Fahrgastverband PRO BAHN: Pressemeldungen

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Pressemeldung vom 13.06.2004

Bundesregierung übersieht Diskriminierung der Behinderten an Fahrkartenautomate

Barrierefreie Fahrscheinautomaten nicht vorhanden / Fahrgastverband legt Denkschrift vor

Nach inzwischen amtlich bestätigten Plänen will die Bundesregierung
Behinderte zur Sanierung des Bundeshaushalts diskriminieren. Behinderte
sollen künftig Fahrkarten für U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse kaufen,
wenn sie den näheren Umkreis ihres Wohnorts verlassen. "Dadurch werden
Behinderte von der Teilhabe am normalen Leben ausgeschlossen. Sie werden
gezwungen, entweder schwarz zu fahren oder zu Hause zu bleiben," erklärt
Rainer Engel, Rechtsreferent des Fahrgastverbandes PRO BAHN. "In ganz
Deutschland gibt es nämlich keine behindertengerechten
Fahrscheinautomaten. Uns wundert, dass die Diskriminierung der
Behinderten beim Fahrscheinkauf völlig übersehen wurde. Während
Fahrzeuge und Stationen von Bahnen und Bussen immer barrierefreier
werden und Behinderte daher immer leichter selbständig reisen können wie
normale Bürger, will die Bundesregierung kriminalisieren, wenn sie den
Umkreis ihres Wohnorts verlassen."

Die Verkehrsunternehmen in Deutschland waren bisher nicht genötigt,
barrierefreie Fahrkartenautomaten aufzustellen, weil alle Behinderten,
die Automaten nicht bedienen können, den öffentlichen Verkehr gegen eine
pauschale Zahlung von 5 Euro monatlich barrierefrei benutzen können. "Es
ist auch völlig unsinnig, barrierefreie Fahrkartenautomaten zu
entwickeln," erklärt Engel. "Das kostet viel mehr als die wenigen
Millionen, die die Regierung jetzt einsparen will. Blinde brauchen eine
Sprachausgabe, Sehbehinderte eine vergrößerte Schrift, Rollstuhlfahrer
und Kleinwüchsige benötigen alle Elemente so tief angeordnet.
Elektronische Displays können nur unter optimalen Bedingungen von den
Betroffenen erkannt werden. Zehntausende von Automaten müssten ersetzt
werden. Lernbehinderte verstehen den Inhalt der komplizierten Tarife
dennoch nicht und landen als notorische Schwarzfahrer vor dem
Strafrichter."

"Wir sind gerne bereit, vor laufender Kamera zu demonstrieren, wie die
beabsichtigte Diskriminierung Behinderter am Fahrkartenautomaten
aussieht," erklärt Engel. "Wir haben Sozialministerin Ulla Schmidt daher
um ein persönliches Gespräch und Gelegenheit zur Demonstration gebeten."

Der Fahrgastverband PRO BAHN hat heute eine Denkschrift zum
barrierefreien Zugang Behinderter zum Vertriebssystems des öffentlichen
Verkehrs zugeleitet. Diese ist auch im Internet verfügbar. Darin zeigt
der Verbraucherverband der Fahrgäste auf, wie umfangreich die Barrieren
sind, die Blinde, Sehbehinderte, Rollstuhlfahrer und andere Behinderte
überwinden müssen, um einen Fahrschein kaufen zu können. Bekanntlich
werden Bahnen und Busse, in denen Fahrscheine durch Personal verkauft
werden, immer seltener.

Denkschrift "Diskriminierung Behinderter durch das
Vertriebssystem des öffentlichen Verkehrs" unter www.fahrgast-rechte.de unter "Aktuell".

Rückfragen bitte an
Rainer Engel (Rechtsreferent),
Tel.: 0173 - 545 45 59, E-Mail: r.engel@pro-bahn.de
v.i.S.d.P.: Rainer Engel

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