Fahrradmitnahme in Bayern 2009

Alle Jahre wieder: dürfen sie oder dürfen sie nicht?

Fahrräder im Zug

Jedes Jahr, wenn der Fahrplanwechsel im Dezember naht, fragen sich die Fahrradfahrer wieder: dürfen wir noch oder dürfen wir nicht? Gemeint ist die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern in Zügen der DB und anderer Anbieter in Bayern.

Seit Jahren galt in fast allen bayerischen Landkreisen außerhalb der großen Verkehrsverbünde, dass Fahrgäste ihr Fahrrad kostenlos in Zügen mitnehmen durften. Um das zu ermöglichen, hatten Landkreise und Touristikverbände Verträge mit den Verkehrsunternehmen abgeschlossen, die - soweit man das Fahrgast weiß - jeweils an das Kalenderjahr, nicht an die Fahrplanperiode gekoppelt waren. Oft kamen die Verträge erst kurz vor Jahresende zum Abschluss, so dass im DB-Kursbuch keine Angaben darüber zu finden waren. Auf den Internetseiten der DB wurden die Informationen dann meistens im Laufe des Frühjahrs nachgereicht. Laut Presseberichten vom Sommer und Herbst sollte die Regelung mit Ende diesen Jahres auslaufen. Verbindliches war aber nirgends zu erfahren.

Um etwas Licht in das Kommunikationsdunkel zu bekommen, hat sich der PRO BAHN Landesverband versucht, kundig zu machen. Hier eine kurze Chronologie:

  • Am 6. Dezember 2008 hat PRO BAHN eine Anfrage an die DB-Pressestelle (mit Kopie an die BEG) gerichtet:

    1) Wann enden die bisherigen Verträge zur kostenlosen Fahrradmitnahme (31.12.2008)? Wo sind die Termine öffentlich und verbindlich bekanntgegeben, falls es zu Unstimmigkeiten zwischen Fahrgast und Zugpersonal kommen sollte (im Internet haben wir nichts gefunden, weder bei den aktualisierten Kursbuch-Ausdrucken in pdf-Format noch auf der Seite zur Fahrradmitnahme, an den Automaten gibt und gab es keine Hinweise, in der gedruckten Broschüre "Ausgabe 2008/2009" fehlen ebenfalls notwendige Informationen).

    2) Presseberichten zufolge und nach Gesprächen mit verschiedenen DB-Mitarbeitern laufen noch in manchen Gegenden Gespräche über Verlängerungen der Verträge mit geänderten Bedingungen. Wann werden die Ergebnisse bekanntgegeben und wo öffentlich und verbindlich publiziert?

    Eine Antwort blieb zunächst aus.

  • Am 9. Dezember wurde eine entsprechende Anfrage an die Bayerische Regiobahn gerichtet, die am 14. Dezember die Ammerseebahn (keine kostenlose Fahrradmitnahme) und die Pfaffenwinkelbahn (kostenlose Mitnahme bis Jahresende, allerdings Vertrag mit der DB) übernehmen würde.

  • Am 10. Dezember wurde uns mitgeteilt, dass "für die Fahrradmitnahme in den Zügen der BRB eine Fahrradtageskarte Bayern benötigt wird. Die Regelgung gilt ab 14. Dezember, also mit unserem Betriebsstart. Die Informationen dazu sind über unsere Homepage, unseren Flyer und unser Kundentelefon verfügbar." Fairerweise wird darauf hingewiesen, dass für Fahrten innerhalb des AVV die billigere Fahrradtageskarte des Verkehrsverbundes ausreichend sei. Es habe mit dem Landkreis Einvernehmen geherrscht, die Mitnahmeregelung auslaufen zu lassen - außerdem sie es von Vorteil für die Fahrgäste, dass das Tarif-Wirrwarr zu Ende sei. Eine fürwahr abenteuerliche Argumentation.

    Am gleichen Tag schreibt die BEG, dass eine Verlängerung der derzeitigen Regelung bis Ende März 2009 wahrscheinlich sei, und dass an einer generellen Neuregelung gearbeitet würde.

    Eine Anfrage bei einem DB-Zugbegleiter ergibt, dass die Mitnahmeregelung bis zum 31.12.2008 gelten würde.

    In unserem Antwortmail an die BEG (Kopie an die DB) weisen wir daraufhin, dass "was immer beschlossen wird, hoffentlich verbindlich kommuniziert wird" und dass die DB auf eine entsprechende Anfrage nicht reagiert habe.

  • Am 11. Dezember bestätigt dann der Regionalleiter Marketing der DB per E-Mail, dass die Verlängerung bis 31.3.2009 gesichert sei. Auf Rückfrage nach der Kommunikation dieses Beschlusses und ob es eine offizielle DB-Pressemitteilung dazu gäbe (wir wollten der DB ja beim Verbreiten der guten Nachricht nicht vorgreifen), präzisiert die DB: "Wo heute die Fahrradmitnahme kostenfrei ist, bleibt sie es bis zum 31.3.2009. Die Verträge sind entsprechend verlängert, die Kundenbetreuer werden informiert. Wir haben jetzt ein Konzept für die Zeit danach gefunden, das wirklich transparent und interessant ist. Wir werden es Ihnen ja im Januar vorstellen."

