Der Filzenexpress

Münchner Tarifgeschichten

Bericht in der PRO BAHN Post vom November 2015

Mittlerweile hat die Erweiterung des MVV-Tarifes von Tulling bis Reitmehring (Wasserburg Bahnhof) ab dem kommenden Dezember die letzten Verwaltungshürden genommen und die neuen MVV-Fahrkarten werden rechtzeitig zum Fahrplanwechsel auch an den Automaten zu bekommen sein.

Gut besucht war am 19. Oktober eine Informationsveranstaltung über den bevorstehenden MVV-Tarif. PRO BAHN hatte dazu Burkhard Hüttl von der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) in die Paulanerstuben in Wasserburg eingeladen. Dass heute noch eine Bahnverbindung von Ebersberg nach Wasserburg existiert, ist auch ein Stück das Verdienst von Hüttl, denn als PRO BAHN-"`Urgestein"' lag ihm schon vor fast dreißig Jahren der öffentliche Nahverkehr am Herzen, als die Zukunft der Bahnlinie von Ebersberg nach Wasserburg an einem seidenen Faden hing.

Dank der Initiative von PRO BAHN konnte Ende der achtziger Jahre die Stilllegung des Filzenexpress so lange abgewendet werden bis Mitte der neunziger Jahre der Bayern-Takt und damit ein Zwei-Stundentakt mit neuen Fahrzeugen eingeführt wurde. Anfang der 2000er Jahre folgten durchgehende Zugverbindungen nach München und im Dezember 2014 ging der Kreuzungsbahnhof in Steinhöring in Betrieb. Seitdem fährt der Filzenexpress an Werktagen im Stundentakt, der nächstes Jahr auch auf das Wochenende ausgedehnt wird.

Dieser Erfolg mit dichterem Zugangebot motivierten den Landrat und die Bürgermeister der Anliegergemeinden, den MVV-Tarif möglichst bald von der bisherigen Tarifgrenze Tulling um 11 Bahn-Kilometer bis Reitmehring (Wasserburg Bahnhof) mit den Haltepunkten Forsting und Edling (allerdings ohne Brandstätt) auszudehnen, obwohl dies mit jährlichen Ausgleichszahlungen von 120.000 Euro verbunden war. Diese sind zuletzt wegen bereits steigender Fahrgastzahlen auf 200.000 Euro gestiegen. Hier zeigt sich die Rolle des MVV als "Geldumverteilungsmaschine", da die Fahrgeldeinnahmen und die Zuschüsse der Anliegergemeinden nach einem bestimmten Schlüssel auf die in ihrer Region aktiven Verkehrsbetriebe aufgeteilt werden.

Das Thema MVV bzw. Münchner Verkehrs- und Tarifverbund brachte Hüttl mit seinem informativen Vortrag bei den zahlreichen Besuchern auf den Punkt: Oberstes Ziel des MVV ist, dem Fahrgast durch aufeinander abgestimmte Fahrpläne mit kurzen Wartezeiten und einer einzigen Fahrkarte für die verschiedensten Verkehrsmittel das Optimum zu bieten. So sind heute neben der Stadt München auch die Landkreise München, Bad Tölz-Wolfratshausen, Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau, Freising, Erding, Ebersberg und jetzt auch Rosenheim im MVV mit seinen 44 Verkehrsunternehmen vertreten: Hierzu zählen die Vogtlandbahn (mit ALEX), die Bayerische Oberlandbahn (inkl. Meridian), die S-Bahn München GmbH der DB (rot), die MVG mit U- und Trambahn sowie Bus (blau), Oberbayernbus (DB, rot) und regionale Buslinien (grün-weiß-blau).

Ab 13. Dezember 2015 kommt man ab Reitmehring mit einer einzigen MVV-Karte für 10,80 Euro nach München, dazu sind auf einer Streifenkarte acht Felder abzustempeln. Momentan kostet dieser Ausflug (ohne BahnCard) noch 12,10 Euro für die Regionalbahn der DB, zu der die Südostbayernbahn (SOB) gehört, plus 2,70 Euro für die MVV-Karte im Münchener Innenraum. Günstiger wird es auch für Berufspendler, die bald in den Genuss der günstigeren IsarCard aus der umfangreichen MVV-Fahrkartenpalette kommen. Reitmehring liegt dann im 15. von 16 möglichen Ringen auf dem MVV-Tarifplan für Monats- oder Jahreskarten. Der MVV-Tarif bleibt allerdings der RVO-Buslinie 9421 weiterhin "`verwehrt"', die oft parallel zur Bahnstrecke auch entferntere Orte wie z. B. Pfaffing anschließt. Dies trifft auch den Wasserburger Stadtbus (Linie 9418).

Und Wasserburg (Inn) Stadt bleibt ein Tarifpunkt der Deutschen Bahn (DB), auch wenn der Stadtbahnhof derzeit nicht per Bahn erreichbar und die Altstadtstrecke weiterhin seit dem Dammrutsch im Jahr 1987 "aus technischen Gründen" gesperrt, aber nicht stillgelegt und nicht entwidmet ist: Trotz Einführung des MVV-Tarifes ab Reitmehring kommt man vom Stadtbahnhof mit einer DB-Karte für ebenfalls noch 12,10 Euro nach München. Weiterhin kann man beispielsweise den BahnCard 50--Rabatt nutzen, solange zwischen Wasserburg Bahnhof (Reitmehring) und Wasserburg Stadt kein MVV-Tarif eingeführt wird. Andreas Hiebl (Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt Wasserburg) gab zu bedenken, dass etwa Schülermonatskarten im MVV-Ausbildungstarif wesentlich teurer wären als die aktuellen für die RVO-Busse.

Auch Matthias Krause von der Südostbayernbahn (SOB) stand den zahlreichen Besuchern Rede und Antwort und unterstrich die Bereitschaft der SOB, in Zukunft an weiteren Verbesserungen im Interesse ihrer neuen Wasserburger MVV-Kunden beizutragen.

Schließlich verdeutlichte Bernd Meerstein von der PRO BAHN-Ortsgruppe Wasserburg, wie wichtig eine leistungsfähige Bahnanbindung für die Stadt Wasserburg wäre, wenn der modernisierte und beschleunigte Filzenexpress die Altstadt direkt erreichen würde.

Text: Gerald Bendrien für die PRO BAHN Post

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