Braucht der Großraum Nürnberg die U3?

Stadtbahn ist wirkungsvollere und preiswertere Alternative

PRO BAHN Papier aus dem Jahre 2001

Die U-Bahn in Nürnberg ist wieder einmal ins Gerede gekommen. Trotz ungebremster Aktivitäten des U-Bahn-Referates können immer weniger Bürger die Fortsetzung des U-Bahn-Baus nachvollziehen. Langsam dämmert auch einigen politisch Verantwortlichen der Stadt Nürnberg - zumindest bei den derzeit Regierenden -, dass dieses "Allheilmittel" aller städtischen Verkehrsprobleme trotz Milliardeninvestitionen seiner Aufgabe, einen attraktiven flächendeckenden öffentlichen Nahverkehr zu erhalten bzw. zu schaffen, nicht gerecht werden kann. [Die ökologischen Folgen des U-Bahn-Baus, z.B. durch die Grundwasserabsenkung und das Abholzen von Alleen, sollen hier nicht diskutiert werden.]

Der Bau der U-Bahn hat das früher schlüssige und verkehrlich vernünftige Nürnberg-Fürther Straßenbahnnetz in Teilnetze zerhackt, so dass die Führung der verbliebenen Straßenbahnlinien nicht mehr den Verkehrsströmen entspricht, wichtige Standorte wie das Nordklinikum auf der Schiene nicht mehr erreichbar sind und eine deutliche Erhöhung der Umsteigevorgänge zu verzeichnen ist - die Nürnberger Innenstadt war 1970 aus acht Richtungen mit sechs Straßenbahnlinien direkt erreichbar, heute fährt noch eine U-Bahnlinie direkt durch die Stadtmitte. Für das größte Verkehrsproblem der Region Nürnberg, den ständig wachsenden Stadt-Umland-Verkehr, ist die U-Bahn schon wegen ihrer enormen Kosten und langen Bauzeiten als mit dem Auto konkurrierendes ÖPNV-Verkehrsmittel ungeeignet. Dazu kommt, dass Prestigeprojekte mit derartig fraglichem Nutzen nicht mehr in eine Zeit knapper Kassen passen, wo doch angeblich an allen Ecken gespart werden muss. So überrascht es doch, dass eine Weiche in Seligenstadt bei Würzburg zum Anschluss der Strecke nach Volkach, die Reaktivierung des SPNV von Forchheim nach Hemhofen, die Stadt-Umland-Bahn Erlangen, ja selbst ein Halt der Gräfenbergbahn in Buchenbühl nicht finanzierbar sein sollen, während man immer noch Geld hat, U-Bahn-Strecken mit Kosten von ca. 100 Millionen Mark pro Kilometer zu bauen. Verwunderlicherweise hinterfragen die Bürger der Regionen außerhalb der Großstädte Nürnbergs und Münchens noch immer nicht, wieviel ÖPNV bei ihnen möglich wäre, wenn in den beiden Städten statt des ungebremsten U-Bahn-Baus die Straßenbahn-/ Stadtbahnnetze ebenso wirkungsvoll aber kostengünstig ausgebaut würden. Soweit allgemein, jetzt aber soll speziell auf die Nürnberger Verhältnisse eingegangen werden.

Die Geschichte der Nürnberger U-Bahn begann damit, dass die SPD im Nürnberger Stadtrat, gemeinsam mit dem Tiefbauamt - nach dem Beschluss Münchens eine U-Bahn zu bauen - endlich eine Möglichkeit sah, auf das geplante Straßenbahnnetz in Langwasser zu verzichten, um letztlich die bei ihr wenig geliebte Straßenbahn in mehreren Schritten völlig abzuschaffen. Dass die U-Bahnlinie 1 gut angenommen wurde, liegt nicht zuletzt daran, dass Langwasser mit über 100.000 Einwohnern statt dreier Straßenbahnstrecken eine U-Bahnachse bekam und alle Straßenbahnlinien, die möglicherweise Fahrgäste vom U-Bahn-Fahren hätten abhalten können, eingestellt wurden, wie die Linie 2 Dutzendteich - Hauptbahnhof - Gustav-Adolf-Straße. Statt früherer Direktverbindungen mit der Straßenbahn werden die Fahrgäste erst per Bus zum nächsten U-Bahnhof gefahren, wo diese in die U-Bahn umsteigen müssen - zum Teil mit erheblicher Verlängerung der Reisezeit. Das städtische Schienenverkehrsnetz (U-Bahn und verbliebene Straßenbahnlinien) weist heute - nach Investitionen von mehreren Milliarden DM in die U-Bahn - dieselbe Streckenlänge auf die das Straßenbahnnetz im Jahre 1970. Die zuletzt eröffnete U-Bahn zum Flughafen mit werktags etwa 12 Fahrgästen pro Zug setzt der Entwicklung der Nürnberger U-Bahn die Krone auf. Aber weder Geldnot, noch unzureichende Fahrgastzahlen beenden bisher das traurige Spiel auf Kosten der Bürger.

U-Bahn-Netz Nürnberg

Jetzt benötigt Nürnberg eine U 3 - scheinbar um jeden Preis. Für sechs neue U-Bahnhöfe werden die gesamten Investitionen in Verkehrswege für 15 Jahre gebunden. Dagegen bleibt wegen weniger 100 TDM das Volksbad geschlossen und eine bereits beschlossene Bundesgartenschau wird abgesagt. Nachdem sich die Stadt mit dem U 3-Sonderfinanzierungsmodell "Bundesgartenschau" nicht durchsetzen konnte, kommt die Idee auf, die seit 20 Jahren in Berlin erprobte Technik des fahrerlosen Betriebs erneut zu erforschen. Wenn es um die U-Bahn geht, ist man in Nürnberg erfindungsreich.

