der Fahrgast 104: November - Januar 2006

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Aus dem Inhalt

Privates Schienennetz: Staat im Wissensnotstand

Die Zukunft der Schiene gerät in Schieflage
(von Rainer Engel)

Durch ein privatisiertes Schienennetz gerät der Staat in einen Wissens- und Planungsnotstand und wird abhängig von den Informationen eines nicht staatlich kontrollierten Monopolisten.

Der Staat - das sind wir, die Bürger, die Fahrgäste und die verladenden Unternehmen. Der Staat - das sind die Institutionen, die für uns das Schienennetz leistungsfähig machen sollen: die Aufgabenträger, die Ministerien, die Parlamente. Und auch Bahnindustrie, Wissenschaft und Gerichtsbarkeit werden Opfer der Manipulation durch ein Schienennetz in privater Hand. Diese gefährliche Entwicklung ist bereits in vollem Gange.

Infrastruktur und Pünktlichkeit: Das Geheimnis des Uhrwerks

Die Schweiz probiert ihren Fahrplan aus, bevor der erste Zug rollt

Wenn nicht gerade ein Stellwerk ausfällt oder die Stromversorgung zusammenbricht, sind die Schweizer Eisenbahnen pünktlich - wie ein Schweizer Uhrwerk. Das hat sich auch nicht geändert, als der ehrgeizige Fahrplan "Bahn 2000" in Kraft trat. Zu verdanken ist dies nicht nur einem sorgfältig geplanten Schienennetz, sondern auch einem Computerprogramm, das die Simulation des Betriebs in Echtzeit ermöglicht: "Open Track". Das Programm kann auch zur präzisen Planung von Strecken- und Bahnhofsbauten eingesetzt werden.

Software bei der DB: Netzplanung klein geschrieben

Wo kein Interesse ist, gibt es auch keine Software

Auch die Deutsche Bahn AG verfügt über Software auf hohem Niveau, die sich jedoch für die Planung der Infrastruktur kaum eignet. Ein Einblick in die Zusammenhänge ist ohne eine intensive Recherche kaum möglich, und auch dann kommen nur oberflächliche Informationen zu Tage. Dennoch versuchen wir, einen Einblick in die unbekannten Zusammenhänge zu geben.

Eintreten statt einsteigen: Barrierefreiheit an der Bahnsteigkante?

Kritische Bestandsaufnahme und kritische Fragen
(von Rainer Engel)

Der barrierefreie Zugang zum öffentlichen Verkehr ist in den letzten Jahren ein zentrales Thema geworden. Während bei Umbauten von Bahnhöfen und Bahnsteigen viel investiert wird, liegt die Koordination der Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Bahnsteig im Argen. Nur in wenigen Fällen ist der barrierefreie Zugang zu den Fahrzeugen wirklich gelungen. In (zu) vielen Fällen muss der Fahrgast Fehlinvestitionen feststellen, die durch das Dogma vom 76-cm-Bahnsteig und die Beschaffung von nicht barrierefrei zugänglichen Fahrzeugen entstanden sind.

Vor allem die Aufgabenträger des Nahverkehrs sind sind gefordert, der Barrierefreiheit mehr Aufmerksamkeit zu widmen und sich untereinander besser abzustimmen, um das Durcheinander der Bahnsteighöhen einzudämmen.

Fernverkehr: Dressur der Zoo-Besucher

Fahrgäste von und nach Berlin sollen umlernen

Wenn der neue Berliner Hauptbahnhof in Betrieb geht, sollen die Berliner den ICE am Bahnhof Zoo nur noch bei der Durchfahrt bestaunen. Nach dem Willen der Führung der DB wird der Halt aller Fernzüge am Bahnhof Zoo entfallen. Wieder startet die DB-Führung eine Aktion zur Dressur ihrer Fahrgäste, die der Einführung des "neuen Preissystems" vom Dezember 2002 gleicht. Damals endete die Umerziehung nach öffentlichen Protesten mit einem Krisengespräch zwischen Bundeskanzler Schröder und DB-Chef Mehdorn im Bundeskanzleramt.

Kein Fernzughalt am Zoo - das ist ein Angriff auf die Westberliner, ihre Geschichte und ihre Identität. Diesmal stellt sich DB-Chef Mehdorn eine Theologin in den Weg.

Bahn-Privatisierung in Afrika: Mali - Privatbahn bringt Hunger

Fahrgastinitiative erreicht Besserung

Zusammen mit der Eisenbahn des Senegal ist die Eisenbahn von Mali an das französisch-kanadische Konsortium Transrail übergegangen. Zwar bekommt nun der malische Staat ein wenig Geld für die Konzession und spart dabei die Subventionen für den vormaligen Staatsbetrieb, doch die Auswirkungen auf die Bevölkerung sind katastrophal.

Regionale Schienen: Sonneberger Netz vollendet

Vom Zankapfel zum Musterprojekt

Vor einigen Jahren sah es noch hoffnungslos aus - heute ist es die modernste Schienenstrecke Thüringens: das "Sonneberger Netz". Auf 64 Schienenkilometern verbinden die Regio-Shuttles der Süd-Thüringen-Bahn Sonneberg mit Eisfeld und Neuhaus am Rennweg.

In Rußland reist man anders

(von Erich Preuß)

Reisen in Rußland mit der Eisenbahn - nicht nur auf der Transsibirischen und von Moskau nach Peking, auch auf anderen weiten Strecken sind sie ein Erlebnis. Man lernt eine Eisenbahn kennen, die dem Land viel bedeutet. Trotzdem wünscht man sich einige Annehmlichkeiten herbei, die man von der Deutschen Bahn kennt, wenigstens an Komfort und Information.