Pressemeldung vom 08.06.2012

ALEX von Nürnberg nach Prag wird eingestellt

PRO BAHN enttäuscht über Verlust der direkter Zugverbindungen nach Tschechien

Nürnberg(li) Im Dezember 2012 sollen die ALEX-Züge von Nürnberg nach Prag mangels Nachfrage eingestellt werden. Stattdessen sollen dann alle vier internationalen Zugpaare von Prag nach München fahren. Von und nach Nürnberg heißt es dann in Schwandorf "Bitte umsteigen!".

Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht dies als Bestätigung, dass in die Schieneninfrastruktur in der Region Nordostbayern zu wenig investiert wird:
Die Fahrzeiten wurden in den letzten Jahren selten kürzer, teilweise verlängerten sie sich sogar aufgrund des desolaten Streckenzustandes und der Stellwerkstechnik, die längst einen Platz im Museum verdient hätte.
Die Bundesregierung vernachlässigt hier massiv ihre Pflichten als Zuständige für den Ausbau des Schienennetzes. Die letzte größere Baumaßnahme in der Region war die "Schlömener Kurve" bei Bayreuth, die heute je Richtung nur zweistündlich genutzt wird.

Aber nicht nur an der Vernachlässigung der Infrastruktur scheiterte der ALEX zwischen Nürnberg und Prag. Auch die Deutsche Bahn Bahn AG (DB) torpedierte ihn, nachdem sie in einem Wettbewerbsverfahren unterlegen war: Pünktlich zum Start des ALEX ließ die DB Fernbusse von Nürnberg nach Prag auf der Autobahn fahren.
Der Fernbus erreicht auf der neuen Autobahn ohne Zwischenhalte eine kürzere Reisezeit als der ALEX. Dazu ist der Fernbus billiger, weil er in Deutschland keine entfernungsabhängigen Streckenkosten tragen muss - der ALEX muss eine Art Maut für jeden zurück gelegten Kilometer an die DB Netze Fahrweg zahlen (pro Fahrt und Richtung sind dies 742,29€) sowie für jeden Halt an DB Netze Personenbahnhöfe.
Durch eine geschickte Platzierung der Abfahrt kurz nach Ankunft der Fernverkehrszüge in Nürnberg taucht nur noch der Bus in der elektronischen Reiseauskunft der DB auf wenn die Option "schnellste Verbindung" gewählt ist. Erst wenn man den Bus als Verkehrsmittel gezielt abwählt, taucht der ALEX auf.
Auch wurde PRO BAHN von mehreren Kunden berichtet, dass bei einer Fahrplanauskunft am Schalter erst nach mehrmaligem Nachfragen auf die ALEX-Züge hingewiesen wird, ansonsten wird nur Busfahrt angegeben.
Hier scheint der integrierte Bahnkonzern wohl dafür zu stehen, dass man mit allen Geschäftsbereichen gleichzeitig gegen den Wettbewerber vorgeht.

Am wenigsten Vorwürfe kann man der bisherigen Bestellerin der ALEX-Züge, der Bayrischen Eisenbahngesellschaft BEG, machen. Diese muss mit begrenzten Geldern haushalten. Daher ist es verständlich und aus Fahrgastsicht sinnvoll, dass künftig anstelle der schwach ausgelasteten ALEX-Züge in ähnlicher Zeitlage Regionalexpresszüge bestellt werden, um das Angebot für die Pender in der Region nicht zu verschlechtern. Einen bitteren Nachgeschmack verursacht allerdings die Tatsache, dass diese Leistungen von der Konkurrentin DB erbracht werden.

Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert von Bahn und Politik, dass der Bahnbau in Ostbayern den gewachsenen verkehrlichen Erfordernissen im vereinigten Europa Rechnung trägt. Das betrifft insbesondere auch die Elektrifizierung der Strecke Nürnberg – Marktredwitz – Cheb (Eger), für die es ein verbindliches Abkommen mit Tschechien gibt. Es ist kein Ruhmesblatt, dass der Ausbau Cheb – Prag fertig ist, bevor man in Deutschland überhaupt angefangen hat.
Daher ist jetzt Handeln angesagt: Zumindest die Variantenuntersuchungen und Planfeststellungsverfahren müssen schnellstmöglich angestoßen werden. Sie dauern mehrere Jahre, und nur wenn sie abgeschlossen sind, könnte mit dem Bau begonnen werden, sobald die Geldmittel zur Verfügung stehen. Sonst wird eine Chance für die viel beworbene Elektromibiltät sowie der Verkehrsverlagerung auf die Schiene vertan.

PRO BAHN würde es begrüßen, wenn sich die Deutsche Bahn AG wieder mehr um schienengebundene Verkehrsangebote bemühen würde. In allen anderen Fällen ist das vorhandene - aus Steuergeldern mitfinanzierte! - Bahnangebot durch etwaige Busangebote zu ergänzen und nicht mit Doppellagen zu konkurrenzieren.

PRO BAHN sieht sich auch einmal mehr in seiner Forderung bestätigt, dass Netz und Verkauf aus dem DB-Konzern herausgenommen werden müssen. Sie gehören ins direkte Bundeseigentum, um Beeinflussungen durch die bisherige Muttergesellschaft zu verhindern um beim Schienenverkehr echten Wettbewerb zu ermöglichen.

Auch fordert PRO BAHN die Politik auf, die fairen Bedingungen für einen Wettbewerb der Verkehrsträger zu schaffen. Wenn ein Zug entfernungsabhängig Maut zu entrichten hat, dann muss dies auch für Fernbusse gelten.

Rückfragen bitte an Lukas Iffländer, Am Hubland 16b, 97074 Würzburg, Tel. +49 176 66822886, E-Mail: lukas.ifflaender@gmx.net
oder Dr. Matthias Beß, Haslocher Weg 59, 97877 Wertheim, Tel. (09342) 934 5892, m.bess@bayern.pro-bahn.de
v.i.S.d.P.: Lukas Iffländer