So hat man inzwischen auch die VAG auf die Seite der U-Bahn-Befürworter gezogen. Während die VAG den Unterhalt der Straßenbahn einschließlich des Gleiskörpers selbst finanzieren muss, werden Investitionen und Unterhaltung der U-Bahninfrastruktur aus den allgemeinen Steuertöpfen bezahlt. Auf dieser Weise erreicht man, dass die U-Bahn in der Bilanz der Verkehrsbetriebe einen großen Ertrag bei geringen Kosten verursacht. Die tatsächlichen Kosten des Betriebes der U-Bahn belaufen sich auf ein Vielfaches des in der Bilanz der VAG ausgewiesenen Fahrbetriebes. Nicht nur müssen bereits Rolltreppen in größerer Zahl ersetzt werden, auch die Tunnels erfordern bereits jetzt erhebliche Instandhaltungsinvestitionen. Sehr gut ist der schlechte Zustand einiger Tunnelabschnitte im südlichen Bereich des Bahnhofes Lorenzkirche zu sehen, wo sich bereits die ersten Tropfsteine bilden.

Entwicklungen in anderen Städten, wo zum Teil nach Jahrzehnten die Straßenbahn wieder eingeführt wird (z.B. Saarbrücken, Paris, Los Angeles) oder in großem Umfang bestehende Netze ausgebaut werden (z.B. München, Erfurt, Berlin, Rom) scheint man dagegen in Nürnberg trotz vorliegender Konzepte und positiver Gutachten zu ignorieren.

Als Fazit aus den genannten Punkten müssen die folgenden Forderungen aufgestellt werden:

  1. In Nürnberg ist der weitere Ausbau der U-Bahn einzustellen. Die Fertigstellung der U 2 und der noch nicht begonnene Bau der U 3 sind dazu der ideale Zeitpunkt.

  2. Zur Netzarrondierung sind der Bau einer Wendeanlage am Bahnhof Maxfeld für kurzgeführte Züge der U 2, die bereits begonnene Verlängerung der U 1 zum Klinikum Fürth sowie eine Unterquerung von Stein durch die U 2 akzeptabel.

  3. Das Nordklinikum in Nürnberg kann durch die Reaktivierung der Straßenbahnstrecke durch den Kirchenweg mit Weiterführung zur Fürther Straße erschlossen werden.

  4. Statt weiterhin einer "Spar U 3", mit Ausgängen sogar im Grünstreifen einer Schnellstraße (Von-der-Tann-Straße), das Wort zu reden, ist es überfällig den Baubeschluss zur U 3 zu revidieren und gemäß dem Verkehrsgutachten der Fa. Intraplan eine Stadtbahn nach Fürth-Süd mit Verlängerung nach Zirndorf - Wintersdorf bzw. Cadolzburg zu planen und auszuführen. Diese Idee wird auch von der Fürther Landrätin Gabriele Pauli unterstützt.

  5. Die Stadtbahn nach Cadolzburg ist als Kern eines Regionalstadtbahnnetzes mit Ästen unter anderen in Richtung Erlangen, Gräfenberg, Kornburg - Schwanstetten und Wendelstein zu betrachten. Planungen und Bau für diese Strecken sind kurzfristig aufzunehmen, speziell im Fall Erlangen.

Diese Stadtbahn nach Cadolzburg hilft nicht nur in diesem Korridor die Probleme des stetig wachsenden Stadt-Umland-Verkehrs zu lösen, sondern möglicherweise eine Gartenschau im Tiefen Feld doch noch zu realisieren (Potsdam hat kürzlich eine Straßenbahn-Neubaustrecke zur Buga 2000 eröffnet) und Arbeitsplätze beim Nürnberger Hersteller für Straßenbahnen zu sichern, dessen Fortbestand derzeit bekanntlich extrem gefährdet ist. Eine Bestellung von U-Bahnwagen sichert Arbeitsplätze in Hennigsdorf oder Bautzen, in Nürnberg werden sie jedenfalls nicht gefertigt.

Innerhalb der Stadt Nürnberg ist der Bau der Strecken vom Dutzendteich zum Luitpolthain/Bayernstr. - Frankenstr. und Katzwanger Str. - Gibitzenhof, vom Rathenauplatz durch die Altstadt zum Hallertor und die Verbindung vom Hauptbahnhof zur Christuskirche vordringlicher Bedarf. Ebenso ist der Neubau einer Straßenbahnhauptwerkstatt am Hasenbuck unverzüglich zu beginnen. Zur Umsetzung des Stadtbahn-Ausbauprogramms sind sicher einige Stadtratsbeschlüsse zu ergänzen oder zu ändern. Wie schnell ein Stadtratsbeschluss umgeworfen werden kann, hat die derzeitige Stadtregierung mit der Liquidierung des Stadtratsbeschlusses zum Bau einer Straßenbahnverbindung vom Hauptbahnhof zum Aufseßplatz gezeigt. Das damalige Argument, es sei wegen der abbiegenden Straßenbahnen ein Verkehrszusammenbruch am Bahnhofsplatz zu erwarten, wird übrigens derzeit täglich widerlegt, ist doch der Straßenverkehr trotz massivster Behinderungen durch den Baustellenverkehr im Zuge des Bahnhofsumbaues bis heute nicht zusammen gebrochen.

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zum Weiterlesen: Stadtbahn-Konzept für München (von PRO BAHN Oberbayern)

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