Der Fichtelgebirgsbahn droht das "Aus"

Hintergrundbericht zu einer Presseerklärung vom 29. Juni 2001

des PRO BAHN Regionalverband Mittel- und Oberfranken

Bahnstrecke Bayreuth - Weidenberg illegal stillgelegt
Lügen wie gedruckt?

In einer Pressemitteilung vom 30. Juli 1998 kündigte die Deutsche Bahn AG den Ausbau der Fichtelgebirgsbahn von Bayreuth nach Warmensteinach an. Insgesamt 29 Millionen DM sollten investiert werden, um die Strecke vom Jahr 2000 an mit modernen Triebwagen und kürzeren Fahrzeiten im Stundentakt zu bedienen. Diese Zusage hat die Bahn bis heute nicht gehalten: Am 8. Juni 2001 wurde die Strecke für den Zugverkehr "aus technischen Gründen" gesperrt.

Mit einem Trillerpfeifenkonzert und Protestplakaten empfingen rund 120 Bürgerinnen und Bürger am 10. Juni 2001 die Ehrengäste - darunter den Konzernbevollmächtigten der Bahn für Bayern, Graf von der Schulenburg, und Bayerns Verkehrsminister Dr. Wiesheu aus dem Eröffnungszug der neuen ICE-Linie Nürnberg - Dresden am Bayreuther Hauptbahnhof. Anlass war die illegale Stillegung der 14 Kilometer Fichtelgebirgsbahn von Bayreuth nach Weidenberg. Auf dem östlichen acht Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen Weidenberg und Warmensteinach musste der Zugverkehr schon zum 31.12.1992 aufgrund des schlechten Streckenzustands "vorübergehend" eingestellt werden.

Am Freitag, 8. Juni 2001 fuhr der vorerst letzte Zug auf der Fichtelgebirgsbahn, nachdem die Bahn den Unterhalt der Bahnstrecke in den letzten Jahren derart vernachlässigt hatte, dass die Strecke aus Sicherheitsgründen für jeglichen Zugverkehr gesperrt werden musste. Hangrutsche, verfallene Stützmauern und zugewachsene Bahnübergänge hatten Langsamfahrstellen zur Folge, an denen zuletzt teilweise nur 10 km/h gestattet waren. Außerdem steht im Zuge des sechsspurigen Ausbaus der Autobahn A 9 die Erneuerung einer Brücke an, die von der DB AG mit einem Vorteilsausgleich von 800.000 Mark mitfinanziert werden müsste. Mit der Strecke Bayreuth - Weidenberg wurde erstmals seit der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs im Jahr 1996 eine Eisenbahnstrecke im Freistaat Bayern eingestellt. Letzterer hat auch für das Fahrplanjahr 2001/02 Zugverkehr bei der Bahn bestellt, doch von den zehn im aktuellen Kursbuch veröffentlichten Zügen wird kein einziger fahren.

Nicht nur die DB Netz AG vernachlässigte die Fichtelgebirgsbahn, auch seitens der DB Regio AG wurde der Zugbetrieb äußerst uneffektiv durchgeführt. Zuletzt kamen eine 80 Tonnen schwere Diesellok der Baureihe 218 und zwei über 40 Jahre alte Personenwagen, so genannte "Silberlinge", zum Einsatz. Damit waren die Züge weder bezüglich Geschwindigkeit noch bezüglich Komfort auch nur annähernd konkurrenzfähig. An den Endpunkten in Bayreuth und Weidenberg waren Rangiermanöver erforderlich, um die Lok ans jeweils andere Zugende umzusetzen, was die Produktionskosten zusätzlich in die Höhe trieb. Trotz aller Unzulänglichkeiten nutzen trotzdem immerhin noch 500 Fahrgäste täglich die fünf Zugpaare.

