PRO BAHN Zeitung 76 (November 1998)

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Aus dem Inhalt

Verkaufen statt streichen

Streichliste: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
(von Rainer Engel)

Im August hat der Vorstand der DB AG endlich die Flucht nach vorn angetreten: Mit neuen Angeboten sollen mehr Reisende in leere Fernverkehrszüge gelockt werden. Ein Sturm der Entrüstung war im Juli über die Bahn hereingebrochen, als die "Streichliste" in die Öffentlichkeit gelangte. Schon zum 27. September 1998 sollten 18 % der Fernverkehrsverbindungen ersatzlos gestrichen werden. Die meisten Streichungen, die beabsichtigt waren, sind zunächst aufgeschoben. Weil sie aber nicht aufgehoben sind, berichten wir über Strukturen und Zusammenhänge, denn es gibt intelligentere Lösungen als das Streichen von Zügen.

Straßenbau macht bettelarm

Straßenbau neben der Bahn geht dies zu Lasten der Länder und Kommunen
(von Rainer Engel)

Wettbewerb, so glaubt man allgemein, verbessert die Leistung und senkt die Preise. Das ist nur die halbe Wahrheit. Wettbewerb zwischen Schiene und Straße führt dazu, daß die Subventionen für den Nahverkehr bei Ländern und Kommunen steigen, während der Bund daran glänzend verdient. Eine Studie von Intraplan Consult, München, im Auftrage des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart weist Wechselwirkungen schlüssig nach, von denen Verkehrspolitiker nichts wissen wollen. Der komplette Artikel als pdf-File.

Ausgebauter öffentlicher Verkehr hilft dem privaten Verkehr

Autofahrer in Bern am schnellsten

Wie eine Untersuchung der ETH Lausanne zeigt, kommt ein gut ausgebauter öffentlicher Verkehr all jenen Autofahrern zugute, die auf ihr Verkehrsmittel wirklich angewiesen sind: Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf verschiedenen Straßen ist in der Bundesstadt, welche den höchsten ÖV-Anteil aller Städte hat, höher als etwa in Genf oder Lausanne.

Mehr Sicherheit für Köln - Rhein/Main: Ein zweites "Eschede" droht weiterhin

Konsequenzen aus der ICE-Katastrophe für die tunnelreiche Neubaustrecke von Köln nach Frankfurt
(von Karlheinz Rößler)

In Eschede geschah das für Eisenbahn-Reisende zuvor Undenkbare: Die Fahrt eines Hochgeschwindigkeitszuges endete mit einer Katastrophe. Auch wenn nun die herkömmlichen Räder aus Radscheibe und Radreifen, die als unsicher gelten, bei allen ICE-Zügen der 1. Generation durch Vollräder ersetzt werden, ist ein zweites Unglück wie in Eschede zukünftig keineswegs auszuschließen. Denn mit dem genannten Rädertausch wird nur einer von vielen denkbaren Unfallauslösern ausgemerzt bzw. durch einen anderen möglichen Unfallfaktor ersetzt.

Planung für den Fußgeher

Grundlage für den öffentlichen Verkehr - unter Berücksichtigung des Gesamtverkehrssystems
(von Prof. H. Knoflacher, TU Wien)

Mit dem Verkehrswesen beschäftigen sich meistens die wissenschaftlichen Disziplinen Technik, Rechtswesen, Ökonomie, Soziologie, Psychologie und die Politik. Da das technische Verkehrssystem kein natürliches, sondern ein in Menschen gemachtes ist, sind es demnach die Disziplinen, die für die Probleme im Verkehrswesen von heute verantwortlich sind. Nimmt man an, daß jede der Disziplinen ihr Bestes gibt, um zu Lösungen zu gelangen, und daß die Koordinierung zwischen den Disziplinen auch funktioniert, muß es demnach am nötigen Grundverständnis zum Verkehrssystem selbst fehlen.

Kein Argument gegen Neigetechnik

Triebwagen 611 stillgelegt - Vorgänger läuft und läuft und läuft....
(von Rainer Engel)

Nach zwei Jahren Einsatz mit einer nicht enden wollenden Pannenserie hat das Eisenbahn-Bundesamt am 11. September 1998 die 49 Triebwagen der Baureihe 611 stillgelegt. Die DB AG und die Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hatten große Hoffnungen auf den Einsatz der Neigetechnik-Triebwagen im integralen Taktfahrplan gesetzt. Wann die Züge wieder mit voller Leistung fahren können, weiß zur Zeit niemand.

Rentiere am Gleis: Acht Wochen Reise in eine andere Wirklichkeit

(von Erich Preuß)

Kenner der nordländischen Eisenbahnszene wissen um eine der merkwürdigsten Strecken in Schweden, mögen auch nur wenige sie bereist haben. Die Schwedischen Staatsbahnen boten bis 1993 den Touristen, die mit Hilfe dieser Bahn das Land durchreisen wollten, keinen freundlichen Fahrplan an. Seitdem sind Non-stop-Tagestouren möglich, aber die Züge verkehren nur acht Wochen im Jahr. Die Rede ist von der über 1000 km langen Inlandsbahn (Inlands Banan AB).

Für Sie gelesen

  • Die Autolobby schläft nicht: Die "Intelligente Vernetzung" macht den öffentlichen Verkehr zum Lückenbüßer.
    BMW Mobilitätskonzepte, 24 Seiten A 4, Mai 1998, kostenlos von BMW AG, 80788 München.

  • Michael Thiesies: Mobilitätsmanagement, Handlungsstrategie zur Verwirklichung umweltschonender Verkehrskonzepte, Schriftenreihe für Verkehr- und Technik, Band 86, 1998, Erich Schmidt Verlag Bielefeld, 112 Seiten, 16,5 x 24,3 cm, kartoniert, 49,80 DM, ISBN 3 503 04147 8.

16. Horber Schienen-Tage vom 18. - 22. November 1998

Mensch und Sicherheit: Das Spannungsfeld zwischen Geschwindigkeit, Sicherheit, Konkurrenz und Wirtschaftlichkeit

Nach der Katastrophe von Eschede und der Stillegung der Triebwagen der Baureibe 611 werden die Vorträge aus dem Eisenbahn-Bundesamt zu verschiedenen Themen mit besonderer Spannung erwartet. Auf der Liste der Vortragenden werden weiter stehen: Prof. Dr. Ellwanger, UIC Paris, Prof. Heiner Monheim, Trier, Joachim Grohn, Lutherstadt Wittenberg und viele andere Referenten. Das Themenspektrum reicht vom Eisenbahn-Nah- und Fernverkehr über Technik und Politik bis zu integrierten Verkehrssystemen.