PRO BAHN Zeitung 87: August - Oktober 2001

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Aus dem Inhalt

Interregio und Fernverkehr: Der Lack verrät die Zukunft

Große Chance für Wettbewerber und Aufgabenträger

Der DB-Fernverkehr entwickelt sich mehr und mehr zur Schrumpfbahn. Dieser konsequente Prozess hat mit den Streichungen von Interregio-Zügen seinen Anfang genommen. Die Farbgebung der Züge und der Fahrplan 2001/2002 geben wichtige Hinweise auf das, was von einer Börsenbahn zu erwarten ist: Der Interregio verschwindet, das Intercity-Netz schrumpft binnen weniger Jahre auf einen Rest. Weitere Strecken und Städte werden ihre Fernverkehrszüge verlieren. Andere als ICE-Fahrscheine wird es im Fernverkehr nicht mehr geben - auch, wenn die DB AG heute noch etwas anderes behauptet.
Der Interregio ist tot - nicht jedoch seine Fahrgäste. Ein qualifiziertes Angebot in den Regionen hat die größeren Wachstumschancen. Das ist die Chance der Wettbewerber, der Eisenbahner, der Regionen. Sie alle müssen begreifen, dass ein Verkehrsnetz aus "einem Guss" ihre gemeinsame Aufgabe und Zukunft ist. Die Bundesregierung muss gedrängt werden, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen. Dann kommt der Interregio wieder, und zwar besser als seine Erstausgabe. Der Artikel zum Download (pdf).

Interregio-Ersatz: Das ist ja IR(r)E!

Warum wird diese Mogelpackung bestellt?
(von Rainer Engel)

Die DB hat ein neues Produkt geschaffen: den Interregio-Express. Das klingt genauso gut wie der Interregio, den die DB gerade abschafft. Während die DB im Fernverkehr nur noch mit einem Produkt auf dem Markt sein will, schafft sie im "Nahverkehr" ein neues. Die Bezeichnung "Produkt" verdient der "Interregio-Express" nicht, er ist nicht nur viel schlechter als der Interregio, als dessen Nachfolger er erfunden wurde, sondern hat auch keine Produktkonturen, die man sich merken könnte. Einige Aufgabenträger sind auf diese Mogelpackung hereingefallen, andere haben sich geweigert, das Schwindelpaket zu bestellen - aus guten Gründen. Die Aufgabenträger sollten regionale Identität schaffen, statt sich fremde Etiketten aufkleben zu lassen.

Neue Konzepte braucht das Land: Der bessere Interregio

"Bestellen" reicht nicht für die Zukunft

Der bessere Interregio ist maßgeschneidert und wirtschaftlicher als seine Erstausgabe und innovativer als der Interregio-Ersatz namens "IRE". Drei Beispiele zeigen Probleme und Problemlösungen für die Zukunft des Fernverkehrs in die Region.

Hengelo - Osnabrück: Grenzen überwinden

Neue Konzepte für Europa

Der Interregio von Berlin nach Amsterdam kränkelt. Westlich Osnabrücks fahren immer weniger Züge und wenn nichts geschieht, ist die Grenze bei Bad Bentheim bald dicht. Während Deutschland seit Jahren nichts anderes zu bieten hat als die Rückzugspläne der Deutschen Bahn AG, kommt jetzt Druck von unseren Nachbarn aus der Region Twente. Sie zeigen, wie Europa zusammenwachsen kann.

Rostock - Berlin: Genügend Fahrgäste wären vorhanden

Die Neu- und Ausbaustrecke muss richtig genutzt werden

Der Interregio von Berlin nach Rostock überlebt nur als Regional dank Subventionen als "Nahverkehrszug". Es ist kaum bekannt, dass er auf einer Neubaustrecke verkehrt, die mit geringem Aufwand mit 160 km/h befahren werden könnte. Mangelnde Innovationsfähigkeit des Unternehmens Deutsche Bahn AG, unbewältigte Probleme der deutschen Teilung und Vernachlässigung der Infrastruktur haben die Verbindung so herunterkommen lassen. Ein Gutachten weist nach, dass es nicht an Fahrgästen fehlt.

Bielefeld - Kassel: Denkverbote überwinden

Der direkte Zug könnte schon fahren

PRO BAHN zeigt mit einem Projekt, wie Regionen verbunden werden können: Der "Fliegende Hermann" soll Bielefeld mit Kassel verbinden. Der neue Zug könnte schon heute fahren, aber der Interregio hat den Start bisher verhindert. Trotz großen Interesses: Denkverbote und fragwürdige Definitionen von "Nahverkehr" verhindern bisher ein zukunftsfähiges Projekt.

