PRO BAHN Pressemeldungen aus Bayern

Herausgeber:  PRO BAHN Landesverband Bayern

Pressemeldung vom 19.12.2016

Geld für zweite Stammstrecke fehlt andernorts

Fahrgastverband drängt auf weitere Ausbauten

München (pb) Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht mit großer Sorge, dass der Freistaat Bayern durch die hohen Kosten für den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München in den nächsten 20 Jahren viele andere dringend notwendige Vorhaben im Öffentlichen Verkehr nicht realisieren kann. „Wir freuen uns über jede Verbesserung des Öffentlichen Verkehrs. Bei der zweiten Stammstrecke ist unser Eindruck, dass die Kosten sehr hoch sind und der Nutzen für die Fahrgäste eher überschaubar sein wird“, so Winfried Karg, bayerischer Vorsitzender des Fahrgastverbandes. „Die Fahrgäste erhoffen in ganz Bayern sehr viele Streckenausbauten und Fahrplanverdichtungen, leider reicht bisher das Geld nicht für alles.“
Bayern wird nach Angaben des Freistaats mehr als eine Milliarde Euro aus den sogenannten Regionalisierungsmitteln für die zweite Stammstrecke verwenden – dieses Geld könnte sonst über viele Jahre hin für Streckenausbauten oder die Bestellung von Zugleistungen im S-Bahn- und Regionalverkehr verwendet werden. Auch werden dafür rund 1,5 Milliarden von Mitteln des Bundes eingesetzt, die entsprechend dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) an die Bundesländer fließen. Da Bayern aufgrund dieses Gesetzes derzeit nur 55 Millionen Euro im Jahr erhält, werden also voraussichtlich für mindestens zwanzig Jahre andere Investitionen aus diesem Haushaltsposten in Bayern nicht möglich sein. So sind neben den bekannten Kapazitätsproblemen im Münchner S-Bahn-Netz, die nicht mit dem Bau der zweiten Stammstrecke gelöst werden, auch im Zulauf auf München etliche wichtige Pendlerstrecken überlastet. Einige sind nur eingleisig und besonders verspätungsanfällig, so etwa die Verbindungen von Passau, Mühldorf, Garmisch und Memmingen. Etliche zweigleisige Strecken sind häufig überlastet, wie etwa die Anbindungen von Regensburg, Ingolstadt und Augsburg – am Geld für den dringend nötigen Ausbau fehlt es dort seit vielen Jahren. Auch wäre auf Relationen wie Nürnberg – Augsburg oder Hof – München eine Verdichtung auf einen Stundentakt dringend angebracht.
Zudem ist hinsichtlich der zweiten Stammstrecke aus Sicht des Fahrgastverbandes bisher vieles unklar; unter anderem gebe es im ganzen Münchener S-Bahn-Netz zahlreiche Schwachstellen, die den Betrieb täglich an seine Grenzen führen und seit Jahren nicht angegangen werden. Auch das immer wieder angekündigte Konzept, durch die neue Tunnelstrecke sowohl S-Bahnen als auch Regionalzüge fahren zu lassen, überzeuge nicht. Die dort entstehenden Stationen hätten zu kurze Bahnsteige für die langen Pendlerzüge des Regionalverkehrs und könnten entweder auf die hohen Einstiege der S-Bahn oder auf die niedrigeren der Regionalzüge angepasst werden, nicht auf beide. „Wenn dort beide Zugtypen fahren kann man an den Bahnsteigen nicht ohne Stufen ein- und aussteigen“, so Karg. So sei das angekündigte Ziel der Barrierefreiheit in Bayern nicht erreichbar.
Diese und andere Kritikpunkte hat PRO BAHN in den vergangenen Jahren mehrfach vorgebracht; da jetzt anders entschieden worden sei, setzt der Fahrgastverband sehr stark auf die Ankündigung von Staatsminister Joachim Hermann beim Bayerischen Eisenbahnempfang am 6. Dezember in Nürnberg. Dort hatte der Minister gesagt, dass aufgrund der zweiten Stammstrecke keine anderen Vorhaben zurückstecken müssten. „Wir sehen derzeit nicht, wie die vielen anderen dringend nötigen Vorhaben finanziert werden sollen, lassen uns aber gerne davon überzeugen, dass das möglich ist“, so PRO BAHN-Vorsitzender Karg.

Rückfragen bitte an Winfried Karg, 0176 - 34 98 76 55
v.i.S.d.P.: Winfried Karg