Pressemeldung vom 23.02.2000

PRO BAHN: Streckenstillegungen wären verheerend

PRO BAHN Regionalgruppe Oberpfälzer und Bayerischer Wald besorgt

Die laut Presseberichten von der Deutschen Bahn AG und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium angedachte Stilllegung der Bahnlinie Zwiesel - Grafenau ist nach Ansicht des Fahrgastverbandes PRO BAHN ein verkehrspolitisches Armutszeugnis und ein verheerendes Signal für die Nationalparkregion. "Der Nationalpark wird seinen Anschluss an das überregionale Schienennetz verlieren, was zu noch mehr Autoverkehr in der Region führen wird", so Wolfgang Kraus, Vorsitzender der PRO BAHN Regionalgruppe Oberpfälzer und Bayerischer Wald. "Besonders ärgerlich ist, wenn einerseits niedrige Fahrgastzahlen als Argument für die Stilllegung der Bahnstrecke herangezogen werden, andererseits aber hohe Fahrgastpotenziale ignoriert werden, gerade wenn es um die Modernisierung der Strecke von Zwiesel nach Grafenau geht." Wenn anstelle von Zügen nur noch Busse fahren, das haben Vergleichszählungen und Studien eindeutig bewiesen, wird der Anteil des öffentlichen Verkehrs noch weiter sinken.

PRO BAHN ist besonders darüber verärgert, dass niemand nach den Ursachen für die niedrige Inanspruchnahme frage. So fahren die Züge nach Grafenau nur etwa alle drei Stunden und das mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von gerade mal 38 km/h. Ferner müssen Umsteiger in Zwiesel mit bis zu 44 Minuten Übergangszeit rechnen. Für die Strecke von Plattling nach Grafenau entstehen so Fahrzeiten von über zweieinhalb Stunden - und das bei 90 Streckenkilometern und ca. 50 Kilometern Luftlinie.

PRO BAHN hat im übrigen starke Zweifel, dass die Netz AG der Deutschen Bahn der geeignete Partner ist, um Strecken wie die nach Grafenau zu unterhalten. Die Vergangenheit habe gezeigt, so der Fahrgastverband, dass die Netz AG nicht in der Lage und anscheinend auch nicht Willens ist, einen attraktiven Personenverkehr auf Zweigstrecken zu ermöglichen. Gerade bei der Bahnlinie nach Grafenau unterstellt der Fahrgastverband der Netz AG, dass sie über Jahre hinweg Trassenpreise - zuletzt von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft - kassiert hat, ohne auch nur Bruchteile davon in den Streckenunterhalt zu strecken. PRO BAHN hat errechnet, dass die vereinnahmten Trassenpreise alleine seit dem Jahr 1994 einen Betrag von über 7 Millionen DM ausmachen. "Die Strecke nach Grafenau ist über Jahrzehnte auf Verschleiß gefahren worden - und jetzt, da nichts mehr geht, weigert sich der Eigentümer, auch nur einen Euro zu investieren, um sie wieder in einen voll betriebsfähigen Zustand zu bringen, und stiehlt sich wie ein Dieb davon. Das grenzt an ungerechtfertigte Bereicherung eines privaten Monopolisten zu Lasten der Fahrgäste und des Steuerzahlers in Bayern," so Thomas Schempf, stellvertretender Landesvorsitzender von PRO BAHN Bayern.

PRO BAHN verlangt daher, der Strecke nach Grafenau erst einmal eine faire Chance zu geben, Fahrgäste mit einem "echten" vertakteten Angebot zu gewinnen. Als Grundangebot schwebt dem Fahrgastverband ein 2-Stunden-Grundtakt von 7 bis 21 Uhr vor, der zu bestimmten Tageszeiten einer erhöhten Nachfrage angepasst werden kann. Daneben bedarf es eines attraktiven Anschlusses im Bahnhof Zwiesel, der nach Vollendung der geplanten Ausweichstelle in Grafling ab dem Jahr 2001 ohnehin zur Verfügung steht. Umsteigen in Zwiesel kann sogar entfallen, wenn der aus Plattling kommende hintere Zugteil abgekoppelt wird und nach Grafenau weiter fährt - in der Gegenrichtung geht das genauso. Ferner ist die Strecke nach Grafenau so auszubauen, dass sich über eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 80 km/h die Fahrzeit von heute 49 Minuten erheblich verkürzen lässt. "Modernisierung und Reaktivierungen von Bahnlinien waren in anderen Bundesländern riesige Erfolge, nur in Bayern traut man sich so etwas offenbar nicht zu", bedauert Wolfgang Kraus. Er verweist auf erfolgreiche Projekte wie die Ermstalbahn nach Bad Urach, die Bodensee-Oberschwaben-Bahn Aulendorf - Friedrichshafen und die Strecke nach Kirchheimbolanden.

Rückfragen bitte an Wolfgang Kraus, Tel.: 09973/3165
v.i.S.d.P.: Wolfgang Kraus