Pressemeldung vom 02.10.2000

PRO BAHN begrüßt den Ausbau zur Tourismusbahn

Bedauern aber über den fehlenden Mut zur umfassenden Schienenreaktivierung

"Mit gemischten Gefühlen" beobachtet der Fahrgastverband PRO BAHN die jüngste Entwicklung bezüglich der Reaktivierung der Bahnlinie Dombühl - Dinkelsbühl. Einerseits sei zu begrüßen, dass nach jahrelangem hin und her nun endlich Entscheidungen getroffen wurden und Taten folgen sollen. Die Einrichtung eines regelmäßigen Wochenendverkehrs zwischen Dinkelsbühl und Dombühl sei ein spürbarer Fortschritt für die Region, die Bevölkerung und das ortsansässige Tourismusgewerbe. Andererseits bedauert PRO BAHN, dass die Chance zu einem umfassenden Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs in Westmittelfranken mit der Schiene als Rückgrat nicht genutzt wurde. Die Erfolge moderner Angebotskonzepte andernorts beweisen, dass ein optimal abgestimmtes Bahn-Bus-Angebot auch in ländlichen Regionen erhebliche Fahrgastzuwächse mobilisieren kann.

Positiv festzuhalten ist laut Matthias Beß, dem Vorsitzenden des Regionalverbandes Mittel- und Oberfranken des Fahrgastverbandes, dass mit der Bahnlinie Dombühl - Dinkelsbühl erstmals im Freistaat Bayern eine Bahnstrecke für den regelmäßigen Personenverkehr reaktiviert wird. Auch wenn die Züge (zunächst) nur am Wochenende rollen sollen, setzt der Freistaat damit doch endlich ein vorsichtiges Signal "pro Bahn". Mit den in Aussicht gestellten Investitionen wird der Bestand der Strecke langfristig gesichert, durch die Kombination von Güter- und Tourismusverkehr reduzieren sich die anteiligen Betriebskosten, was einen rentablen Betrieb erleichtert. Längerfristig werden dadurch auch die Hürden gesenkt, die vor einer möglichen Ausweitung des Fahrplanangebotes stehen.

Der Erfolg des Wochenendverkehrs, den die Bayernbahn hoffentlich schon im Frühjahr 2001 aufnehmen kann, hängt nach Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden Jörg Schäfer wesentlich von der Unterstützung aller mit dem ÖPNV Beteiligten ab: Wichtig seien vor allem eine volle Integration in den Verkehrsverbund (z.B. die Gültigkeit eines Tagestickets für bis zu 6 Personen ab Nürnberg für 23,- DM) und in das Preissystem der Deutschen Bahn (Wochenendticket für 35,- DM) sowie eine attraktive Fahrplangestaltung. Letzteres setzt eine gute Anbindung an den Taktfahrplan auf der Hauptstrecke Nürnberg - Ansbach - Dombühl - Crailsheim voraus, zumindest teilweise ist auch eine Durchbindung der Züge von Dinkelsbühl bis Ansbach erforderlich. Unterstützung der Kommunen erwartet Schäfer vor allem hinsichtlich der Vermarktung des Angebotes, das die Bahn als wichtigen Bestandteil der Region in den Köpfen der Bevölkerung etablieren muss. Sie sollten auch bei der Anpassung des Busliniennetzes an Wochenenden mitwirken: Auf zeitgleiche parallele Fahrten kann verzichtet werden, die gesparten Buskilometer sollten in Anschlussbusse zu den Zügen in Feuchtwangen und Dinkelsbühl investiert werden. Damit können die Ausflügler aus dem Ballungsraum größere Gebiete der Region "erfahren" und noch mehr Gemeinden von den Impulsen profitieren, die die Reaktivierung der Bahn mit sich bringt.

