Der Fugger-Express (KBS 980/960)


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Pünktlichkeit

Die Deutsche Bahn erfasst für jeden Zug an mehreren Stellen im Netz die Pünktlichkeit. Ein Zug ist nach DB-Definition dann pünktlich, wenn er an keinem Messpunkt mehr als 5 Minuten 59 Sekunden verspätet ist. Die Qualitätsvorgaben des Freistaates fordern im Fugger-Express-Netz eine Pünktlichkeit von 96 Prozent.
DB Regio veröffentlicht die Pünktlichkeitswerte der einzelnen Ausschreibungsnetze im Internet unter www.bahn.de/puenktlichkeit-bayern. Aus diesen öffentlich verfügbaren Zahlen von DB Regio ergeben sich folgende Pünktlichkeitskurven für die Jahre 2010 (dunkelgrau), 2011 (hellgrau) und 2012 (rot):

Jahresvergleich

Grafik: Pünktlichkeitsvergleich Fugger-Express. Mit freundlicher Genehmigung von DB Regio Allgäu-Schwaben.

Die Grafik zeigt die jeweils über einen Monat aufaddierte Pünktlichkeit aller Züge des Fugger-Express-Netzes. Der maximal erreichbare Wert ist 100 Prozent, d. h. alle in dem Monat verkehrenden Züge waren an keinem Messpunkt mehr als 5:59 Minuten verspätet. Die Realität sieht allerdings anders aus:

2010 (dunkelgrau):

2011 (hellgrau): 2012 (rot): Die schlechte und oft stark schwankende Pünktlichkeit ist aus Kundensicht ein sehr unbefriedigender Zustand, zumal neben der Verlängerung der Reisezeit und verpassten Anschlüssen auch das ständige Bangen, den Arbeitsbeginn oder einen wichtigen Termin zu verpassen, hinzukommt. Potentielle Neukunden werden von diesen trüben Aussichten zusätzlich abgeschreckt.

Pünktlichkeitstief im Oktober 2012

Mit einem Ergebnis von 87,7% fällt die Pünktlichkeit im Oktober 2012 auf einen Wert, der zuletzt im Winter 2010/2011 unterschritten wurde. Die Ursachen für diesen Tiefstand erläuterte Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der DB Regio Allgäu-Schwaben, im November auf dem Meinungsaustausch zum Augsburger Regio-Schienen-Takt bei Landrat Sailer (Landkreis Augsburg):
Die Grafik listet alleine 25 größere Störungen im Betriebsablauf, davon 12 verursacht durch die Netz-Infrastruktur (Weichen- und Signalstörungen sowie Baustellen) und 10 durch externe Ereignisse (Personenunfall, Notarzteinsatz, Personen im Gleis usw.):

Grafik: Infrastruktur und externe Einflüsse. Mit freundlicher Genehmigung von DB Regio Allgäu-Schwaben.

Doch diese Einzelereignisse sind nicht alleine dafür verantwortlich, dass die Pünktlichkeit des Fugger-Express gerade seit Frühsommer wieder fällt und seit Herbst wieder steigt.
Eine weitere Analyse hat gezeigt, dass die "Zugfolge" der häufigste Grund für Zugverspätungen ist. Zugfolge bedeutet, der Zug musste warten, weil ein anderer Zug vorweg fährt. Bis zu 80% der Verspätungsminuten des Fugger-Express sind darauf zurück zu führen.
Schaut man hier genauer hin, sind es in über 50% der Fälle Güterzüge und der Fernverkehr, die auf die Pünktlichkeit des Fugger-Express Einfluss hatten. Beim Güterverkehr verkehren zurzeit zusätzlich zum planmäßigen Verkehr auch zahlreiche Züge der Strecke Nürnberg-Ingolstadt-München, die aufgrund von Bauarbeiten nur eingerschränkt zur Verfügung steht. Der Güterverkehr teilt sich die Trasse mit dem Regionalverkehr zwischen Augsburg und München bzw. auch Augsburg und Donauwörth.
Anders sieht es seit dem viergleisigen Ausbau zwischen München und Augsburg mit dem Fernverkehr aus. Der hat dort eigene Gleise. Dennoch sind es Fernverkehrszüge, die die zweithäufigste Ursache für Verspätungsminuten beim Fugger-Express sind. Hier ist beispielsweise die „Überholung“ durch den Fernverkehr in Mertingen und Meitingen zu nennen, wenn Fernverkehrszüge verspätet auf dieser Achse unterwegs sind. Auch die Zusammenführung der Regional- und Fernverkehrsgleise vor Olching bilden bei Verspätung ein Nadelöhr.

Analyse

Verglichen mit der Pünktlichkeitskurve des Fugger-Express, die gerade in den Sommermonaten nach unten geht, liegt eine Verbindung zu den intensiven Baumaßnahmen auf der Schiene in ganz Deutschland in diesem Jahr auf der Hand. Durch die Verknüpfungen in den Knotenbahnhöfen kann sich eine durch solche Maßnahmen verursachte Verspätung schnell schneeballförmig auf viele Fernverkehrszüge ausweiten, die dann die Unpünktlichkeit auch auf den Regional- und Güterverkehr in völlig anderen Regionen übertragen. Der Verlauf der Pünktlichkeit des Fernverkehrs in Augsburg korreliert stark zum Verlauf der Pünktlichkeit des Fugger-Express.