Fragen zur Regierungspolitik: Integrierte Verkehrspolitik im Vordergrund

Interview mit Verkehrsminister Kurt Bodewig

Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) antwortet auf kritische Fragen der PRO BAHN Zeitung zur Verkehrspolitik der Bundesregierung. Eine integrierte Verkehrspolitik, mehr unternehmerische Verantwortung und eine wirksamere Aufsicht stehen im Zentrum der Regierungsziele. Rahmenbedingungen will Bodewig nur auf europäischer Ebene ändern. Zu den meisten Fragen an Verkehrsminister Bodewig hat die PRO BAHN Zeitung bereits Hintergrundinformationen publiziert, die auch dem Minister zur Verfügung gestellt wurden. Einige stehen hier als pdf-Datei zur Verfügung.

Der ICE-3 und die Neubaustrecke Köln - Rhein/Main: Höchstgeschwindigkeit teuer erkauft

Vorrang für die Technik, Nachrang für den Fahrgast
(von Joachim Kemnitz)

Künftig auf der Strecke aus dem Ruhrgebiet nach Süden: Wenn Sie überhaupt einen Sitzplatz ergattern - unbedingt reservieren! -, lässt er an Bequemlichkeit deutlich zu wünschen übrig. Außerdem müssen Sie bald wieder aussteigen, denn Ihr Zug fährt nicht dorthin, wo Sie hinwollen: Die Technik fordert ihren Tribut. Auf der Neubaustrecke Köln - Rhein/Main wird das Angebot viel schlechter, als die Politiker gehofft haben und die DB versprochen hat. Hier kann nur der ICE-3 fahren. Doch hat die DB AG viel zu wenige davon bestellt und verschweigt der Öffentlichkeit die Konsequenzen.

Elektronische Stellwerke: Killer der Zukunft der Bahn?

Kleine Änderungen kosten gewaltige Summen

An deutschen Haupt- und Nebenbahnen stehen noch immer mechanische Stellwerke und Formsignale, deren Bedienung viel Personal erfordert. Um das zu verändern, gab es einen Plan: Das gesamte Netz sollte von nur sieben Betriebszentren aus gesteuert werden. Und um die dafür notwendigen fernsteuerbaren elektronischen Stellwerke zu errichten, wurden schon etliche Bahnhöfe und Weichen beseitigt. Doch wie sich nun zeigt, hat sich die DB AG auch hier gründlich verrechnet: Als sie 1997 ihren Lebensnerv, das bahninterne Telefonnetz, verkaufte, um mit dem Erlös die damalige Jahresbilanz aufzubessern, wurden die Folgekosten absolut unterschätzt. Welch hohe Kosten für die Kommunikation künftig entstehen würden, konnte sich auch ein Laie vorstellen. Dass das Konzept der Deutschen Bahn AG für Betriebssteuerung und betriebliche Kommunikation insgesamt mehr als fragwürdig ist, wissen nur Fachleute und Kenner. Wieder einmal droht Gefahr für die Zukunft der Eisenbahn. Will die DB AG mit ihrem Hang zur Großtechnologie sich letztlich selbst vernichten? Der Artikel zum Download (pdf).

DB Netz in der Praxis: Werbung und Wahrheit

Ist der Funkfahrbetrieb schon tot?

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft bei der Deutschen Bahn AG meistens eine große Lücke. Hier zeigen wir ein Kabinettstück aus ihrem diesbezüglich reichen Angebot: DB-Netz lobt den Funkfahrbetrieb in höchsten Tönen, ist aber in Wirklichkeit ganz weit weg von den Wünschen der Fahrgäste und Güterkunden. Fünf Minuten Wartezeit auf den Gegenzug - ist das normal für ein Modellprojekt?

Pilotprojekt in Ostwestfalen-Lippe und Niedersachsen: "Bahn-Radeln" - ein Erfolgsmodell

Verkehrsverbund als Koordinator

Unter dem Motto "Genussradeln an der Sonnenseite des Teutoburger Waldes" durch drei herrliche Landschaften entlang zwei Bahnstrecken: Der Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe als Aufgabenträger des Schienenverkehrs hat die Bahnhöfe verlassen und ist zum Koordinator der Vermarktung der Eisenbahn in der Region geworden. Die Partner sind überzeugt und machen mit. Schon in diesem Jahr konnte die zweite Bahn-Rad-Route aus der Taufe gehoben werden.