Pressemeldung vom 14.06.2000

Unterlassene Instandhaltung der Schieneninfrastruktur nimmt existenzbedrohende Formen an

Deutsche Bahn kassiert Millionen und schleicht sich wie ein Dieb davon

Die von der Deutschen Bahn AG verfügte Sperrung der Bahnlinie Forchheim - Ebermannstadt aufgrund des maroden Gleiszustandes ist nach Ansicht des
Fahrgastverbandes PRO BAHN ein verkehrspolitisches Armutszeugnis und ein verheerendes Signal für die Attraktivität des Schienenverkehrs. PRO BAHN beklagt, dass die Strecke deutlich länger als die zunächst angekündigten drei Wochen nicht befahren werden kann. Doch eine Tatsache erzürnt den Fahrgastverband besonders: seit der Bahnreform hat die Deutsche Bahn AG über 6 Millionen DM an Einnahmen für die Benutzung dieser 15 km langen Bahnlinie erhalten, ohne auch nur einen Bruchteil davon in den Unterhalt zu reinvestieren. PRO BAHN glaubt, dass das in der Region vereinnahmte Geld statt dessen zur Stopfung der Milliardenlöcher bei den Neubauprojekten in Berlin und zwischen Köln und Frankfurt genutzt worden ist.

"Wären die von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft als Trassenpreise gezahlten Gelder wie gesetzlich vorgesehen zur laufenden Instandhaltung der Bahnlinie nach Ebermannstadt verwendet worden, müssten die Fahrgäste jetzt nicht mit dem Bus vorlieb nehmen", so Matthias Beß, Vorsitzender des PRO BAHN Regionalverbands Mittel- und Oberfranken. "Statt dessen macht die Verlängerung der Vollsperrung den jämmerlichen Zustand der Strecke und der DB Netz AG offensichtlich." Dabei wären die Schäden entlang der Strecke, die jetzt eine Vollsperrung erzwingen, bei regelmäßig durchgeführten Unterhaltungsarbeiten mit vergleichsweise geringen Investitionen vermeidbar gewesen.

Die Tatsache, dass Strecken wie die "Wiesenttalbahn" nach Ebermannstadt durch die Deutsche Bahn AG trotz Einnahmen in Millionenhöhe jahrelang bis zum technischen K.O. abgefahren werden, grenzt an ungerechtfertigte Bereicherung eines privaten Monopolisten zu Lasten der Fahrgäste und des Steuerzahlers in Bayern," so Thomas Schempf, stellvertretender Landesvorsitzender von PRO BAHN Bayern. Die Bahn stiehlt sich wie ein Dieb davon.

Besonders ärgerlich ist, dass die Bahnlinie während des schleichenden Verfalls viele treue Stammkunden verloren hat. Mit der Zahl der Schadstellen an der Strecke wuchs auch die Fahrzeit der Züge immer weiter an, zuletzt konnten nicht einmal mehr die eigentlich vorgesehenen Anschlüsse in Forchheim eingehalten werden. Der Teufelskreis schließt sich, wenn die Rückgänge bei den Fahrgastzahlen von den Bahnmanagern als Argument für die mangelnde Rentabilität der Bahnstrecke herangezogen werden. Äußerst verwundert zeigt sich Beß in diesem Zusammenhang auch darüber, dass Fahrgastzählungen nach Ebermannstadt zu Zeiten von Schulferien stattfinden oder dann, wenn Schienenersatzverkehr gefahren wird. Vergleichszählungen und Studien an anderen Orten haben eindeutig bewiesen, dass beim Ersatz von Zügen durch Busse die Zahl der Fahrgäste um rund die Hälfte zurückgeht.

PRO BAHN verlangt daher, dass die Strecke Forchheim - Ebermannstadt möglichst schnell saniert und wieder in Betrieb genommen wird. Mittelfristig müssen die gesamten 6 Millionen DM in die Strecke zurückfließen, wodurch auch neue Bahnsteige angelegt und die Höchstgeschwindigkeit abschnittsweise auf 80 km/h erhöht werden könnten. Durch Beachtung einfacher Notwendigkeiten wie gesicherter Anschlüsse in Forchheim Richtung Nürnberg und Bamberg sowie Aufrechterhaltung und Fortentwicklung des attraktiven Zugangebotes kann diese Linie zu einer der lukrativsten Zweigstrecken im gesamten Gebiet des Nürnberger Verkehrsverbundes werden.

"Andere Bundesländer haben schon vorgemacht, wie man Zweigstrecken wieder auf Vordermann bringt. Modernisierungsmaßnahmen und Reaktivierungen von Bahnlinien wurden zu riesigen Erfolgen, die Region identifiziert sich wieder mir "ihrer" Bahn - nur in Bayern traut man sich so etwas offenbar nicht zu", bedauert Matthias Beß. Er verweist auf vergleichbare, äußerst erfolgreiche Projekte wie die Ermstalbahn nach Bad Urach, die Bodensee-Oberschwaben-Bahn Aulendorf - Friedrichshafen und die Strecke von Alzey nach Kirchheimbolanden.

Rückfragen bitte an Matthias Beß, Kiefernstraße 18, 91580 Wicklesgreuth, Tel. (09131) 815472
oder an die Geschäftsstelle unter (089) 530031

v.i.S.d.P.: Matthias Beß