Kommunikationsodyssee um Überdachung eines Fahrkartenautomaten in Zwingenberg.

Es ist ein gewöhnlicher Mittwochnachmittag am Bahnhof Zwingenberg. Am Fahrkartenautomaten sammeln sich ein paar Leute, um an die Berechtigung für die Bahnfahrt zu gelangen. Eine wenig spektakuläre Szene… die vermutlich interessanter würde, wenn es zu regnen anfinge. Denn bei der Modernisierung von vor einigen Monaten hat man ein kleines Detail nicht berücksichtigt: Ein Fahrkartenkauf im Trockenen. Denn dieser ist seit der Verlegung des Fahrkartenautomaten vom ehemaligen Empfangsgebäude zur besser zugänglichen Bahnunterführung in der Walter-Möller-Straße nicht berücksichtigt worden.

Ich beobachte diese Szene oft, wenn ich am Bahnhof vorbeikomme. Am Aufzug gibt es eine Überdachung, nicht jedoch am Fahrkartenautomaten.“, stellte Josef Tödtling, ein interessierter Bürger und gelegentlicher ÖPNV-Nutzer fest und wandte sich daraufhin an die Stadt Zwingenberg, um auf das Problem hinzuweisen. Die Antwort, die er von dort erhielt, löste bei ihm nur noch Verständnislosigkeit aus. Deswegen bat er den Fahrgastverband PRO BAHN um Unterstützung.

Für uns ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich niemand verantwortlich fühlt und weshalb noch nicht einmal die Notwendigkeit etwas zu unternehmen gesehen wird. Man möchte meinen, dass so ein Witterungsschutz keine große Sache wäre. Doch wir wurden in einer Kommunikationsodyssee von Gegenteil überzeugt“, schildert Peter Castellanos, Vorsitzender von PRO BAHN Starkenburg e.V. seine Erfahrungen. Die Stadt Zwingenberg habe das Anliegen seinerzeit an die zuständigen Stellen weitergeleitet und soll von dort die Antwort erhalten haben, dass eine Überdachung „weder gewünscht noch finanziell vorgesehen“ sei. Damit war der Fall für die Stadt abgearbeitet.

PRO BAHN wandte sich an das Stationsmanagement der Deutschen Bahn in Darmstadt, wo postwendend die Zuständigkeiten klargestellt worden sind: Wenn der Automat nicht auf dem Bahnsteig stehe, könne die DB von sich aus nichts unternehmen. Die Aufgabenträger des ÖPNV – hier der Kreis Bergstraße bzw. der VRN – sollten in diesem Fall zusammen mit den Grundstückseigentümern für akzeptable Lösungen für möglichst alle Reiseetappen sorgen“, fordert Castellanos. „Eine Überdachung wurde bei der Verlegung des Automaten während der Modernisierung des Bahnhofs vor wenigen Monaten wohl vergessen. Jetzt möchten die Verantwortlichen von diesem Versäumnis einfach nichts mehr wissen“.

Folglich wurden auch die für den ÖPNV zuständige Kreisverwaltung und der VRN als ihre lokale Nahverkehrsorganisation angeschrieben. Von der Kreisverwaltung erhielten wir die Antwort, dass der Kreis einerseits nicht zuständig und die Situation andererseits hinzunehmen sei. Vom VRN kam auch nach über 2 Wochen überhaupt keine Rückmeldung – nicht besonders kundenfreundlich, findet PRO BAHN.

PRO BAHN findet diesen Umgang mit Beschwerden wenig zielführend. „Offenbar hält man es für zumutbar zahlungswillige Kunden an einem gut frequentierten Bahnhaltepunkt während des Fahrkartenkaufs im Regen stehen zu lassen. Eine fragwürdige Haltung, mit der sicher keine potenziellen Kunden für den ÖPNV gelockt werden können. Mit Zwangskunden, die mangels Wahlalternative den ÖPNV nutzen müssen, kann man offenbar alles machen“, stellt Castellanos mit Bedauern abschließend fest.

Dass es auch anders geht, zeige das Beispiel im rheinischen Rommerskirchen. Hier wurde innerhalb kürzester Zeit in einer ähnlich gelagerten Situation einfach im Sinne der Fahrgäste gehandelt, anstatt die Zeit mit Ausreden zu verschwenden (siehe [1], [2] und [3]).

Der ubedachte Automat in Zwingenberg ist im Kreis Bergstraße sicher kein Einzelfall. Umso mehr bedauert PRO BAHN, dass dieser Hinweis nicht als Chance begriffen wird diesen kleineren Alltagsmangel flächendeckend in Angriff zu nehmen, um einerseits von Fördergeldern des Landes zu profitieren und andererseits mehr Reisequalität für Gelegenheitsnutzer zu schaffen. Denn diese sind es doch, die zum einen oft auf Automaten angewiesen und zum anderen langfristig als Dauerkunden gewonnen werden sollten. Dazu muss das Reiseerlebnis optimiert und negative Erfahrungen vermieden werden. Wenn es ins Portemonnaie hineinregnet, nutzt der oder die Betroffene vielleicht zum letzten Mal den ÖPNV!

Bei allen Zuständigkeitsfragen wünscht sich PRO BAHN daher von allen Beteiligten mehr Engagement darin die Beschwerden von Fahrgästen ernst zu nehmen und stärker in solchen „Grenzfragen“ zu kooperieren. Nur weil jemand in einer Angelegenheit nicht direkt zuständig sei, bedeutet das nicht, dass man die Füße hochlegen darf. ÖPNV ist eine gemeinsame Aufgabe, derer sich alle Beteiligten bewusst sein müssen. Wir als Fahrgastverband können nur freundlich darauf hinweisen und hoffen, dass unkomplizierte Lösungen gesucht und umgesetzt werden.

Als weitere Themen wurden beim Ortstermin die verbesserungswürdige Beschilderung des Automaten vorgetragen. „Wenn schon nur ein Automat im Bahnhof steht, sollte dieser von allen Seiten gut ausgeschildert sein“, wünschte sich ein Teilnehmer und verwies dabei auf die Schwierigkeiten für Ortsunkundige aus Richtung Westen oder dem Park & Ride-Parkplatz südlich des ehemaligen Empfangsgebäudes den Automaten am heutigen Standort zu finden. „Optimal wäre natürlich jeweils ein Automat für jeden Bahnsteig unter den vorhandenen Wartehäuschen. Wer jedoch an der Anzahl der Automaten spart, sollte zumindest für eine leichte Auffindbarkeit und einen Witterungsschutz sorgen“, so das einhellige Fazit aller Gesprächsteilnehmer.


[1]   RP-Online, 9.6.2017, „Ticketautomat am Bahnhof soll ein Dach bekommen“, aufgerufen am 11.4.2018

[2]  Pressemitteilung der Gemeinde Rommerskirchen, aufgerufen am 11.4.2018

[3]   RP-Online, 29.8.2017, „Bahnhof: ‘Freundliche Toilette‘ eröffnet“,  aufgerufen am 11.4.2018