Die Verspätungen sind im System Bahn immer die Achillesferse. Es verkehren immer mehr Züge und die Trassen sind gut ausgelastet. Eine Verspätung wirkt sich daher rasch auf andere Züge aus. Wer kennt als Pendler z.B. nicht den Effekt, dass ein Zug trotz Verspätung, wieder vor dem nächsten Haltebahnhof warten muss. Andere Züge müssen dann z.B. gerade ein- oder ausfahren und kreuzen den Weg des Zuges oder der Bahnsteig im Bahnhof ist noch besetzt.

Problem mit den Fugger-Express-Fahrzeugen dagegen erzeugen nach der DB Regio Statistik nur relativ wenig Verspätungsminuten. Allerdings ist der Oktober und November hier nicht ausgewiesen. Aber gerade in den letzten Wochen tauchten die berühmt-berüchtigten gelben Zettel an den Türen gehäuft auf, so dass wir bei PRO BAHN vermuten, dass zumindest ein kleiner Anteil des Oktober-Negativrekords auch auf das Konto defekter Türen ging.

Schlussfolgerungen

Aus PRO BAHN Sicht bedeutet diese Analyse, dass die Bahnwerbung mit dem am Stau vorbeifahrenden Zug der Realitätsprüfung nicht mehr immer und überall standhält. In den letzten Jahren ist das Zugangebot gerade im Regionalverkehr deutlich erhöht wurden. Wir sehen das auch in unserer Region mit der Einführung des Regio-Schienentaktes im Augsburger Umland und des ungefähren Halbstundentaktes zwischen Augsburg und München. Doch das Schienennetz ist nicht mitgewachsen. Wenn, dann wurde in wenige Großprojekte des Fernverkehrs investiert, in Gleise, die Regionalverkehrs- und auch Güterzüge nur in ganz wenigen Fällen nutzen können. Auch das sieht man bei uns in der Region: Die neue Schnellfahrstrecke zwischen Augsburg und Olching/Pasing hat keine einzige Weichenverbindung zu den Regionalverkehrsgleisen. Ein dort verkehrender Fugger-Express könnte keinen Bahnhof zwischen Haunstetter Straße und Pasing anfahren; ein Güterzug kann nicht von einem ICE überholt werden und darf dort nur dann fahren, wenn er ganz sicher nicht von dem doppelt so schnellen Fernverkehrszug eingeholt wird.

Gerade im Zulauf auf Augsburg aus Richtung Ulm/Dinkelscherben und Treuchtlingen/Donauwörth kommen sich ständig Güter-, Nah- und Fernverkehrszüge in die Quere. An einen regelmäßigen Taktverkehr wie bei der Münchner S-Bahn ist dadurch im Augsburger Umland kaum zu denken. Kommt dann noch wie in diesem Jahr zusätzlicher Verkehr dazu (Kapazitätsengpässe zwischen München und Ingolstadt wegen Bauarbeiten), ist das Netz ganz schnell am Limit.

Die Bürger des Landkreises Augsburg, insbesondere die Gemeinden zwischen Augsburg und Dinkelscherben, aber auch Anlieger an der Strecke Richtung Donauwörth fordern schon seit langem den Bau eines jeweils zusätzlichen Dritten Gleises, um die Kapazität der Strecke zu erhöhen und damit einen sauberen Takt mit wenigen Verspätungen zu erreichen.

Und was macht die Politik? Das Land Bayern und der Bundesverkehrsminister schieben die Verantwortlichkeiten hin- und her. Im Verkehrswegeplan der Bundesrepublik Deutschland, in dem alle größeren Bauprojekte geplant und priorisiert werden, sind die dritten Gleise trotz einer Landtagspetition und dem Angebot des Landkreises Augsburg, die Planungskosten mit zu finanzieren, immer noch nicht enthalten. Laut Toni Hofreiter, dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages müssten die Münchner Politiker hier entsprechend Druck machen. PRO BAHN wird angesichts der aktuellen Situation beim Fugger-Express bei den Abgeordneten der Region anfragen, wie die dritten Gleise vorwärts gebracht werden können.

Wenn man weiß, dass das Geld für Erweiterung der Schieneninfrastruktur an allen Ecken und Enden fehlt, dann fallen noch mehr Merkwürdigkeiten auf: Da präsentiert Bundesverkehrsminister Ramsauer ein 750 Millionen Euro-Paket für die Verkehrsinfrastruktur – und davon sind doch solide 40 Millionen Euro für die Bahn (das meiste übrigens davon für Lärmschutz). Das wenige vorhandene Geld versickert in fragwürdigen Großprojekten wie Stuttgart 21, wo nicht nur DB-Technikvorstand Kefer bereits heute zugeben muss, dass man die Projektrisiken nicht im Griff hat und erhebliche Zusatzkosten auflaufen könnten. Im letzten PRO BAHN Magazin „Der Fahrgast“ gab es zu Stuttgart 21 übrigens eine ausführliche Auflistung von Matthias Oomen, was heute schon alles nicht wie geplant läuft und Mehrkosten verursachen wird.

Forderung

Wer als Politiker Umweltschutz ernst meint und aus diesem Grund einen leistungsfähigen Schienenverkehr schaffen möchte, der für Kunden attraktiv ist, muss auch bereit sein, die Schienenwege auszubauen – und nicht nur in Autobahnen, Ortsumgehungen und in spektakuläre Monsterprojekte mit Prestige aber zweifelhaftem Nutzen wie Stuttgart 21 investieren.


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Letzte Änderung: 09.12.2012