Der Fugger-Express (KBS 980/960)
Neuausschreibung "Augsburger Netze" 2021
Der Verkehrsvertrag mit DB Regio Bayern für das Fugger-Express-Netz München – Augsburg – Ulm bzw. – Donauwörth – Treuchtlingen/Aalen, den die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) im Auftrag des Freistaats Bayern im Jahr 2005 ausgeschrieben hatte, endet zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019. Nach aktuellem Stand wird der Freistaat Bayern diesen Vertrag bis Dezember 2021 verlängern, genauso wie die mit der Bayerischen Regiobahn für die Paartalbahn (Augsburg – Friedberg – Aichach – Ingolstadt) und die Ammerseebahn (Augsburg – Mering – Geltendorf – Weilheim – Schongau) bestehenden Vereinbarungen. Hintergründe für die Verlängerung sind zum einen der nach wie vor unklare Fernverkehrsfahrplan zwischen 2018 und 2021 sowie größere Baumaßnahmen (Umbau und Erweiterung Augsburger Hbf, Wendegleis Augsburg-Oberhausen), die 2019 noch nicht abgeschlossen sein werden.
Für die Zeit nach 2021 wird der Betrieb der verschiedenen Strecken der "Augsburger Netze", zu denen auch der Fugger-Express gehört, dann wieder nach dem entsprechenden Ausschreibungsverfahren im Wettbewerb vergeben.
Ausschreibungen in dieser Größenordnung benötigen einen langen zeitlichen Vorlauf: Eine Betriebsaufnahme im Dezember 2021 erfordert eine Vergabe an die beteiligten Unternehmen spätestens im Dezember 2018 - die Ausschreibung sollte dann Ende 2017 veröffentlicht sein, damit genug Bieter Angebote einreichen können. Fazit: Was im Jahr 2016 nicht an Forderungen auf dem Tisch liegt, hat schlechte Chancen, berücksichtigt zu werden.
Nach den schlechten Erfahrungen aus der ersten Ausschreibung und dem extrem holprigen Start des Fugger-Express ist es für PRO BAHN als Fahrgastverband damit bereits jetzt an der Zeit, Verbesserungen für die Neuausschreibung zu definieren. Deshalb hat die PRO BAHN-Bezirksgruppe Schwaben inzwischen entsprechende Aktivitäten gestartet und Fahrgäste eingeladen, sich an der Erarbeitung der Anforderungen zu beteiligen.
Fahrgastworkshop I: "Fahrplan"
Am 14.12.2015 fand in Augsburg ein erster Fahrgastworkshop zur kommenden Neuausschreibung statt. Angesichts der Fülle der Themen für den Schwerpunkt "Fahrplan" wurde das Thema "Fahrzeugausstattung und Qualität" auf den zweiten Termin am 25.01.2016 verschoben. Im Workshop am 14.12.2015 war deshalb zunächst das Fahrplanangebot der zukünftigen "Augsburger Netze" das Kernthema, bei dem folgende Punkte besonders diskutiert und entsprechende Forderungen aufgestellt wurden:
- Deutliche Kritik von den Teilnehmern erntete der Stundentakt am Wochendende auf den Streckenästen von Augsburg nach Dinkelscherben und von Augsburg über Friedberg nach Aichach. Um auch potentielle Fahrgäste zu animieren, das Auto stehen zu lassen und Ausflüge oder Einkaufsfahrten beispielsweise nach Augsburg mit dem Zug zu unternehmen, ist eine Verdichtung zum Halbstundentakt zwischen 7 und 21 Uhr notwendig.
- Gefordert wird auch eine verbesserte Verbindung zwischen Augsburg und Nürnberg, vor allem am Wochenende. Abgesehen von den wenigen Allgäu-Franken-Express-Zügen gibt es nur eine Fahrmöglichkeit alle zwei Stunden mit einem Umstieg in Treuchtlingen. Bei nur fünf Minuten Umsteigezeit ist die Gefahr groß, an dieser "Sollbruchstelle" der Reisekette zu stranden.
- Fahrgästen in Dinkelscherben fordern weiterhin die Erweiterung des werktäglichen Zugangebots im morgendlichen Berufsverkehr auf drei Abfahrten pro Stunde. Hier wurden mit der Einführung des Fugger-Express die Abfahrten auf nur zwei pro Stunde reduziert, während vorher 3 Abfahrten von Dinkelscherben Richtung Augsburg im Fahrplan verzeichnet waren.
- Von München nach Augsburg soll der Halbstundentakt bis um 21:30 Uhr verlängert werden, um den verlängerten Ladenschlußzeiten (20:00 Uhr) und dem erhöhten abendlichen Fahrgastaufkommen Rechnung zu tragen.
- Da seit der Inbetriebnahme der Neu- und Ausbaustrecke Nürnberg/Ingolstadt der Fernverkehr aus Richtung Norden teilweise unter Umgehung von Augsburg direkt nach München geführt wird, ist auch werktags eine Fahrmöglichkeit gegen 1 Uhr ab München sinnvoll, um den Fahrgästen aus den letzten ICEs aus Hamburg und Berlin noch einen Anschluss Richtung Augsburg zu bieten.
