Pressemeldung vom 30.04.2009

Aktuelle Bahndiskussion braucht dringend überregionalen Horizont

Die Bewertung des Lückenschlusses der Bahnnetze zwischen Oberfranken und Südwestthüringen durch die beiden Bürgermeister Lautertals und Bad Rodachs kann unterschiedlicher gar nicht sein, obwohl es sich um den gleichen Sachverhalt handelt.
Während der Bürgermeister aus Lautertal die Reaktivierung der ehemaligen Werrabahn-Trasse vehement ablehnt, ohne ein wirkliches Argument dagegen zu haben, hat der Bürgermeister von Bad Rodach klar den Vorteil der Schienenerschließung erkannt und fordert, den Lückenschluss über Bad Rodach zu realisieren.
Die Gemeinde Lautertal hat 26 ha Gewerbefläche ausgewiesen, die sie zu füllen hofft. Und sie möchte als attraktive Wohngemeinde junge Familien in die Gemeinde holen. Um wie viel wahrscheinlicher die Realisierung dieses Ziels ist, wenn bei der Verkehrserschließung mit einem attraktiven Bahnanschluss nach Coburg, Bamberg, Nürnberg, Meiningen, Eisenach und Kassel sowie dem ICE-Zugang nach München und Berlin geworben werden kann, dürfte doch jedem Kommunalpolitiker einleuchten. Die Bahnanbindung ist ein Vorteil in der Konkurrenz zu anderen Gemeinden.
Der Bad Rodacher Stadtrat hat das schnell und widerspruchslos begriffen. Es wäre vielleicht für den Gemeinderat Lautertal erhellend, sich dessen Sichtweise erläutern zu lassen. Dabei geht es um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft der Region Westliches Oberfranken / Südwestthüringen.
Wird die ICE-Trasse 2017 in Betrieb gehen, so ist die Region Coburg vom Fernverkehr abgehängt, weil der ICE-Bahnhof Lichtenfels aufgegeben wird. Einen ICE-Halt Coburg über das Jahr 2018 hinaus wird es nicht geben. Eine Direkt-Verbindung nach Erfurt wird es ebenso wenig geben, da sie wirtschaftlich unvertretbar ist. Mit der Reaktivierung der Werrabahn als Hauptbahn – bei einer Entwurfsgeschwindigkeit von 120 km/h – und mit Anschluss an den ICE-Fernverkehr in Kassel und Coburg, hat das Oberzentrum Coburg die Chance, ein ICE-Systemhalt zu werden, genau wie heute Lichtenfels. Ein unschätzbarer Standortvorteil im Wettbewerb der Regionen. Ein Hinweis: Plattling ist kleiner als Coburg – aber unschätzbar wichtig als ICE-Systemhalt für die Region Deggendorf / Straubing / Landshut. Gleiches gilt für Horb, Offenburg und weitere ICE-Bahnhöfe.
Die Verengung der Diskussion auf die kleinteilige Sichtweise einzelner Kommunen und die Beschränkung auf den Standard einer Überlandstraßenbahn, deren Zweck es ist, Badegäste aus Hildburghausen in die Therme nach Bad Rodach zu bringen, ist fatal. Zu entscheiden ist nicht über einen rein lokalen Lückenschluss, sondern über eine leistungsfähige Personen- und Güterverkehrsbahnlinie. Geht die Diskussion nicht in diese Richtung, droht die „Nullvariante“: kein Hauptbahn-Lückenschluss zwischen Oberfranken und Südthüringen, Wegfall des Fernverkehrshaltes in der Region, Riesenchance endgültig vertan. Es ist höchste Zeit, in überregionalen Horizonten zu denken.

Rückfragen bitte an Dr. Thomas Schempf, Tel. 0911-579135
v.i.S.d.P.: Thomas Schempf