Der Filzenexpress

Blick über den Tellerrand

Bericht in der PRO BAHN Post vom August 2015

"Vielleicht können wir uns was abschauen" dachte sich die PRO BAHN-Ortsgruppe Wasserburg, als sie sich auf den Weg in den Bayerischen Wald zur Ilztalbahn machte. Über Mühldorf ging es mit der Südostbayernbahn nach Passau, dort stieg man um in die Ilztalbahn und fuhr weiter nach Waldkirchen und Freyung, der Endstation der modernen und wildromantischen Lokalbahn.

Das Interessante daran: eigentlich dürfte es die Ilztalbahn gar nicht geben -- wenn es nach dem Willen der Politik gegangen wäre. Fahrplanmäßige Personenzüge der DB fuhren schon seit 1982 nicht mehr, die Gleise verwilderten und nach einem Dammrutsch wurde die 47 km lange Strecke stillgelegt. 2006 lag ein Antrag auf Entwidmung beim Eisenbahnbundesamt, danach sollte ein Radweg entstehen. Doch dann kam es ganz anders: Der Förderverein Ilztalbahn e.V. und die zwischenzeitlich gegründete ILZTALBAHN GmbH (ITB) waren mittlerweile derart aktiv, dass das Eisenbahnbundesamt (EBA) im Juni 2007 den Antrag auf Entwidmung ablehnen musste. Das EBA erkannte ein "Verkehrsbedürfnis" für die Ilztalbahn und sämtliche Radwegpläne waren mit einem Schlag gestorben. Die Bahnlinie muss Bahnlinie bleiben -- daran änderten auch Entwidmungs- und Abbauanträge seitens der DB und der Region nichts.

2008 begann der Förderverein mit der Sanierung der Strecke, 2009 erteilte das bayerische Wirtschaftsministerium der Rhein-Sieg-Eisenbahn die Betriebsgenehmigung für die Strecke auf 50 Jahre. Die Strecke konnte instandgesetzt werden und zwar mit deutlich niedrigeren Kosten, als in den offiziellen Gutachten veranschlagt.

Seit 2011 bietet die Ilztalbahn GmbH im Sommer Tourismusfahrten am Wochenende an, vollständig organisiert von Ehrenamtlichen. Dabei zählten die Betreiber nach eigenen Angaben bislang bis zu 800 Fahrgäste pro Tag. Geschäftsführer Prof. Thomas Schempf und sein Team sehen optimistisch in die Zukunft. "Dass wir soweit gekommen sind, hätte uns von politischer Seite niemand zugetraut, wir werden uns auch zukünftig nicht beirren lassen. Die Ilztalbahn fährt weiter und hoffentlich bald auch im täglichen Regelbetrieb".

Prof. Thomas Schempf, Geschäftsführer der Ilztalbahn (3. von rechts), verabschiedet die begeisterte PRO BAHN-Gruppe aus Wasserburg (Foto: R. Kurzmeier)

Von so viel Durchhaltevermögen zeigte sich die Wasserburger PRO BAHN-Gruppe beeindruckt und sieht durchaus Parallelen. Auch bei der Altstadtstrecke nach Wasserburg gibt es den vielzitierten Dammrutsch, die Strecke ist verwildert und ein Gutachten schätzt die Kosten der Wiederherstellung auf über 10 Millionen. Das Konsortium, bestehend aus drei Eisenbahn-Unternehmen - auch der Rhein-Sieg-Eisenbahn - und PRO BAHN hat die Wiederherstellungskosten auf weniger als ein Drittel berechnet. Die Verhandlungen mit der Stadt Wasserburg sind noch im Gange. Aber wie sie auch ausgehen werden - aufgeben wird man nicht. Schließlich haben wir hier in Wasserburg einen großen Vorteil - die Ilztalbahn ist 47 km lang, die Altstadtstrecke gerade mal 4,3 km - also eigentlich nur ein Klacks.

Text: Claudia Rahlf für die PRO BAHN Post

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