- Ausgesprochen schlecht ist auch in Augsburg aktuell der Anschluss für Fahrgäste im Fernverkehr, die abends in Richtung Friedberg, Mering und Geltendorf umsteigen wollen. Die ICE-Ankünfte um 21:53 Uhr und 22:53 Uhr aus Richtung Frankfurt/Stuttgart verpassen sowohl die Abfahrt zur Minute 45 Richtung Friedberg und Aichach als auch die Abfahrt zum Minute 51 Richtung Mering.
- Noch ärgerlicher ist die Anschlusssituation in Richtung Meitingen und Donauwörth; der Fugger-Express fährt planmäßig 1 Minute nach der ICE-Ankunft ab und gilt deshalb nicht als offizieller Anschluss. Die reguläre Umsteigezeit z. B. nach Meitingen beträgt dadurch tagsüber schon zwischen 25 und 35 Minuten und erhöht sich abends auf bis zu 67 Minuten.
- Ähnliches findet sich auch im Zubringerverkehr aus Richtung Aichach, wo die Taktlage des Halbstundentakts dafür sorgt, dass jeder zweite ankommende Regionalzug den Anschluss zu den ICEs Richtung Stuttgart/Frankfurt um 2 bis 6 Minuten verpasst, während die reguläre Umsteigezeit 25 Minuten beträgt.
Aus PRO BAHN-Sicht sind bei der Neuausschreibung auch diverse "Merkwürdigkeiten" im Fahrplan abzustellen:
- An Werktagen klafft trotz offiziellem Halbstundentakt morgens ein 60-Minuten-Loch im Fahrplan von Augsburg nach Dinkelscherben; zwischen 06:25 Uhr und 07:25 Uhr gibt es keine Verbindung.
- Der letzte Zug aus Ulm ab 23:23 Uhr endet aus unerfindlichen Gründen um 00:07 Uhr in Dinkelscherben, anstatt nach Augsburg weiterzufahren.
- Der Fugger-Express München ab 16:01 Uhr bedient seit 2010 aus Kapazitätsgründen die Takthalte zwischen Mering und Haunstetter Straße nicht mehr. Dieser Missstand ist aus Sicht von PRO BAHN aber unabhängig von der Folgeausschreibung bereits vorher zu korrigieren.
Es zeit sich auch, dass das Konzept "Regio-Schienen-Takt" aufgrund der Verknüpfungen der Zugläufe mit weiter entfernten Knotenbahnhöfen wie Ingolstadt und Weilheim ohne zusätzliche Züge keine optimale Bedienung der Achse Augsburg Hbf – Haunstetter Straße – Hochzoll leisten kann. Rein rechnersich ergeben sich, auch wenn abends keine Taktverstärker mehr fahren, drei Verbindungen pro Stunde zwischen Hauptbahnhof und Hochzoll. Allerdings fahren diese – extrem fahrgastunfreundlich – aber innerhalb von 12 Minuten, nämlich zur Minute 39 (München), 45 (Ingolstadt) und 51 (Weilheim). Danach klafft ein Loch von 48 Minuten. Auch hier sind mit der Neuausschreibung fahrgastfreundliche Ideen und Lösungen gefragt!
Fahrgastworkshop II: "Fahrzeugausstattung und Qualität"
Obwohl der Themenblock "Qualität" zusammen mit dem Komplex "Fahrzeugausstattung" schwerpunktmäßig erst im zweiten Teil des Workshops am 25. Januar behandelt wird, gab es im Vorgriff bereits zahlreiche kritische Anmerkungen zur Pünktlichkeit im Fugger-Express-Netz. Hier wird gerade im Berufsverkehr die geforderte Pünktlichkeit nicht erreicht; generell liegt das Netz seit April 2015 mit Werten zwischen 87% und 90% massiv unter den vertraglich vereinbarten 96%.
Neben nach wie vor – zumindest nach dem Empfinden der Fahrgäste zu urteilen – häufigen technischen Störungen an den Fugger-Express-Triebwagen der Baureihe 440 spielen auf den stark belasteten Strecken und Knotenbahnhöfen auch Konflikte mit dem Fern- und Güterverkehr sowie Infrastrukturstörungen eine Rolle. Hier zeigt sich, dass das Betriebskonzept mit Kuppeln und Flügeln an mehreren Bahnhöfen zwar eine Bedienung mehrerer Streckenäste in dichterem Takt ermöglicht, aber unter anderem wegen kurzer Wendezeiten in München und Dinkelscherben störanfällig ist.
PRO BAHN fordert deshalb für die Folgeausschreibung die Bereithaltung von Reservetriebfahrzeugen in Augsburg, um bei Störungen im Zulauf das Gesamtnetz schnell wieder zu stabilisieren und die stundenlange Verschleppung von Verspätungen mit Auswirkungen auf andere Netzteile zu vermeiden.
Pünktlichkeit und andere Qualitätsthemen sowie Vorschläge für Verbesserungen bei der Fahrzeugausstattung werden den zweiten Teil des Workshops bilden. Details zu diesem zweiten Termin finden Sie in unserer Terminankündigung. Zu diesem Workshop, der am 25. Januar von 19:30 Uhr bis 21:30 Uhr in Augsburg stattfinden wird, sind noch einige wenige Plätze frei.
Bitte melden Sie sich bei Interesse per E-Mail bei Jörg Lange, dem PRO BAHN-Beauftragten für den Fugger-Express, an: joerg.lange@pro-bahn.de
Letzte Änderung: 13.01.2016