Pressemeldung vom 14.11.2002

"Das Chaos muß Folgen haben"

Wirtschaftliche Konsequenzen für die Deutsche Bahn AG gefordert

Fahrgastverband arbeitet die unhaltbaren Verhältnisse im Bahnverkehr zwischen Nürnberg und Ansbach während der Bauarbeiten vom 4. bis 14.10.2002 auf.

Die chaotischen Zustände im Bahnverkehr auf der Strecke Nürnberg - Ansbach in der ersten Oktoberhälfte nimmt der Fahrgastverband PRO BAHN zum Anlaß, Konsequenzen für die Deutsche Bahn AG (DB) zu fordern.

"Die Angebotsqualität war eine Zumutung für alle Fahrgäste," so Matthias Beß, Vorsitzender des PRO BAHN Regionalverbandes Mittel- und Oberfranken. "Es scheint gerade so, als ob die Bahn von ihren Bauarbeiten selbst überrascht worden wäre." Die Beschwerden bei der Bahn, den Zeitungen und beim Fahrgastverband PRO BAHN häuften sich und zeigten ein erschreckendes Ausmaß an Unregelmäßigkeiten und Unzulänglichkeiten. Betroffene berichteten von teilweise stundenlangen Irrfahrten bzw. Ausharren am Bahnsteig ohne jegliche Informationen.

Besonders kritisiert Beß, daß die Beeinträchtigungen weit über das Maß hinaus ging, das durch die Bauarbeiten erforderlich gewesen wäre. Ursachen dafür waren, daß
  • die Ersatzfahrpläne falsch berechnet waren,
  • durch den - in Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des neuen Stellwerks in Schweinau erst im Frühjahr 2002 erfolgten - Rückbau der Streckenkapazität der eingleisige Abschnitt unnötig lang wurde (Roßtal - Wicklesgreuth 17 km statt des eigentlichen Bauabschnitts Heilsbronn - Wicklesgreuth 7 km) und in Heilsbronn kein Ausweichgleis mehr zur Verfügung stand,
  • die Öffentlichkeit zu spät und in unzureichender Form informiert wurde. Zum Schluß mußten die Fahrgäste mehrere seitenlange Aushänge studieren, um zu erfahren, wann und wie eine Verbindung gedacht war. Der Realität entsprach das trotz allem aber nur selten,
  • die Anschlußverknüpfung zwischen den Zügen und den ersatzweise verkehrenden Bussen nicht sichergestellt wurde,
  • trotz mehrfacher Ankündigung kein zusätzliches Personal für die ausreichende Information der Fahrgäste sorgte,
  • es bei der DB so gut wie kein Krisenmanagement gab. Selbst auf dem Bahnsteig des Nürnberger Hauptbahnhofs konnte kein Mitarbeiter sagen, welcher der oft zwei oder drei bereitstehenden Züge sich als nächster Richtung Ansbach in Bewegung setzen würde.


"Die Deutsche Bahn AG wäre gut beraten, die ganzen Fehler nicht nur zuzugeben, sondern effektiv etwas dafür zu unternehmen, daß es in zukünftigen Fällen besser läuft," sagt Beß. Der entstandene Schaden für Fahrgäste und indirekt Betroffene läßt sich nicht beziffern, dürfte aber in die Millionen gehen (z.B. Ausfall von Arbeits- und Schulzeit, Geschäfts- und Freizeitaktivitäten). Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Fahrgäste den Aufwand scheuen, der erforderlich ist, um die Schäden gegenüber der DB geltend zu machen. Daß die DB dies schamlos ausnutzt, zeugt nach Ansicht von PRO BAHN nicht von einem tieferen Marktverständnis. "Lapidare Entschuldigungen nützen niemandem und machen auf Dauer die Glaubwürdigkeit der DB zunichte," so Beß.

Um die Entwicklung zu höherer Kundenfreundlichkeit zu unterstützen, ist es wichtig, daß das hausgemachte Chaos für die DB nicht ohne Folgen bleibt. PRO BAHN hat daher die Bayerische Eisenbahn-Gesellschaft (BEG) aufgefordert, zumindest für nachweislich nicht oder nicht planmäßig durchgeführte Zugleistungen Bestellerentgelte einzubehalten*. Eine Größenordnung von 200.000 Euro (etwa 40% dessen, was vom 4.10. bis 14.10.02 laut Vertrag eigentlich zu zahlen wäre) ist hierbei gerechtfertigt. Eine solche Maßnahme erscheint dem Fahrgastverband geeignet, um den betroffenen Fahrgästen zu vermitteln, daß die DB mit ihrem ungebührlichen Verhalten nicht ungestraft davonkommt. Der einzufordernde Betrag ist hoffentlich groß genug, damit die DB künftig von sich aus die Belange ihrer Kunden ernster nimmt und nicht mehr bedingungslos internen Abläufen unterordnet.

"Die Deutsche Bahn AG betont oft und gerne, daß sie ein Wirtschaftsunternehmen sei. Damit sie sich in dieser Position verbessern kann, müssen ihre Kunden sie wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen behandeln und bezahlte Leistungen auch einfordern," ist Beß überzeugt und fordert: "Die DB muß endlich mit den gängigen Marktmechanismen konfrontiert werden."

Anmerkung: Die BEG ist als Besteller des Schienennahverkehrs in Bayern direkter Vertragspartner der DB Regio.

Rückfragen bitte an Matthias Beß, Kiefernstraße 18, 91580 Wicklesgreuth, Tel. (09131) 815472
oder Jörg Schäfer, Mausendorfer Weg 3, 91574 Neuendettelsau, Tel. (09874) 5801
v.i.S.d.P.: Matthias Beß