Pressemeldung vom 09.11.2000

Probleme auf dem Frankenschnellweg können nicht isoliert gelöst werden

PRO BAHN fordert Gesamtverkehrsbetrachtung aller Verkehrsmittel

Mit Befremden beobachtet PRO BAHN die jüngsten Diskussionen um den kostenintensiven Ausbau des Frankenschnellwegs zwischen der Stadtgrenze Nürnberg-Fürth und der Nürnberger Südstadt. Der Fahrgastverband bemängelt vor allem, dass die Diskussion nur verengt auf den Straßenverkehr geführt wird, und die parallelen Achsen öffentlicher Verkehrsmittel nicht beachtet werden. "Seriös ist eigentlich nur die Betrachtung des gesamten Verkehrsmarktes." meint Jörg Schäfer, stellvertretender Vorsitzender des Regionalverbandes Mittel- und Oberfranken. "Aus den Prognosen, wie viele Menschen künftig unterwegs sein werden, müssen die geeigneten Maßnahmen für alle Verkehrsträger abgeleitet werden. Dabei muss der Wunsch nach schneller und bequemer Reise mit den Zielen der Stadtentwicklung und den Bedürfnissen der Anwohner abgewogen werden." Mit den im Raum stehenden Beträgen von bis zu 500 Millionen DM könnte nach Meinung von PRO BAHN ein "weiträumig betrachteter Westkorridor" erheblich attraktiver und leistungsfähiger als heute werden: Wenn jeder Verkehrsträger seinen Stärken entsprechend ausgebaut wird, könnte dies sogar mit einer gleichzeitigen Verbesserung des Stadtumfelds erreicht werden.

Schäfer hat aber den Eindruck, dass die Alternativen, die es auf der Schiene parallel zum für überlastet erklärten Frankenschnellweg gibt, aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendet werden:

Für den städtischen Nahverkehr steht natürlich an erster Stelle die U-Bahn, die zwischen Fürth und Plärrer noch längst nicht an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Zusätzliche U-Bahn-Wagen würden einen Bruchteil der zusätzlichen Spuren auf dem Frankenschnellweg kosten, die für die gleiche Anzahl von Personen in PKWs angelegt werden müssten. Durch die in Bau befindlichen Verlängerungen der U-Bahn in Fürth werden in den nächsten Jahren zudem immer mehr Menschen im direkten Einzugsbereich der Stationen wohnen.

Für den Regional- und Fernverkehr bestätigen unabhängige Fachleute, dass es auch auf der Bahnstrecke Nürnberg - Fürth noch Reserven gibt, obwohl dieses Herzstück des fränkischen Schienennetzes seit der Erbauung im letzten Jahrhundert zweigleisig geblieben ist. Wenn die Zulaufstrecken Bamberg - Erlangen - Fürth - Nürnberg und Neustadt/A. bzw. Markt Erlbach - Siegelsdorf - Fürth - Nürnberg mit mehr Zügen und dichteren Takten in ein umfassendes Konzept eingebunden werden, drohen nach Ansicht von PRO BAHN zwar längerfristig Probleme bei der Fahrplangestaltung. Diese können aber durch einen schrittweisen, an die Entwicklung der Nachfrage angepassten Ausbau der Gleis- und Signalanlagen zwischen Nürnberg und Fürth behoben werden.

"Wenn in vielleicht 10 Jahren durchgehend vier Gleise zwischen Nürnberg und Fürth befahrbar sind und der Güterverkehr östlich des Fürther Hauptbahnhofs mit Rampen eingefädelt wird, kann von Nürnberg nach Erlangen - Forchheim, Neustadt/Aisch und Markt Erlbach vertakteter Verkehr mit S-Bahn-Niveau angeboten werden." meint Schäfer. Wenn sich die Linien zwischen Nürnberg und Fürth zum 10-Minuten-Takt überlagern, können pro Stunde und Richtung etwa 5.000 Sitzplätze angeboten werden, hinzu kämen die Fern- und Regionalzüge aus dem weiteren Umland. Die Planungen der Deutschen Bahn AG, gleich bis Forchheim separate Gleise für die S-Bahn zu legen, hält Schäfer aus heutiger Sicht daher für
übertrieben: " Da müsste man schon die A 73 bei Erlangen sperren, um noch mehr Fahrgäste in die Züge zu bekommen."

(Über das "Herzstück des ÖPNV-Netzes im Ballungsraum Nürnberg" hat sich der PRO BAHN - Regionalverband Mittel- und Oberfranken in den letzten Monaten verstärkt Gedanken gemacht. Die vielfältigen Möglichkeiten, schrittweise die Attraktivität zusammen mit der Kapazität zu erhöhen, können Sie auf unserer Webseite finden.)

Das häufig gegen öffentliche Verkehrsmittel ins Feld geführte Argument, dass Ziele abseits der Bahnhöfe umständlich zu erreichen wären, lässt
Schäfer nur bedingt gelten: "Für einen gewissen Prozentteil der Start-Ziel-Verbindungen trifft das schon zu. Und für diese Leute sollte das gut ausgebaute Straßennetz in Nürnberg auch vorrangig vorgehalten werden. Aber oft wird das auch behauptet, ohne dass ein ernsthafter Versuch unternommen wurde, die Bahn- und Busverbindung zu überprüfen. Bei dem dichten Netz in Nürnberg und Fürth gibt es oft erstaunlich schnelle Anschlussverbindungen. Und bei vielen Verbindungen, in denen es zur Zeit noch hapert, kann mit überschaubarem Aufwand für Abhilfe gesorgt werden."

Schnell realisierbar sind bessere Anschlüsse, die sich bei steigender Nachfrage durch dichtere Takte ergeben. Etwas länger dauern neue Umsteigeanlagen, wie sie sich PRO BAHN z.B. an der Kreuzung der Bahnlinie Nürnberg - Fürth mit der Buslinie auf dem mittleren Ring in Neusündersbühl wünscht. Und langfristige Perspektiven für Qualitätssprünge im öffentlichen Nahverkehrsnetz bieten zum Beispiel der Ausbau der Nürnberger Straßenbahn (Verbindung von Thon nach Erlangen, durch den Celtistunnel zum Aufseßplatz und vom Luitpoldhain über das Dokumentationszentrum zum Dutzendteich), der Stadt-Umland-Bahn in Erlangen oder der Stadtbahn im Landkreis Fürth (mit "Vorlaufbetrieb" der Bibertbahn zwischen Nürnberg, Zirndorf und Leichendorf).

"Prinzipiell muss alles denkbar sein" fasst Schäfer die Meinung von PRO BAHN zusammen. Man wolle nicht dem bedingungslosen Ausbau des Straßennetzes einen vorbehaltlosen Ausbau der Schiene entgegen stellen. Wichtig sei viel mehr, schrittweise auf die Entwicklung des Aufkommens reagieren zu können. Und da schneidet die Bahn oft besser ab: "Neue Wege schaffen neuen Verkehr. Aber auf der Straße sorgt diese Zunahme für Überlastungen, Staus und Umweltbeeinträchtigungen. Beim Massenverkehrsmittel Bahn hingegen machen mehr Fahrgäste Verfeinerungen und Verflechtungen des Fahrplans möglich, die das Angebot noch attraktiver machen und so für noch mehr Fahrgäste sorgen. Eigentlich ist der Großraum Nürnberg als Kompetenzzentrum für Verkehr doch gezwungen, in diese positive Spirale einzusteigen."

Rückfragen bitte an Jörg Schäfer, Mausendorfer Weg 3, 91574 Neuendettelsau, Tel. (09874) 5801
v.i.S.d.P.: Jörg Schäfer