Pressemeldung vom 21.10.2003

Jähes Ende des Diesel-ICEs

Blamage für Industrie, Politik und Bahn: Versäumnisse der Vergangenheit rächen sich

Mit der gestern bekanntgewordenen endgültigen Abstellung der Diesel-ICEs mit Neigetechnik (ICE-TD) der Deutschen Bahn AG geht aus Sicht des Fahrgastverbandes PRO BAHN eine unrühmliche Zeit voller Pannen und Fehlentscheidungen ihrem Ende entgegen.

"Die Abstellung der Züge ist die richtige Entscheidung, allerdings ist sie viel zu lange verschleppt worden," so Matthias Beß, Vorsitzender des Fahrgastverbandes in Mittel- und Oberfranken. Die Ära des ICE-TD sei von Anfang an von Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen geprägt gewesen.

Der jahrelange Ärger wurde in erster Linie durch die Entscheidung heraufbeschworen, die Diesel-ICE-Fahrzeuge ohne ausreichende Praxistests in den Planeinsatz zu schicken. Noch ahnte niemand, daß die Kinderkrankheiten nie überwunden würden, doch wären die Kunden zu jeder Zeit mit einem klassischen Interregio-Verkehr besser bedient gewesen.

Das lange Zögern vor der jetzt gefällten Entscheidung führt dazu, daß auch im kommenden Fahrplanjahr (ab 14.12.2003) zunächst keine überzeugende Lösung angeboten werden wird. "Die als Ersatz vorgesehenen Triebzüge der Baureihe 612 sind zwar zuverlässiger, doch für Aufgaben im Fernverkehr ungeeignet," so Beß. Zudem bleibt unklar, ob weiterhin die unangemessen hohen IC-Fahrpreise verlangt werden.

Für den Fahrgastverband ergibt sich daraus die Forderung nach einer tragfähigen Ersatzlösung, die auch durchaus wieder auf die bewährte Lok-Wagen-Technik zurückgreifen könnte. "Besser ein überzeugendes Ersatzkonzept als ein zusammengeschusterter 'Normalfahrplan'," sagt Beß. "Der frühere Interregio könnte auch heute wieder diese Aufgabe übernehmen."

Unmittelbar folgt allerdings auch die Forderung nach einer Elektrifizierung der Strecke von Nürnberg bis Reichenbach (Vogtl.). "Wäre dies wie geplant in den 90er Jahren passiert, hätten wir all diese Probleme heute gar nicht," so Beß mit Blick auf die funktionierenden elektrischen ICE-Neigezüge und mahnt zur Eile: "Allein daß diese Maßnahme im vordringlichen Bedarf des neuen Bundesverkehrswegeplanes steht, bringt uns Fahrgästen nichts. Sie muß endlich angepackt werden."

Anhang:

Direkt nach der Wende im Jahr 1989 stand die Strecke Nürnberg - Reichenbach (- Dresden) auf der Liste der zu elektrifizierenden Strecken, damals war die Inbetriebnahme der Fahrleitung für das Jahr 1998 vorgesehen. Mit dem Einsatz eines neuentwickelten Diesel-ICEs glaubte man allerdings, sich die Kosten der Elektrifizierung sparen zu können. Außerdem wäre die hochwertig ausgebaute Franken-Sachsen-Magistrale für den Verkehr nach Berlin zu einer Alternativroute zur politisch favorisierten Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt geworden.

Die Nahverkehrstriebwagen der Baureihe 612 sind in Hinsicht auf Komfort und Service nicht für Aufgaben im Fernverkehr ausgelegt. Der Komfort wird insbesondere durch das laute Fahrgeräusch im Inneren und ein öfters auftretendes unangenehmes Ruckeln in Längsrichtung während der Fahrt beeinträchtigt.

Rückfragen bitte an Matthias Beß, Kiefernstraße 18, 91580 Wicklesgreuth, Tel. (09131) 815472
oder Jörg Schäfer, Mausendorfer Weg 3, 91574 Neuendettelsau, Tel. (09874) 5801
v.i.S.d.P.: Matthias Beß