Pressemeldung vom 25.11.2001

Weichenstellungen für die Zukunft Nürnbergs

Nutzen von S 4 und U 3 voll ausreizen

In den nächsten Jahren stehen zwei Großprojekte an, die die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im Nürnberger Stadtgebiet entscheidend mitprägen werden: Die S 4 Nürnberg - Erlangen - Forchheim und die U 3 im Nordwesten und Südwesten der Stadt.

Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht in beiden Fällen sehr gute Möglichkeiten, wie die teilweise schon in Bau befindlichen Projekte einen erheblich größeren Nutzen bringen können:


S 4 im Abschnitt Nürnberg - Fürth: effektiver mit dem Haltepunkt Neusündersbühl

Die Pläne der Deutschen Bahn AG sehen für den viergleisigen Ausbau zwischen Nürnberg und Fürth eine "Sparlösung" vor: Ein neues Gleis nördlich des vorhandenen Gleispaars soll der S-Bahn von und nach Forchheim dienen, ein neues Gleis südlich dem Regionalverkehr Richtung Neustadt (A.). Das vorhandene (dann "mittlere") Gleispaar soll überwiegend dem Fernverkehr dienen, der nach Inbetriebnahme der Neubaustrecke Richtung München weiter zunehmen wird.

Der große Nachteil der zwei eingleisigen Strecken gegenüber einer zweigleisigen Strecke besteht darin, daß auf den eingleisigen Strecken die Züge beider Richtungen auf nur einem Gleis verkehren müssen.

"Dies hat sehr ungünstige Auswirkungen auf die mögliche Anzahl der Züge und auf die Anfälligkeit bei Verspätungen," erklärt Matthias Beß, Vorsitzender des Fahrgastverbandes PRO BAHN Mittel- und Oberfranken. So lassen sich auf zwei Gleisen ohne weiteres zwanzig Züge pro Stunde und Richtung befördern. Bei nur einem Gleis und einer vorgesehenen Fahrtzeit von Nürnberg bis Fürth von neun Minuten ist die Strecke bereits mit den geplanten drei S-Bahn-Zügen pro Stunde und Richtung voll belegt. Auch vermag man sich auszurechnen, was eine verspätete S-Bahn anrichten kann: Die Züge der Gegenrichtung werden sofort in Mitleidenschaft gezogen.

Eine konkrete Auswirkung auf die Stadt Nürnberg ist, daß der eingleisige Abschnitt möglichst schnell (d.h. in unter zehn Minuten) durchfahren werden muß, um den üblichen 20-Minuten-Takt nicht zu sprengen. Da jeder Halt Zeit kostet, kann die S-Bahn unter diesen Rahmenbedingungen maximal zwei Halte zwischen Nürnberg Hbf und Fürth Hbf bedienen. Folge: Der verkehrsgünstig gelegene und für den Ausbau zum Umsteigepunkt zwischen Stadtverkehr und S-Bahn ideale Bahnhof Neusündersbühl direkt an der Jansenbrücke kommt in den entsprechenden Planungen erst gar nicht mehr vor.

Zum Erhalt des Haltepunktes Neusündersbühl muß aber nicht, wie die Deutsche Bahn (DB) gerne behauptet, für viel Geld noch ein fünftes Gleis gelegt werden. "Es muß lediglich auf die bestmögliche Nutzung der vorgesehenen vier Gleise geachtet werden," sagt Beß. "Die Lösung ist der Betrieb der Regionalverkehrsgleise als ganz gewöhnliche zweigleisige Strecke." Bei vergleichbarem Investitionsaufwand würde damit eine erheblich höhere Leistungsfähigkeit der Strecke erreicht.

Daß die DB derzeit anderes plant, führt Beß darauf zurück, daß man dort das Dogma verfolgt, S-Bahn-Verkehr nicht mit anderen Zügen zu mischen. "Dabei scheint man zu übersehen, daß ein S-Bahn-Betrieb mit Verkehr und Gegenverkehr auf dem gleichen Gleis wesentlich größere Betriebsrisiken birgt als die bloße Mischung mit gewöhnlichen Regionalbahnen. Mag sein, daß es sich hier nur um Betreibsblindheit der DB handelt. Die Stadt Nürnberg sollte dieser aber nicht zum Opfer fallen."

U3 Nord: vom Maxfeld zur Bucher Str. / Nordring statt zum Klinikum Nord

Die U 3 ist derzeit bis zum künftigen Bahnhof Maxfeld in Bau. Zu den weiteren Zielen Friedrich-Ebert-Platz und Klinikum Nord sind noch keine Bauarbeiten erfolgt.

Durch einen Vorschlag des Arbeitskreises Attraktiver Nahverkehr (AAN) wird angeregt, daß die Zielrichtung der U 3 korrigiert werden sollte: Durch eine Umlenkung über den Nordbahnhof (zentrale Erschließung eines neuen Wohn- und Geschäftsviertels) und die Bucher Straße (Verknüpfung mit der Stadtbahn nach Erlangen) zur Düsseldorfer Straße (Erschließung vorhandener dichter Wohnbebauung) könnte ihr Nutzen wesentlich erhöht werden.

PRO BAHN schließt sich den Ausführungen des AAN im Ergebnis an und führt neben dem höheren Fahrgastnutzen Argumente der Kosten-Nutzen-Bilanz und der Betriebssicherheit an:

Wenn auf die neuen Gegebenheiten am Nordbahnhofgelände mit der Umplanung der U-Bahn-Linie 3 reagiert wird, kann dieses Entwicklungsgebiet relativ leicht mit einem hochwertigen ÖPNV-Angebot erschlossen werden. "Dies ist weitblickender, als durch die U 3 die bereits vorhandene Infrastruktur in der Pirckheimerstraße zu ersetzen und schon bald festzustellen, daß die U3 sowohl die Pirckheimerstraße und die nördliche Altstadt als auch das Nordbahnhofgelände nur unzureichend erschließt. Die zusätzlichen Maßnahmen zur Anbindung dieser Gebiete würden dann sehr viel teurer," sagt Werner Klingbiel, Sprecher der Kreisgruppe Nürnberg von PRO BAHN.

Eine Aufgabe der Straßenbahn in der Pirckheimerstraße hätte auch betriebliche Nachteile zur Folge: Die Strecke in der Landgrabenstraße würde als einzige Ost-West-Verbindung zwischen den Netzteilen zur Achillesferse des Straßenbahnsystems. Ein Unfall oder ein Schaden an der Oberleitung, in dessen Folge die Straßenbahn in der Landgrabenstraße blockiert wäre, könnte fast das gesamte Netz zum Zusammenbruch bringen.

Die konsequente Nutzung vorhandener Infrastruktur ist der große Pluspunkt des AAN-Vorschlags, wodurch die nötigen Investitionen minimiert werden und größtmöglicher Nutzen gestiftet wird. Klingbiel: "Dies entspricht voll unserer Philosophie von einem attraktiven und finanzierbaren städtischen Nahverkehr. Deshalb begrüßt PRO BAHN den Vorschlag des AAN und unterstützt seine Umsetzung."

Im Text nicht erklärte Abkürzungen: ÖPNV = Öffentlicher Personennahverkehr

Rückfragen bitte an Matthias Beß, Kiefernstraße 18, 91580 Wicklesgreuth, Tel. (09131) 815472
oder Werner Klingbiel, Tel. (0911) 5430996
v.i.S.d.P.: Matthias Beß