanten zweiten Stammstreckentunnel der S-Bahn umgesetzt werden kann und deshalb zeitlich (d.h. vor 2018) vorgezogen werden kann.

Als Erfolg für PRO BAHN kann gewertet werden, dass viele Vorschläge mittlerweile Eingang in die Planungen bei DB Netz und der BEG gefunden haben. So zum Beispiel das Flügelungskonzept für die Kochelseebahn oder die Verlegung des Haltepunkts Peißenberg Nord (ein Vorschlag aus dem Jahr 1992!).

Die Diskussionen über den Rückbau von Gleisanlagen scheinen nun ebenfalls der Vergangenheit anzugehören. Von der DB in Auftrag gegebene Prognosen haben die Erkenntnis gebracht, dass das Verkehrswachstum in Oberbayern bis zum Jahr 2030 um bis zu 25 Prozent zulegen wird, während andere Regionen stagnieren.

Die Motivation zu Investitionen in der "Europäischen Metropolregion München" ist daher gewachsen. Zum Problem könnte sich aber die chronische Unterfinanzierung der Eisenbahninfrastruktur entwickeln, die sich wie ein roter Faden durch viele Referate zog.

Ein Teilnehmer notierte sein Resümee auf den Rückmeldebogen: "Offensichtlich wg. Finanzierungen mehr politischer Druck notwendig". Dem bleibt wenig hinzuzufügen - vielleicht nur, dass die Teilnehmer der Veranstaltung die Note "1.9" gegeben haben.