Pressemeldung vom 07.03.2001

PRO BAHN legt die Tricks der Deutschen Bahn AG offen

Interregio kategorisch benachteiligt

Der Fahrgastverband PRO BAHN, Interessenvertretung der Fahrgäste von Bus und Bahn, bringt erneut den Erhalt des Ostbayern-Interregio (Linie 25) als Forderung an die Deutsche Bahn AG vor. Grund sind die Ergebnisse einer Recherche in den Fahrplänen der letzten Jahre: Der Interregio (IR) wurde durch falsche Maßnahmen im Fahrplan und in der EDV - womöglich mit vollem Wissen der Planer - in die roten Zahlen manövriert.

In einem Brief an die Verantwortlichen bei Bahn und Politik legt PRO BAHN die Fehler der Fahrplanabteilung detailliert dar: Verschiebungen von wenigen Minuten bei Abfahrt und Ankunft der Züge im Münchner Hauptbahnhof führten dazu, daß die direkten Interregio-Züge zwischen München und Hof von den computergestützten Fahrplanauskunftssystemen nicht mehr ausgegeben wurden. Da der Fahrkartenverkauf aber aus diesen Systemen erfolgt, wurden die Kunden über Nürnberg geschickt, weil die Umsteigeverbindung über Nürnberg wenige Minuten schneller war. "Die
Fahrgäste mußten dadurch umsteigen und auch noch sieben Mark Zuschlag für den Intercity von München nach Nürnberg bezahlen," so Matthias Beß, Vorsitzender von PRO BAHN Mittel- und Oberfranken. "Neue Kundschaft hat man so sicher nicht angelockt, zumal da die Züge zwischen den zwei Großstädten ohnehin oft voll besetzt und damit gar nicht mehr aufnahmefähig sind."

Diese Verhältnisse wurden zwar nur eine Fahrplanperiode lang (1998/99) aufrecht erhalten, jedoch konnten die verringerten Fahrgastzahlen vorzüglich dafür verwendet werden, die sinkende Nachfrage und die Unwirtschaftlichkeit des Ostbayern-Interregio zu "beweisen". Vor dem Hintergrund der damals durchgeführten Werbekampagne des bayerischen Verkehrsministeriums unter dem Motto "Ostbayern fährt Bahn", die speziell der Erhöhung der Nachfrage auf der betreffenden Achse dienen sollte, ein geradezu "todsicheres" Argument.

Besonders delikat wurde die Lage für Fahrgäste aus Oberfranken mit Fahrtziel München mit dem Fahrplanwechsel im Jahr 2000. Seitdem gibt es nur noch einzelne direkte Züge. Man könnte es zynisch eine "Entschädigung" nennen, daß der Fahrpreis Hof - München über Nürnberg zum gleichen Zeitpunkt von 93 DM auf 119 DM erhöht wurde, dem starren ICE-Preissystem sei dank. Der direkte Weg über Regensburg schlägt nach wie vor mit 86 DM zu buche, jedoch ist er abseits der IR-Züge zeitaufwendiger denn je.

PRO BAHN Mittel- und Oberfranken fordert für den bevorstehenden Fahrplanwechsel im Juni 2001 aufgrund der beschriebenen Fakten ein generelles Umsteuern in der Interregio-Frage. Die Ostbayern-Linie muß wieder einen Interregio im 2-Stunden-Takt erhalten. "Schon allein um die ICEs zwischen Nürnberg und München zu entlasten," sagt Beß. "Daß die Bahn den IR an die Wand fahren kann, hat sie zur Genüge bewiesen. Wir wollen jetzt sehen, daß auch das Gegenteil möglich ist." Als wichtigste Maßnahme betrachtet Beß die Neuausrichtung der elektronischen Fahrplanauskunft. "Für den Nutzer existiert ein Zug, der dort nicht angezeigt wird, schlicht und ergreifend nicht. Würde der Interregio auch
angegeben, wenn er einen nur geringen zeitlichen Nachteil bei weit geringerem Fahrpreis bietet, so wären Verluste im Bereich des IR sicher schnell vom Tisch."

Die nun von PRO BAHN aufgedeckten Sachverhalte im Fahrplanbereich sind im Prinzip jedermann zugänglich, nur vermutet man keine derart gravierenden Auswirkungen von kleinen Änderungen. Nun aber muß die Misere des Ostbayern-IR in ihren Wurzeln verstanden und die Probleme beseitigt werden. Beß: "Wenn die Deutsche Bahn AG einen funktionierenden Aufsichtsrat hat, dann darf die Zerschlagung der Interregio-Linien ab sofort kein Thema mehr sein."

Hintergrundinformation:

Daß die Deutsche Bahn AG den Interregio-Verkehr loswerden will, ist spätestens seit 1997 bekannt und beruht darauf, daß der Interregio ihrem eigenen wirtschaftlichen Risiko unterliegt. Die Bahn begann zunächst damit, Linien abzubauen, die entlang von Intercity-Linien lagen, um die Kundschaft in die (zuschlagpflichtigen) IC(E)-Züge zu bringen. Heute gibt die Bahn immer bekannt, sie wolle die IRs ja durch Regional-Expreßzüge (RE) ersetzen. Bei gleichem Fahrplanangebot und somit gleichem Aufwand würde ihr dies nämlich Zuschüsse vom Land (sog. Bestellerentgelte) in Millionenhöhe einbringen. Allein für den Abschnitt Regensburg - Hof müßte der Freistaat für einen 2-Stunden-Takt mit RE
über 13 Mio. DM im Jahr zuzahlen.

Rückfragen bitte an Matthias Beß, Kiefernstraße 18, 91580 Wicklesgreuth, Tel. (09131) 815472
v.i.S.d.P.: Matthias Beß