Bayerns Schienennetz: langsam wie vor 40 Jahren

Peinlich für High-Tech Land Bayern

In beklagenswertem Zustand befinden sich viele Zweigstrecken in Bayern. Kaum eine Strecke ist in den letzten 30-40 Jahren nennenswert schneller geworden. Wenn auf etwa 15 Strecken die Reisegeschwindigkeit unter 40 km/h, auf über 30 Strecken unter 50 km/h liegt, so ist das für ein High-Tech Land wie Bayern und die Bundesrepublik Deutschland peinlich! Solche Reisegeschwindigkeiten sind - verglichen mit dem Auto - kaum mehr konkurrenzfähig. Was im Freizeitverkehr vielleicht noch akzeptabel ist, ist für Pendler und Schüler jedoch ärgerlich, besonders, wenn Termine drängen. Einige Ursachen für die Misere:

  • Investitionen in den Oberbau und in die Signalisierung wurden jahrelang, oft jahrzehntelang unterlassen.
  • Rückbau von Kreuzungsmöglichkeiten, etwa von Bahnhofsgleisen, schränken den Betrieb ein (z.B. Murnau - Oberammergau)
  • Zahllose, technisch nicht gesicherte Bahnübergänge reduzieren die Fahrgeschwindigkeit
In den Fällen, in denen es zu einer Fahrzeitverkürzung kam, wurde dies in der Regel durch den Einsatz modernerer Fahrzeuge erreicht. Eine Verbesserung der Infrastruktur wurde in den letzten Jahren lediglich bei den Strecken nach Rodach und Ebern (mit der Ausschreibung des Betriebs) vorgenommen sowie im Fall der Rottalbahn, an der diverse Bahnübergänge beseitigt wurden.

Trotz dieser oft unattraktiven Bedingungen werden viele Strecken (noch) rege benutzt. Wieviele Fahrgäste würden erst mitfahren, wenn die Strecken auf dem technisch neuesten Stand wären?

Wenige Großprojekte statt flächendeckende Versorgung der Bevölkerung

Die folgende Tabelle ist einerseits ein Dokument des Versagens, andererseits ein Grund zum Ärgern. Anstatt einige Hunderttausend oder wenige Millionen Euro in Beschleunigungsmaßnahmen in das Zweigstreckennetz zu investieren, verwenden Politik und Deutsche Bahn lieber dreistellige Millionen- oder gar Milliardenbeträge für Großprojekte wie den zweiten Stammstreckentunnel für die Münchener S-Bahn, den Transrapid zum Münchener Flughafen (2008 beerdigt) oder Stuttgart 21 - Projekte von äußerst fragwürdigem verkehrlichen Nutzen.

Wer ist schuld?

Oft sind die Zuständigkeiten unübersichtlich und verwoben, so dass es viele Verantworliche für das Dilemma gibt: Die Deutsche Bahn, wenn sie falsche Prioritäten setzt oder Rückbauten vornimmt, ohne auf zukünftige Entwicklungspotenziale Rücksicht zu nehmen, die Bundespolitik, weil sie zu wenig Finanzmittel für die Schiene bereitsstellt, die Landespolitik, wenn sie aus Prestigegründen Projekte voranzutreiben versucht, die Unmengen von Geld binden, und Kommunalpolitiker, wenn sie etwa die Auflassung von Bahnübergängen behindern. Also eine wunderbare Gemengelage, die sich für gegensetiges Schuldzuschieben eignet.

PRO BAHN fordert Wettbewerb beim Infrastrukturausbau

PRO BAHN fordert eine Investitionsoffensive für das bayerische Zweigstreckennetz. Die Politik muß dafür Sorge tragen, daß die notwendigen Mittel bereitstehen, zum Beispiel, dass die Trasseneinnahmen, die die Deutsche Bahn AG für die Benutzung der Zweigstrecken erhält, auch wieder vor Ort eingesetzt werden. Nach Auffassung von PRO BAHN sind Einsparungspotentiale beim Streckenunterhalt und -ausbau durch Einführung von Wettbewerb auszuschöpfen.

Aufgrund der unterschiedlichen Fahrzeiten der Züge sind die Angaben in der Tabelle als Richtwerte ohne Gewähr zu verstehen. Es kann also durchaus etwas schnellere (und langsamere) Verbindungen geben.

