PRO BAHN Pressemeldungen aus Bayern

Herausgeber:  PRO BAHN Landesverband Bayern

Pressemeldung vom 10.05.2021

Die Bayerische Elektromobilitäts-Strategie Schiene: ein Rohrkrepierer?

Große Ankündigungen, kaum Umsetzung

München(pb)

Anfang 2018 wurde die „Bayerische Elektromobilitäts-Strategie Schiene zur Reduzierung des Dieselverkehrs im Bahnnetz in Bayern“ (BESS) vorgestellt. Es sollte zu einem „noch attraktiveren bayerischen Schienenpersonennahverkehr“ führen und die neuen Zügeseien „leiser, leistungsfähiger, wartungsärmer und in der Summe deutlich günstiger als Dieselzüge“.

Ein Blick auf den aktuellen Status der 2018 angekündigten Projekte ist äußerst ernüchternd:

  • Von 273 zu elektrifizierenden Streckenkilometern sind ganze 19 Kilometer aktuell in Planung und weitere 94 in Vorplanung. 160 Kilometer also knapp zwei Drittel - sind vom Bund abgelehnt worden.
  • Die sieben geplanten Projekte mit innovativen Antriebskonzepten kommen derzeit ebenfalls nicht voran.

Die nachfolgenden Tabellen geben den Status der Strecken und Projekte im Detail wieder

Elektrifizierungsprojekte:

StreckeLängeStatus
Aschaffenburg – Miltenberg43 km✗ Vom Bund abgelehnt
Ebersberg – Wasserburg a. Inn19 km⌛ In Planung
Oberlandnetz (Holzkirchen – Lenggries, Schaftlach – Tegernsee und Holzkirchen – Bayrischzell)84 km✗ Vom Bund abgelehnt
Simmelsdorf-Hüttenbach – Neunkirchen am Sand10 km✗ Vom Bund abgelehnt
Kaufering – Landsberg a. Lech5 km✗ Vom Bund abgelehnt
Markt Erlbach – Siegelsdorf18 km✗ Vom Bund abgelehnt
Neu-Ulm – Memmingen – Kempten (inkl. Senden – Weißenhorn)94 km⌛ Vorplanung hat begonnen

Projekte mit innovativen Antriebskonzepten:

StreckeLängeKonzeptStatus
Mühldorf – München84 kmDiesellok mit Stromabnehmerwagen✗ Projekt abgebrochen
Schöllkrippen – Hanau30 kmDiesel-/Batterie-Hybrid mit Stromabnehmer✗ Bis mindestens 2027 mit Diesel beauftragt
Ebern – Bamberg25 kmOberleitungs-/Batterie-Hybrid✗ Mit Diesel ausgeschrieben bis 2035
Gunzenhausen – Pleinfeld17 kmOberleitungs-/Batterie-Hybrid✗ Bis mindestens 2031 mit Diesel beauftragt
Bogen – Straubing – Radldorf – Neufahrn (– Landshut)46 km (69 km)Oberleitungs-/Batterie-Hybrid✗ Mit Diesel ausgeschrieben bis 2032
Augsburg – Füssen und/oder Eichstätt Bhf – Eichstätt Stadt102 km & 5 kmLiquid Organic Hydrogen Carriers✗ Bis mindestens 2031 mit Diesel beauftragt
bayerisches Oberlandnetz84 kmOberleitungs-/Batterie-Hybrid✗ Bis mindestens 2026 mit Diesel beauftragt

Die Tabellen zeigen, dass ein Großteil der angekündigten Projekte inzwischen zu den Akten gelegt wurde. Die Elektrifizierung geht nur in Trippelschritten voran und auch bei den alternativen Antrieben ist von Innovationen wenig zu sehen. Während andereBundesländer (z.B. Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg) bereits Netze mit Oberleitungs-/Batterie-Hybrid-Technik vergeben haben, scheitern in Bayern sogar die wenigen Pilotprojekte. Das führt jetzt beispielsweise dazu, dass die BEG den RegionalverkehrOberfranken für weitere 12 Jahre (bis 2035!) mit Dieselbetrieb ausschreibt.

Während andere Bundesländer bereits handeln, kündigt Ministerin Schreyer im „Europäischen Jahr der Schiene“ an, noch heuer (!) ein Konzept (!) zum Abschied vom Diesel im bayerischen Schienenpersonennahverkehr bis spätestens zum Jahr 2040 (!) vorzustellen.Wir fordern die bayerische Staatsregierung auf, Innovationen nicht nur vollmundig anzukündigen, sondern die Ziele auch mit Nachdruck zu verfolgen und sie nicht an einzelnen technischen Hindernissen scheitern zu lassen. Dazu gehört auch, dass für diejetzt laufenden Ausschreibungen Möglichkeiten geschaffen und unterstützt werden, alternative Antriebe zumindest auf einzelnen Strecken einzusetzen.

Nebenbei sei erwähnt, dass das Verkehrsministerium für ein anderes Prestige-Projekt sehr viel Geld übrig hat. Für die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München wurden über die letzten Jahre etwa eine Milliarde Euro zurückgelegt, um wahrscheinliche Kostensteigerungenabzufedern. Und das nicht etwa aus Eigenmitteln des Freistaats, sondern aus den Regionalisierungsmitteln, die eigentlich für die Bestellung des Schienennahverkehrs gedacht sind und nicht für große Infrastrukturinvestitionen. Geld wäre also da!

Rückfragen bitte an Dr. Lukas Iffländer, Stellv. Landesvorsitzender, Tel. +49 176 66822886, E-Mail: lukas.ifflaender@pro-bahn.de
oder Timm Kretschmar, Vorstandsbeisitzer, Tel. +49 172-1690461, E-Mail: t.kretschmar@bayern.pro-bahn.de
v.i.S.d.P.: Lukas Iffländer