  • Das letzte Mail zum Thema stammt dann vom 14.12., in dem PRO BAHN an die DB schreibt, dass wir auf die Details des "transparenten und interessanten" Konzepts gespannt seien. "Ich nehme an, dass nicht nur Wünsche der Freizeitradler, sondern auch der Pendler und Auszubildenden berücksichtigt worden sind. Wenn sich ein Pendler jeden Morgen eine Fahrradkarte für 4.50 Euro kaufen müsste, wäre das nicht nur finanziell 'unattraktiv' (100 Euro extra pro Monat), sondern auch vom Kaufaufwand her (jeden Morgen Anstehen am Automaten)".

Kommentar:

Die Fahrradmitnahme im Zug wird seit Jahren heiß diskutiert. Befürworter nenne die positiven Auswirkungen auf die Umwelt, wenn Bahn und Rad kombiniert werden, und den Mobilitätsgewinn für Pendler und Auszubildende, wenn z.B. das Ziel mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreicht werden kann. Kritiker beklagen die Überfüllung von Zügen und die durch Radler hervorgerufenen Verspätungen aufgrund zu langsamen Be- und Entladens.

Eisenbahnverkehrsunternehmen scheinen zunehmend der zweiten Gruppe zuzuneigen. Um das Problem mit den Radlern zu lösen, gehen sie deshalb den einfachen Weg, indem sie die Preise erhöhen und die Tendenz besteht, Stellplätze zu rationieren.

Nun ist sicher unbestritten, dass es auf touristisch attraktiven Strecken (und passendem Wetter) zu schwer beherrschbarem Andrang kommt - mit dem Lösen einer Fahrradkarte wird das aber sicher nicht in den Griff zu bekommen sein. Der Unmut bei zahlenden Fahrgästen wird im Gegenteil eher größer sein als bei solchen, die kostenlos mitgenommen werden. Am Rande sei vermerkt, dass die offizielle Liste der DB, die die Züge mit Kapazitätsengpässen nennt, gerade mal drei Züge am Wochenende zwischen Tutzing und Mittenwald enthält, keinen Zug der Ammerseebahn, keinen Zug auf der Pfaffenwinkelbahn und auch keinen auf der Ammergaubahn. Nur für die Außerfernbahn gilt am Wochenende ebenfalls Raumknappheit. An Werktagen kommt es demnach auf keiner Strecke zu Engpässen!

Man könnte das Problem auch kundenorientierter angehen, indem man Fahrzeuge einsetzt, deren Einstiege fahrradgerecht sind und indem man passende Bahnsteighöhen baut. Von modernen Unternehmen würde man auch Durchsagen zur Position und zum Besetzungsgrad der Fahrradabteile für möglich halten - es sei daran erinnert, dass die Position der Fahrradabteile früher sogar an den Abfahrtsplänen aufgeführt war! Einem kundenorientierten Unternehmen würde man zutrauen, dass die von sonstigen Aufgaben wie Fahrkartenverkauf freigestellten Zugbegleiter beim Einstellen und Sortieren der Fahrräder helfend eingreifen und dafür sorgen, dass die Fahrradabteile auch Fahrradfahrern zur Verfügung stehen.

Was die finanzielle Seite aus Sicht der Eisenbahnunternehmen angeht, sei darauf hingewiesen, dass die Radfahrer selbst ja einen Fahrschein kaufen - Fahrgeldeinnahmen, die ohne die Möglichkeit der Fahrradmitnahme nicht zustande gekommen wären. Interessant wäre im übrigen zu wissen, wie hoch die Einnahmen der DB in den letzten Jahren waren, weil an den DB-Automaten immer der Preis von Fahrradkarten angezeigt wurde - auch in Gebieten, in denen die Fahrradmitnahme kostenlos war.

Vielleicht gelingt der DB ab April 2009 tatsächlich eine optimale Lösung. Es müsste auf jeden Fall eine Kurzstreckenoption geben: wenn ein Fahrschein von Weilheim nach Uffing z.B. mit BahnCard 1.85 Euro pro Person und 4.50 Euro pro Fahrrad kostet, ist das völlig unattraktiv. Gerüchten nach wird auch tatsächlich über eine solche Option nachgedacht, wie auch über eine Familien-Variante. Bleibt zu hoffen, dass die Pendler nicht vergessen werden: sie stellen als "Profiradler" - im Gegensatz zu ungeübten "Sonntagsradlern" - eigentlich die pflegeleichteste Gruppe dar, da sie wissen, wie man schnell ein Fahrrad ein- und auslädt und wie man es platzsparend im Zug abstellt. Dass auf den entsprechenden PRO BAHN-Hinweis (siehe oben) erstmal keine Reaktion kam, lässt nicht gutes erwarten.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Zwei-Fahrrad-Lösung für Pendler (ein Fahrrad am Startbahnhof und eines am Zielbahnhof abstellen) daran scheitert, dass keine adequaten Abstellmöglichkeiten angeboten werden.

Text: Matthias Wiegner

(Erschienen in leicht gekürzter Fassung in der PRO BAHN Post, Januar 2009)

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