Fahrgastverband PRO BAHN: Pressemeldungen

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Pressemeldung vom 15.03.2011

Fernbus-Reisen bieten nur "Glücks- und Zufallsreisen"

Fahrgastverband fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen für Bahn und Bus

Die von der Europäischen Union angekündigten Fahrgastrechte für Reisende in Fernbussen sind ein Rückschritt gegenüber dem heutigen Rechtszustand in Deutschland auf das Niveau von südosteuropäischen Verhältnissen. Das stellt der Fahrgastverband PRO BAHN anlässlich der Ankündigung der Europäischen Union zur Einführung von Fahrgastrechten bei Fernbussen fest. Der Verbraucherverband fordert gleiche Rechte für Fahrgäste bei Bus und Bahn.

"Künftig müssen Fahrgäste an Bushaltestellen zwei Stunden bei Wind und Wetter und ohne jede Fahrgastinformation ausharren, bevor sie irgendwelche Rechte geltend machen können, weil ihr Bus nicht kommt," erläutert PRO BAHN-Rechtsexperte Rainer Engel die von der EU angekündigten Fahrgastrechte. "Wer über weniger als 250 Kilometer fahren will, dem werden überhaupt keine Rechte zugebilligt. Solche Fernbusse ohne Rechte sind heute schon von Trier nach Aachen, von Luxemburg nach Saarbrücken oder von Berlin nach Stettin unterwegs."

Die Fernbusse konkurrieren mit der Eisenbahn über den Preis. "Eisenbahnen müssen ihren Fahrgästen schon bei einer Stunde Verspätung ein Viertel des Fahrpreises zurückerstatten, und zwar auch dann, wenn es Stau auf der Schiene gibt," erläutert Engel. "Auf diese Weise wird ein völlig verzerrter Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern Schiene und Straße ermöglicht. Im Verhältnis zur Bahnreise kann man Busreisen nur >Glücks- und Zufallsreisen< nennen. Dieses Missverhältnis will die Bundesregierung jetzt auch auf den innerdeutschen Verkehr erweitern. Für den innerdeutschen Busverkehr könnte die Bundesregierung gleiche Rechte in Bahnen und Bussen einführen und ein Vorbild für Europas Verkehrswesen werden."

Der Fahrgastverband fordert daher gleiche Rechte für Fahrgäste in Bus und Bahn. "Die Pläne der Bundesregierung zur Liberalisierung der Fernbus-Verbindungen in Deutschland sind ein Generalangriff auf die Rechte der Verbraucher auf verlässliche Fahrpläne, pünktliche Beförderung, durchgehende Fahrkarten und gesicherte Anschlüsse", erklärt der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes PRO BAHN, Karl-Peter Naumann, zu den Plänen der Bundesregierung zur Freigabe des Fernlinienbusverkehrs in Deutschland. "Nach den bisher vorliegenden Informationen kommen Rechte der Verbraucher in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung überhaupt nicht vor", erklärt Naumann. Erst im Jahr 2009 sind in Deutschland Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr eingeführt worden. Fahrgäste erhalten bei Verspätungen und versäumten Anschlüssen ein Viertel des Fahrgelds zurückzahlen, wenn sie eine Stunde später als geplant ankommen. "Im Busverkehr will die Bundesregierung solche Rechte gar nicht erst einführen. "Wer in einem Autobahnstau hängen bleibt oder wegen einer Reifenpanne zu spät ankommt, soll bei der Benutzung des Busses leer ausgehen", erläutert Naumann.

Der Fahrgastverband befürchtet eine weitere Verschlechterung des Bahnverkehrs in Deutschland. "Die Liberalisierung des Fernbusverkehrs wird immer wieder damit begründet, dass Wettbewerb zu Preissenkungen führen würde. Das gilt allenfalls für Fahrten von Ort zu Ort ohne Umsteigen und zu Tageszeiten, an denen viele Fahrgäste unterwegs sind. Tatsächlich werden aber Fahrgäste aus den Eisenbahnzügen abgeworben. Mit den bisherigen Einnahmen finanzieren die Eisenbahnen heute Fahrten zu verkehrsschwachen Zeiten, beispielsweise am frühen Morgen oder am späten Abend. Wir rechnen damit, dass in erheblichem Umfang Züge gestrichen werden müssen. Demgegenüber nehmen sich schon heute Betreiber von Fernbuslinien heraus, >nur Freitag und Sonntag< oder >täglich außer Dienstag < oder >bei Bedarf nach Voranmeldung< anzubieten, während die Eisenbahnverbindungen zu allen Tageszeiten mit öffentlichen Geldern vorgehalten werden müssen." Fernbusunternehmer werden auch nicht verpflichtet, durchgehende Fahrkarten zu verkaufen und Anschlüsse zu sichern. "Wer heute von Hamburg nach Eberswalde fahren will, bekommt für den Zug selbstverständlich einen durchgehenden Fahrschein. Fährt er aber mit dem Bus bis Berlin, so gibt es weder einen durchgehenden Fahrschein noch eine Garantie für den Anschluss. Während die Beförderung von Rollstuhlfahrern, barrierefreier Zugang und behindertengerechte Toiletten bei den Eisenbahnen nicht nur Schritt für Schritt Standard werden, sondern auch vorgeschrieben sind, gibt es beim Fernbus keinerlei Vorschriften", erklärt Naumann. "Wir fordern die Bundesregierung auf, gleiches Verbraucherrecht für alle Fahrgäste auf allen Linien zu schaffen."

Fahrgäste, die Pauschalreisen mit dem Bus buchen, werden hingegen wie bisher durch das deutsche Pauschalreiserecht ausreichend geschätzt. Jeder Fahrgast ist daher gut beraten, wenn er eine Pauschalreise bucht statt einer einzelnen Busfahrt.

Rückfragen bitte an
Matthias Oomen (Pressesprecher),
Tel.: 0176 - 297 21 32, E-Mail: m.oomen@pro-bahn.de
v.i.S.d.P.: Matthias Oomen

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