Bedauerlich finden es die beiden Vertreter von PRO BAHN, dass die jüngste Entwicklung bei den Rohölpreisen die Entscheidung gegen die "Vollreaktivierung" offensichtlich nicht beeinflusst hat. Das "teure Benzin" und die daraus entstehenden Probleme beherrschen überall die Diskussionen, und dennoch wird diese schnell realisierbare Alternative nicht genutzt. Denn eine attraktive Zugverbindung von Dinkelsbühl und Feuchtwangen nach Ansbach und Nürnberg wäre für viele Pendler ein echter Anreiz, das Auto zumindest am Bahnhof in der Nähe des Wohnorts stehen zu lassen und den größeren Wegteil mit der Bahn zurückzulegen. Zahlreiche Erfahrungen bayern- und bundesweit belegen, dass Züge mehr Zuspruch finden als Busse. Beispielsweise gingen während einer baubedingten Sperre der Bahnlinie Nürnberg - Gräfenberg die Fahrgastzahlen trotz gleicher Fahrtenzahl und gleicher Fahrzeit der Busse um die Hälfte zurück. Grundsätzlich fordert PRO BAHN, dass nicht die Bahn gegen den Bus ausgespielt wird, sondern ein optimales Gesamtnetz aller Verkehrssysteme angeboten wird. Dies könnte bei dem "hochgespielten Problemfall Schopflocher Schüler" durchaus auch bedeuten, dass diese nicht zwangsweise mit dem Zug fahren müssten, sondern weiterhin mit dem Bus nach Feuchtwangen und Dinkelsbühl befördert werden. Angesichts des erfreulich großen Fahrgastpotentials hätte dieser "Ausfall" weniger Fahrgäste über kurze Strecken kaum Auswirkungen auf das Gesamtergebnis.

Bezüglich des Nachfragepotentials erinnert Beß daran, dass dieses mehrfach "abgeklopft" wurde und in allen Gutachten weit über 1.000 Fahrgäste an Wochentagen liegt. Der Verkehrsverbund VGN zieht in seinem Verbundbericht Ausgabe 1998 auf Seite 26 als Fazit: "Die Reaktivierung der Schienenstrecke Dombühl - Dinkelsbühl ist aus verkehrlicher Sicht sinnvoll. Die vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie genannte Mindestnachfrage an Fahrgästen wird im Untersuchungsraum mit über 1300 bzw. 1100 in den Planfällen A und B übertroffen." oder (auf Seite 25): "Am 02. Juni 1985 wurde auf der Strecke Dombühl - Nördlingen der Personenverkehr eingestellt. Angesichts der touristisch und wirtschaftlich bedeutenden Anrainer, Dinkelsbühl und Feuchtwangen, ein heute schwer verständlicher Schritt."

Leider, so Schäfer, sei Bayern offensichtlich beim Thema Bahn bundesweit nicht "in der Spitzengruppe dabei". In anderen Bundesländern (vor allem Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) wurden auch in ländlichen Regionen bereits erfolgreich zahlreiche Strecken reaktiviert. Die tatsächliche Nachfrage überstieg überall schon nach kurzer Zeit die Prognosen, was die Attraktivität der Schiene beweist. Angesichts der jüngsten Berichte über die durchlässigere "fränkische Grenze" zwischen Bayern und Baden-Württemberg wünscht sich PRO BAHN, dass auch die Erfahrungen bezüglich der Schienenreaktivierung baldmöglichst die Hürde nehmen: Die Bahnlinie Metzingen - Bad Urach wurde auch zunächst nur mit regelmäßigem Wochenendverkehr reaktiviert, der im letzten Jahr in einen äußerst erfolgreichen "Vollbetrieb" mündete.

Rückfragen bitte an Matthias Beß, Kiefernstraße 18, 91580 Wicklesgreuth, Tel. (09131) 815472
oder Jörg Schäfer, Mausendorfer Weg 3, 91574 Neuendettelsau, Tel. (09874) 5801
v.i.S.d.P.: Matthias Beß