Kostenexplosion statt Sanierung

Ursprünglich sollte im Frühjahr 99 die Modernisierung der Gesamtstrecke Bayreuth - Warmensteinach beginnen. Mit insgesamt 29 Mio DM gefördert aus Mitteln des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSchwAG) sollte der Gleiskörper durchgehend erneuert, Bahnübergänge technisch gesichert oder geschlossen werden, um die Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 80 km/h anzuheben und so die Fahrzeit zwischen Bayreuth und Warmensteinach von 50 auf 35 Minuten zu verkürzen. Als eine der letzten Strecken in Franken sollte die Fichtelgebirgsbahn in den Bayern-Takt integriert und dank eines neuen Kreuzungsbahnhofs in Untersteinach stündlich - im Berufsverkehr zwischen Bayreuth und Weidenberg sogar alle 30 Minuten - von modernen Dieseltriebwagen befahren werden. Im Januar 1999 kam es bei den Planungen aber zu einer wahren "Kostenexplosion" auf nunmehr 62,1 Millionen Mark. Das gesamte Projekt rutschte damit in die Unwirtschaftlichkeit und wurde zurückgestellt. Die Gründe für die höheren Kosten konnte die Bahn bis heute nicht überzeugend darlegen. Unabhängige Experten vermuten ein bewusstes Hochrechnen der Kosten unter Zugrundelegung völlig überzogener Standards.

Stilllegung ist illegal

Bei den Feierlichkeiten zur Eröffnung der ICE-Linie nach Dresden meinte der Konzernbevollmächtigte der Bahn in Bayern, Hermann Graf von der Schulenburg, man müsse den Mut haben, sich aus Verlustgeschäften zurückzuziehen. Doch so einfach, wie er sich das vorstellt, sieht die geltende Rechtslage nicht aus. Laut § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes muss die dauerhafte Einstellung des Betriebes einer Strecke durch die zuständige Aufsichtsbehörde, also das Eisenbahn-Bundesamt genehmigt werden. Bis zu einer Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes muss der Bahnbetrieb fortgeführt werden. Doch dieses Gesetz interessiert die Bahn schon lange nicht mehr: derzeit sind bundesweit etwa 400 Kilometer Strecken illegal gesperrt, weil sie wegen erheblicher Mängel nicht befahrbar sind.

Zwei Schritte zu einer modernen Bahn

Eine 63seitige Studie der Universität Bayreuth vom April 2001 zeigt, dass für die Bahnstrecke Bayreuth - Warmensteinach ausreichend Potenzial vorhanden ist. Das Fahrgastaufkommen wird bei einem modernisierten Betrieb mit über 1300 Fahrgästen täglich von montags bis freitags, 788 samstags und 504 an Sonn- und Feiertagen prognostiziert.

Nach Ansicht des Fahrgastverbandes PRO BAHN könnte ein Sanierungskonzept in der ersten Stufe wie folgt aussehen: Die gröbsten Mängel werden beseitigt, um die Fahrzeit zwischen Bayreuth und Weidenberg auf höchstens 24 Minuten zu verkürzen. Damit kann mit einem Triebwagen ein stündlicher Zugverkehr zwischen beiden Punkten durchgeführt werden, der durch einen abgestimmten Zubringerbus zwischen Weidenberg, Warmensteinach, Fichtelberg und Wunsiedel ergänzt wird. Insbesondere auch der Wochenendzugverkehr wäre auf dieser für den Freizeitverkehr wichtigen Strecke wieder aufzunehmen, der Busparallelverkehr hingegen einzustellen. In Bayreuth fordert PRO BAHN einen "Integralen Taktknoten", bei dem sich stündlich Züge aus allen Richtungen treffen und untereinander Anschlüsse bieten. Von der Fichtelgebirgsbahn hätte man dadurch optimale Anschlüsse in die Richtungen Nürnberg, Kulmbach und Hof.

In einer zweiten Stufe sollte dann die Strecke weiter auf bis zu 80 km/h ertüchtigt werden. Auch der Abschnitt Weidenberg - Warmensteinach wäre zu sanieren und wieder in Betrieb zu nehmen, um auch diesen Abschnitt ohne Umsteigezwang an Bayreuth anzubinden. Außerdem stünde eine Modernisierung der Haltestellen, der Bau einer Kreuzungsstation und die Einrichtung einer Zugsicherungstechnik an, weil mehr als ein Triebwagen auf der Strecke eingesetzt werden müsste.

Das 63seitige Konzept der Universität Bayreuth sowie weitere Informationen zur Bahnstrecke Bayreuth - Warmensteinach gibt es auch im Internet.