Pressemeldung vom 18.11.2014

PRO BAHN zur Reaktivierung des Nürnberger Nordrings

Der Fahrgastverband vergleicht die kontroversen Studien

Nürnberg(li)
Für große Verwirrung sorgt derzeit bei den Verantwortlichen die etwa 10 km lange Verbindung vom Nürnberger Nordostbahnhof nach Fürth Hauptbahnhof: 2007 kam das Aachener Ingenieurbüro IVV 2007 zu einer positiven Bewertung für Personenzüge im Halbstundentakt, woraufhin die Stadt Nürnberg das Projekt in ihren Nahverkehrsentwicklungsplan aufnahm. Das Münchner Ingenieurbüro Intraplan errechnete aber 2013 im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) ein sehr schlechtes Ergebnis.

Inzwischen liegen dem Fahrgastverband PRO BAHN beide Gutachten vor. Die Unterschiede, die zu den gravierend unterschiedlichen Ergebnissen führen, sind erkennbar:

  • IVV ging davon aus, dass die Züge in Fürth Hbf und Nürnberg Nordost nur noch kurz halten. Deshalb würden über 6.000 Fahrgäste weiter fahren, um ihr Ziel über den Nordring schneller zu erreichen. Insgesamt prognostizierte IVV auf dem Nordring 8.843 Fahrgäste täglich.

  • Intraplan nahm hingegen an, dass die Züge in Fürth Hbf etwa 8 Minuten warten und sich im Bahnhof Nürnberg Nord mit Zeitverlust kreuzen. Die meisten Fahrgäste würden deshalb in Fürth Hbf und Nürnberg Nordost in die U-Bahn oder andere Züge und Busse umsteigen, da diese dann schneller wären. Auf dem Nordring prognostizierte Intraplan deshalb nur 2.218 Fahrgäste pro Tag.

  • IVV kalkulierte für die Streckenertüchtigung mit 3 neuen Stationen und Schallschutz recht pauschal 20 Millionen Euro (Preisstand 2006). Intraplan kam bei detaillierteren Berechnungen auf knapp 25 Millionen Euro (Preisstand 2012). Das sind „nur“ 25% mehr in 6 Jahren, da ist man von anderen Projekten Schlimmeres gewohnt. Heftig zu Buche schlagen aber bei Intraplan der Kreuzungsbahnhof Nürnberg Nord (4,2 Mio. €) und Ausbauten in Heroldsberg (1,3 Mio. €) und Eschenau (3,3 Mio. €), um einen exakten 30-Minuten-Takt zu ermöglichen.

Das Nutzen-Kosten-Verhältnisses der „Standardisierten Bewertung“ fällt daher sehr unterschiedlich aus: IVV ermittelte bei 8.843 Fahrgästen täglich und 20 Millionen Euro Investitionen einen Wert von + 1,57, während Intraplan bei einem Viertel der Fahrgäste und 33 Millionen Euro Investitionen auf - 0,22 kam.
PRO BAHN sieht sich in der Kritik am Verfahren der standardisierten Berechnung bestätigt. „Je nachdem wie man die Parameter außen herum anpasst, kann man jedes Projekt gut oder schlecht rechnen“, erklärt Lukas Iffländer, stellvertretender Landesvorstand von PRO BAHN in Bayern. „Das Verfahren hat inzwischen den Ruf, dass immer das heraus kommt, was der Auftraggeber sich wünscht.“

Während die BEG das Projekt am liebsten gleich beerdigen möchte, sucht die Stadt Nürnberg nach Einsparungsmöglichkeiten. Zum Beispiel könnte der Verzicht auf einen nachfrageschwächeren Haltepunkt die Reisezeit zwischen Nürnberg Nordost und Fürth Hbf so verkürzen, dass man keinen Kreuzungsbahnhof braucht. Und da nach Eschenau nur zeitweise Züge im 30-Minuten-Takt fahren sollen, muss der Bahnhof vielleicht nicht so teuer ausgebaut werden, wie Intraplan meinte.
Zudem stellt sich die Frage, ob die Ausbauten in Heroldsberg und Eschenau überhaupt dem Lückenschluss zwischen Nürnberg Nordost und Fürth zugerechnet werden dürfen. Intraplan stellte nämlich ganz klar fest: „Unabhängig von der Durchbindung hat sich gezeigt, dass ein sauberes Taktraster auf der Gräfenbergbahn mit gleichzeitigen Einfahrten in Eschenau und Heroldsberg bereits eine nachfragesteigernde Qualitätsverbesserung brächte.“ PRO BAHN meint daher, dass diese Kosten nicht der Reaktivierung angerechnet werden dürfen.

Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert die Verantwortlichen auf, eine angemessene Qualität für den Bahnverbindung auf dem Nordring zu finden. Man braucht keine 100 km/h schnellen Expresszüge, sondern ein pünktliches und verlässliches Angebot ohne Umsteigezwänge. Wichtig ist zudem, dass die Linienwege und Fahrpläne der städtischen Busse und Straßenbahnen so angepasst werden, dass man künftig mit kurzen Fußwegen und wenig Wartezeit umsteigen kann.

Rückfragen bitte an Jörg Schäfer, Neuendettelsau, Telefon dienstlich 0981/182-713, privat 09874/5801
oder Lukas Iffländer, Am Hubland 16b, 97074 Würzburg, Tel. +49 176 66822886, E-Mail: lukas.ifflaender@pro-bahn.de
v.i.S.d.P.: Lukas Iffländer