Tarifgestaltung der DB

PRO BAHN Stellungnahme vom Juli 2001

Das für die zweite Jahreshälfte 2002 vorgesehene neue Preissystem der Bahn AG hat durchgreifende Folgen für die Tarife im Nahverkehr. Somit ist verständlich, daß die Länder als Besteller (und Finanzier) des Nahverkehrs ein großes Interesse an der Ausgestaltung der Tarife haben. Entsprechend fanden Mitte Juli Gespräche zwischen BEG und DB AG statt. PRO BAHN hat für diese Gespräche einige Denkanstöße eingebracht.

Folgen der geplanten Änderungen

Die für 2002 vorgesehene Tarifänderung, insbesondere der Ersatz der BahnCard 50% durch eine BahnCard 25% bringt folgende schwerwiegende Nachteile mit sich:

  • Sonderpreise gelten nur bei Buchung von Fernverkehrszügen und ab 150 km Entfernung. Diese Regelung führt auf Strecken bis 150 km (unterhalb der Mindestentfernung der Anwendbarkeit der neuen BahnCard) und generell in den vom Freistaat Bayern bestellten Nahverkehrszügen für die derzeitigen Nutzer der Bahncard zu einer Preiserhöhung von 50% für die Einzelfahrt.

  • Einige Personen, die bisher die ermäßigte Bahncard bezogen haben, zahlen ca. 10 Euro weniger, erhalten aber auch nur 25 % Ermäßigung.

  • Zahlreiche Rabatte sind an Bedingungen geknüpft (Frühbuchung; Hin- und Rückfahrt; Wochenendbindung; limitiertes Kontingent) und können somit in vielen Fällen zu Frustrationen bei den Fahrgästen führen, die sich auch auf das Reiseverhalten im Regionalverkehr negativ auswirken kann.

Lösungsansätze

  1. Die bisherige BahnCard wird parallel zum neuen System dauerhaft beibehalten mit 50 % Rabatt ausschließlich auf den Grundpreis. Da nach Angaben der Bahn nur eine geringer Teil der Fahrgäste von der BahnCard 50% profitieren würde, hat die DB bei dieser Lösung keine wesentlichen Einbrüche beim Ertrag zu befürchten. Mit einer großzügigen Geste könnte durch eine einfache Lösung ein Streit aus der Welt geräumt werden, der sonst nur schadet.

  2. Die neue BahnCard wird mit einer Zusatzfunktion "Regio" ausgestattet, die für Fahrten, die kürzer als die Mindestentfernung, ab der die neuen Ermäßigungen greifen, sind (also bis Entfernungen von etwa 150 km), und in vom Aufgabenträger bestellten Nahverkehrszügen 50 % Ermäßigung bietet. Die Zusatzfunktion ist wie beim Angebot Railplus gegen einen (geringen) Aufpreis erhältlich. Anzustreben wäre aus unserer Sicht eine Erweiterung dieser Zusatzfunktion "Regio" auf den gesamten ÖPNV. Dieser Lösungsansatz ist zweifellos komplexer als der Ansatz 1, würde aber aus unserer Sicht besser als eine reine DB R&T-Lösung zu den Vorgaben und Zuständigkeiten passen, die heute bezüglich des Schienenverkehrs bestehen. Die Zusatzfunktion "Regio" sollte bundesweit einheitlich sein.

    Als Variante wäre auch eine solche Zusatzfuntion, aber bei allen BahnCards ohne Aufpreis, denkbar.

  3. Bahncard mit Zusatzfunktion "Regio" wie unter 2. beschrieben, ausgeführt aber als aufladbarer Geldchip ("prepaid"), mit dem an Automaten Fahrkarten mit 50 % Rabattierung erworben werden können. Geringere Vertriebskosten und Zinsvorteile könnten dieses Modell auch für den Betreiber interessant machen. Jede gefundene Lösung mit innovativen Techniken muß aber für alle Fahrgäste praktikabel und nutzbar sein, deshalb sind Vorschläge, die auf Internet- oder Handynutzung basieren, nur als Ergänzung akzeptabel.

Ähnliche Probleme wie in Bayern bestehen auch in anderen Bundesländern. Wir halten daher eine gemeinsame Lösung für alle Bundesländer mit diesen Problemen für sinnvoll.

Noch zwei Hinweise, die Tarifstruktur im Nahverkehr betreffend, die bei den anstehenden Gesprächen mit der DB angesprochen werden sollten:

  1. Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, daß es mit der neuen Tarifstruktur (wegen der Fixierung auf den Fernverkehr) immer noch kein Angebot zur Stärkung von Zweigstrecken und für Kurzausflüge gibt. Denkbar wäre, daß auf Zweigstrecken (Murnau- Oberammergau; Coburg - Rodach etc.) der Fahrpreis am Wochenende (und täglich ab 20 Uhr) grundsätzlich die erste Entfernungsstufe kostet. Eine BahnCard-Komponente wäre denkbar. Alternativ wäre eine Lösung a la Hopperticket denkbar.

  2. Die tarifliche Bevorzugung von Familien und Gruppen hat sicher ihre Berechtigung. Eine deutliche Schlechterstellung von Einzelreisenden ist jedoch aus ökologischen und sozialen Gründen problematisch. So können fünf Autofahrten verhindert werden, wenn fünf Einzelreisende mit dem Zug fahren, aber nur eine Autofahrt, wenn eine fünfköpfige Familie Zug fährt.

Hinweis: Die oben dargestellten Vorschläge geben ein Meinungsbild innerhalb des PRO BAHN Bundesverbands und Landesverbands Bayern vom Juli 2001 wieder, stellen aber noch nicht den letzten Stand einer offiziellen Abstimmung dar.

zur Übersichtsseite der politischen Aktivitäten von PRO BAHN Bayern