PRO BAHN Zeitung 86

Beschwerden bei der DB Regio und den Verkehrsbetrieben - nützen sie?

von Susanne Starke-Perschke (aus PRO BAHN Zeitung 86; Mai 2001)

Sie heißen "Servicetelefon" oder "Regionale Ansprechpartner Nahverkehr", und sie versprechen die rasche Bearbeitung von Beschwerden. Was ist dran an diesen Versprechungen? Kann man sich wirklich an ein Nahverkehrsunternehmen wenden, ein Problem äußern und darauf hoffen, dass das Problem abgestellt wird? Oder wird man mit netten Worten abgespeist, kann auf die Beseitigung des Übels aber lange warten? Das wollten wir wissen, und deshalb haben wir im folgenden einige Beschwerdefälle und deren Bearbeitung durch die Verkehrsunternehmen unter die Lupe genommen. Im Kasten auf der gegenüberliegenden Seite haben wir das Verhalten der Betriebe in den jeweiligen Einzelfällen mit Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (mangelhaft oder nicht vorhanden) benotet.

Fall 1: Defekte Fahrscheinentwerter in Mülheim-Styrum

Ein Schreiben an den VRR vom 26.6. wurde am 7.7. beantwortet. Tenor: Man kenne die Probleme, könne sie aber nicht abstellen, da dafür die DB zuständig sei. Man habe das Schreiben weiter geleitet. Bis heute keine Antwort von der DB.

Fall 2: Abfahrt eines Zuges bei Einfahrt des Anschlusszuges in den Bahnhof

RE1 und RE3 sind in Duisburg verknüpft. Der RE1 ist geringfügig verspätet, der RE3 fährt ab, obwohl der RE1 gerade einfährt.

Fall 3: Festhalten eines Zuges kurz hinter dem Bahnhof

Am 13.6.2000 wurde der RE 11164 kurz hinter Oberhausen angehalten, stand fast eine Stunde lang dort. Der Zugbegleiter gibt die Information, es gehe »in wenigen Minuten« weiter, verlässt auf freier Strecke den Zug und besteigt die Lok. Und ward nicht mehr gesehen, bis der Zug weiterfuhr.

Beide Fälle wurden der DB Regio Rhein-Ruhr schriftlich berichtet, und zwar am 19.6. und am 26.6.2000. Eine Antwort kam am 16.8.2000, also zwei Monate später. Zusammengesetzt aus Textbausteinen, darunter "Sie haben recht, es ist die Summe vieler, oftmals kleiner Dinge, die den Service ausmachen. Wird eine Facette negativ erlebt, so wirkt sich das auch negativ auf die Gesamtbeurteilung gegenüber allen Mitarbeitern der Deutschen Bahn AG aus." Aha! Eine Stunde Stehen ohne Information ist also nur eine "Facette"! Und: "Eine absolute Pünktlichkeit ist nicht erreichbar. Die Bindung an die Schiene und an den Fahrplan einerseits und die Abhängigkeit vom zuverlässigen Funktionieren der verschiedenen technischen Komponenten können Planabweichungen verursachen, die nicht vermeidbar sind." Pünktlich wie die Eisenbahn - diese Zeiten sind offenbar vorbei und werden auch nicht mehr angestrebt. Oder?

Fall 4: Fahrer raucht beim Fahren (DVG)

Beschwerde an die DVG am 16. August 2000, Antwort am 18. August. "... werden wir Ihr Schreiben zum Anlass nehmen, mit dem betreffenden Mitarbeiter ein intensives Gespräch zu führen ... Wir danken für Ihren Hinweis und bitten für die durch den Vorfall entstandenen Unannehmlichkeiten um Nachsicht." - Rauchende Fahrer wurden seitdem nicht mehr angetroffen.

Fall 5: Fahrer raucht beim Fahren (NIAG)

Beschwerde an die NIAG, Antwort wenige Tage später. "Wir haben unseren Fahrer entsprechend belehrt." Rauchende Fahrer wurden seitdem nicht mehr gesehen.

Fall 6: Fahrer fährt wiederholt 5-10 Minuten zu spät ab

Der SB 10 fährt fahrplanmäßig um .33 in Duisburg ab, nachdem er dort länger leer gestanden hat. Häufig überzieht der Fahrer jedoch seine Pause und fährt erst 5-10 Minuten später ab. Er kommt dann zwar pünktlich in Neukirchen an, aber der Fahrgast steht so lange bei Wind und Wetter an der Haltestelle und bibbert. Beschwerde an die NIAG, Antwort "Durch erhöhtes Verkehrsaufkommen kann es zeitweilig zu Verspätungen kommen, die nicht von uns beeinflussbar sind." Mißverständnis oder Verschleierungstaktik?

Fall 7: KiN informiert und kontrolliert nicht, wird patzig

Zugverspätung bei RB 96902 am 2.9.2000. Die Zugbegleiterin sagt die Halte nicht an (was ja bei einer solchen Verspätung zumindest für Ortsfremde recht hilfreich wäre), kontrolliert nicht, erscheint nicht in den Wagen, sondern verbringt ihre Zeit im Steuerwagen mit dem Zugführer. Darauf angesprochen, sagt sie, es sei ihre Sache, wie sie ihre Arbeit verrichte. Brief an den VRR am 18.9., Antwort am 29.9. Darin: "Sie haben recht, es ist die Summe vieler, oftmals kleiner Dinge, die den Service ausmachen. Wird eine Facette negativ erlebt, so wirkt sich das auch negativ auf die Gesamtbeurteilung gegenüber allen Mitarbeitern der Deutschen Bahn AG aus." - kommt uns das nicht bekannt vor? Stand nicht derselbe Satz in einem Brief der DB? Tauschen VRR und DB jetzt schon Textbausteine aus?

Fall 8: Verpasster Anschluss durch Verspätung des RE1

Beschwerde bei der DB Regio Rhein-Ruhr, Antwortschreiben am 15.8.2000: "für die Ihnen aufgrund von Fahrplanunregelmäßigkeiten des RE 1 und einem damit verbundenen Anschlussverlust entstandenen Unannehmlichkeiten möchten wir von dieser Stelle aus um Entschuldigung bitten." Und: "So besagt die bestehende Wartezeitvorschrift für den Bahnhof Düsseldorf jedoch, dass auf Anschlusszüge nicht gewartet werden kann.«

Fazit: Konkretes Abstellen des Problems nur bei der DVG und einmal bei der NIAG, ansonsten hapert es besonders mit der Mängelbeseitigung, aber auch mit dem Verständnis für die Belange der Betroffenen. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist - mit einem Ausreißer - durchschnittlich, die Problemanalyse oft nicht schlecht - aber an der Umsetzung mangelt es häufig noch!

Die Ergebnisse im Überblick

  Mängel-
beseitigung
Problem-
analyse
Reaktions-
geschwindigkeit
Verständnis
f. Fahrgäste
VRR, Fall 1 5 3 2 5
VRR, Fall 7 5 3 3 5
DB, Fall 1 5 5 5 5
DB, Fall 2 5 5 5 5
DB, Fall 3 5 5 5 5
DB, Fall 8 5 3 3 2
DVG, Fall 4 1 2 1 1
NIAG, Fall 5 1 2 1 1
NIAG, Fall 6 5 5 2 5

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