Strecke Geschw. [km/h] Zeit Zeit Länge [km] Bemerkungen
  2014 2014 1976    
Fürth - Cadolzburg 34 0:23 0:23:0:26 13 sehr kurze Haltestellenabstände
Neunkirchen - Simmelsdorf 34 0:17 0:17-0:20 10  
Murnau - Oberammergau 35 0:39-0:40 0:38-0:44 23  
Traunstein - Garching 35 0:58 0:57-1:05 34 nur eine direkte Zugverbindung
Traunstein - Ruhpolding 35 0:22 0:23-0:25 13  
Münchberg - Helmbrechts 36 0:14-0:16 0:14-0:16 9  
Kempten - Pfronten-Ried 37 0:47-0:53 0:55-1:03 31 1976: Eilzüge in 0:42
Schaftlach - Tegernsee 37 0:19-0:20 0:22-0:24 12 2006: BOB (*1)
Hof - Bad Steben 38 0:40-0:45 0:45-0:53 27  
Cham - Waldmünchen 38 0:33-0:36 0:38-0:43 22  
Wasserburg Bf. - Ebersberg 38 0:29-0:31 0:30-0:31 19  
Zwiesel - Grafenau 38 0:47-0:49 0:47-0:53 32  
Eichstätt Stadt - Eichstätt Bhf. 38 0:08-0:09 0:09 5  
Waging - Traunstein 39 0:20 0:20-0:25 13  
Freilassing - Berchtesgaden 40 0:45-0:54 0:58-1:04 33 1976: Eilzüge in ca. 0:53
Prien - Aschau 40 0:15 0:15-0:17 10  
Günzburg - Mindelheim 40 1:14-1:32 1:27 56 1976: nur ein durchgehender Zug (*2)
Wicklesgreuth - Windsbach 40 0:16-0:17 0:17-0:19 12  
Cham - Lam 41 0:57-1:01 1:06-1:16 40 1976: DB+Regentalbahn
Neustadt a.d.A. - Steinach 41 0:41-0:46 0:40-0:51 30  
Weilheim - Schongau 41 0:33-0:38 0:33-0:40 24  
Marktoberdorf - Füssen 41 0:39-0:49 0:44-0:50 30 1976: Eilzüge in 0:38-0:43
Immenstadt - Oberstdorf 42 0:25-0:35 0:29-0:37 21  
Gemünden - Bad Kissingen 42 0:53-1:21 0:56-1:05 47 1976: Eilzug in 0:45
Zwiesel - Bodenmais 45 0:20 0:21 15  
Landsberg/L - Kaufering 46 0:06-0:07 0:06 5 2006: zusätzl. Halt in LL-Schule
Roth - Hilpoltstein 46 0:14-0:15 0:16-0:18 11  
Holzkirchen - Bayrischzell 46 0:51-0:55 1:00-1:06 41 BOB, 1976: Eilzüge in 0:56-1:03
Mühldorf - Burghausen 46 0:34-0:47 0:44-0:52 32 SOB
Coburg - Rodach 47 0:23 0:29-0:36 18  
Breitengüßbach - Ebern 47 0:22-0:24 0:28-0:33 18 1976: Streckenende in Maroldsweisach
Holzkirchen - Lenggries 49 0:34-0:39 0:40 30 2006: BOB
Garmisch - Griesen 49 0:15-0:17 0:14-0:17 13 1976: zusätzl. Halt in Obergrainau
Pfarrkirchen - Passau 56 1:20-1:28 1:32-1:43 79 1976: Eilzüge in 1:23-1:29

*1: Auf der Relation Holzkirchen - Tegernsee reduziert sich die Fahrzeit um ca. 8 Minuten.

*2: In der Regel mußten in Krumbach erhebliche Wartezeiten in Kauf genommen werden (z.T. fast zwei Stunden) oder Teilstrecken mit dem Bus zurückgelegt werden. Reisezeiten betrugen ca. 1:35 bis über 2 Stunden.

Die Zeit ist in Std:Min angegeben und gibt die Zeitspanne üblicher Verbindungen (mit Halt an allen Stationen; z.T. als Bedarfshalt) an. Beide Richtungen wurden berücksichtigt.

Tabelle erstellt von PRO BAHN Landesverband Bayern e.V.; Irrtum vorbehalten. Verwendung nur mit Quellenangabe!

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