Der Fugger-Express (KBS 980/960)
Bequemes Reisen im ET440?
Beim ET440 handelt es sich um die DB-Version des Coradia Continental des Herstellers Alstom. Er wird im Werk in Salzgitter gebaut.
Das Fahrzeug verfügt über einen leistungsstarken Antrieb, der es ermöglicht, auch auf Strecken mit häufigen Zwischenhalten akzeptable Fahrzeiten zu erzielen. Die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h lässt sich gerade auf längeren Strecken wie Mering – Pasing ausnutzen. Die Klimaanlage funktioniert nach mehrmonatigen Anlaufschwierigkeiten inzwischen auch halbwegs akzeptabel.
Prinzipiell also eine gute technische Basis für einen Zug, der den Fahrgästen im Freistaat mindestens die nächsten dreißig Jahre erhalten bleibt. Allerdings hat die BEG bei der Ausschreibung des Fugger-Express versäumt, detaillierte Angaben zur Innengestaltung zu machen. Gleichzeitig wurde aber gefordert, eine bestimmte Zahl Fahrgäste zum niedrigsten Preis zu befördern. Das Ergebnis kann nicht überraschen:
- Der Abstand der Sitze entspricht lediglich absoluten Mindeststandards. Für Personen ab 1,90 Meter Größe ist bequemes Sitzen unmöglich. In den Vierer-Sitzgruppen ist man ständig im innigen Kniekontakt mit den gegenüber Sitzenden.
- Selbst die (grünen) Sitze in den Doppelstockwagen der 1. Generation sind bequem gegenüber den optisch schicken blauen Sitzpolstern des Fugger-Express.
- Nur ungefähr die Hälfte der Plätze verfügt über Gepäckablagen. Für Mäntel gibt es Haken, die aber in der Praxis nicht nutzbar sind, da dort hängende Kleidung die ohnehin schmalen Sitze weiter einengt. Die Fahrgäste sitzen also nicht nur eng, sondern auch noch mit ihren Taschen und Mänteln auf den Knien.
- Auch die Zugänge zum Mehrzweckbereich wurden mit klappbaren Notsitzen versehen. Fahrgäste, die zum Beispiel die Toilette aufsuchen oder aussteigen wollen, können sich in voll besetzen Zügen nur mit Mühe durch den verbleibenden knappen Gang quetschen. Zusteiger mit Rad, mit Kinderwagen oder im Rollstuhl kommen dann gar nicht mehr in den Mehrzweckbereich.
Sparausführung für Augsburg?
Die BEG gibt an, aus ihren Fehlern gelernt zu haben. So würden bei neuen Ausschreibungen die Ausstattung detailliert festgelegt. Als Fahrgastverband sind wir uns jedoch nicht sicher, ob bei der Ausschreibung des Fugger-Express-Netzes wirklich ein Fehler gemacht, oder ob hier bewusst eine Sparausführung für die "Augsburger S-Bahn" bestellt wurde. Denn bereits in einer Ausschreibung ein Jahr später wurde in einem anderen Landesteil, beim Donau-Isar-Express nach Passau, von Anfang an einen höheren Sitzabstand (z. B. in den 4er Gruppen 59cm statt 46cm), eine vollständige Ausstattung mit Gepäckablagen und sogar Klapptischen in den Rückenlehnen ins Lastenheft geschrieben.
Für die bewusste Ausschreibung eine Sparausführung spricht auch, dass zunächst in Gesprächen mit der BEG in Aussicht gestellt wurde, in der Nachfolgeausschreibung ab 2020 (Planungsbeginn ca. 2014/2015) einen höheren Sitzabstand zu fordern.
Zur großen Verwunderung aller Anwesenden stellte BEG-Geschäftsführer Fritz Czeschka jeoch auf einem Vortrag vor Fahrgästen und PRO-Bahn-Mitgliedern am 26.03.2012 in Augsburg klar, dass die BEG auch bei der nächsten Ausschreibung des Fugger-Express-Netzes ab 2020 den jetzt eingesetzten ET440 zulassen und kein Redesign des Innenraumes fordern werde.
Und war in den letzten Jahren wenigstens noch von einer Nachrüstung von Gepäckablagen die Rede, widersprach DB Regio Bayern-Geschäftsführer Norbert Klimt bei einem PRO BAHN-Termin am 21.05.2012 in Augsburg: Eine Nachrüstung des Fugger-Express sei nicht vorgesehen – es wäre ja ein S-Bahn-ähnlicher Verkehr mit vielen Reisenden ohne größeres Gepäck. Wo die Fahrgäste Mäntel, Rucksäcke und Taschen während der Fahrt lassen sollen, konnte Herr Klimt den wenig begeisterten anwesenden Bahnkunden allerdings nicht erklären.
Im Klartext: Die engen Sitze und das in einigen Zügen unzureichende Platzangebot werden auf unbestimmte Zeit (womöglich bis 2032!) erhalten bleiben, und durch die weiterhin fehlenden Gepäckablagen verschlimmert.
Wir als Fahrgastverband sind nicht bereit, die Situation und auch das Vorgehen (erst beschwichtigen, dann alles beim alten lassen) so hinzunehmen und haben deshalb eine Petition an den Bayerischen Landtag verfasst, um die notwendigen Qualitätsverbesserungen beim Fugger-Express zu erreichen. Über 3000 Fugger-Express-Fahrgäste haben die Petition unterzeichnet. Weitere Informationen zur Petition finden Sie auf unser Seite zur Petition an den Bayerischen Landtag.
Ausstattungsvergleich
In den folgenden Abschnitten haben wir die gravierendsten Unterschiede in der Ausstattung des Donau-Isar- und des Fugger-Express dokumentiert. Die Fotos zeigen deutlich, dass der Fugger-Express an vielen entscheidenden Stellen nur eine Sparausstattung besitzt. Die deutlich geringeren Sitzabstände, die zusätzlich einen erheblichen Komfortverlust für die Fahrgäste des Fugger-Express bedeuten lassen sich mit Fotos leider nur schwer erfassen...
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Donau-Isar-Express, 2. Klasse: Gepäckablagen, Kopfteile in Lederausführung, Tisch in der Vis-a-vis-Sitzgruppe |
Fugger-Express: Sparausstattung: Fehlende Gepäckablagen, normale Kopfteile, keine Tische |
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Donau-Isar-Express, 2. Klasse: Rückenlehnenklapptisch am Reihensitz |
Fugger-Express: Sparausstattung: Kein Tisch, keine Ablagemöglichkeit, und geringerer Sitzabstand |
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Donau-Isar-Express, 1. Klasse: Ledersitze im 1. Klasse-Bereich |
Fugger-Express: Sparausstattung: Standardsitze, Kopfteil in Lederausführung |
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Donau-Isar-Express, 1. Klasse: Rückenlehnenklapptisch am Reihensitz, klappbare Fußstützen |
Fugger-Express: Sparausstattung: Kein Tisch, keine Ablagemöglichkeit, keine Fußstützen |
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Donau-Isar-Express, 1. Klasse: Gepäckregal im 1. Klasse-Bereich |
Fugger-Express: Hier gibt es nichts zu fotografieren |
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Donau-Isar-Express: Informationsmonitore im Einstiegsbereich |
Fugger-Express: Hier gibt es nichts zu fotografieren |
Letzte Änderung: 19.12.2012