50 Jahre S-Bahn München: PRO BAHN: Forderung nach durchgehendem Stundentakt nachts / Zukunftsweisendes Angebot statt alltäglicher Störungen

Medieninformation vom 25. April 2022

Der Fahrgastverband PRO BAHN gratuliert dem Großraum München zu 50 Jahren S-Bahn. Die S-Bahn ist und bleibt unverzichtbares Rückgrat des Verkehrs in Stadt und Region München. „Zum Geburtstag wünscht der Fahrgastverband PRO BAHN dem System S-Bahn und damit auch allen Fahrgästen, dass es wieder als zukunftsweisendes Angebot gedacht und geplant wird, statt der heutigen Mangelverwaltung und den alltäglichen Störungen, die die Fahrgäste frustrieren“, so Norbert Moy, oberbayerischer Vorsitzender des Fahrgastverbandes PRO BAHN. Die Versäumnisse des Infrastrukturausbaus auf den Außenstrecken müssen schnell aufgeholt werden, damit die S-Bahn zukünftig wieder eine attraktive Alternative zum Straßenverkehr wird. Dazu ist der Mut der Politik nötig, konsequent und flächendeckend zu investieren.

So wie die S-Bahn in den 1970er Jahren neue Standards beim Angebot gesetzt hat, so muss sie das auch jetzt wieder tun. Um sich den heutigen Erwartungen anzunähern, schlägt der Fahrgastverband PRO BAHN vor, die S-Bahn künftig nachts durchgehend zumindest im Stundentakt fahren zu lassen. Damit kann ein Standard erreicht werden, der heute innerstädtisch bei vielen Tramlinien üblich ist. PRO BAHN ist zuversichtlich, dass MVV und Landkreise bereit sind, auch die Anschlussbuslinien entsprechend anzupassen.

Das Wichtigste für die S-Bahn sind allerdings Maßnahmen, die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit wieder auf ein akzeptables Niveau heben. Die mangelnde Verlässlichkeit ist Hauptgrund für den schlechten Ruf der S-Bahn als Verkehrsmittel. Häufigkeit und Intensivität der S-Bahn-Störungen sind in den letzten Jahren für die Fahrgäste immer belastender geworden. „Es drängt sich schon die Frage auf, ob der Freistaat Bayern gewillt ist, gegenüber der Deutschen Bahn AG eine strikte Qualitätskontrolle durchzuführen. Bisher hat man oft den Eindruck, es ist egal, ob und wie die durch Steuergelder finanzierte Verkehrsleistungen umgesetzt werden“, so Norbert Moy.

Bei allen Außenstrecken sind zwei eigene S-Bahn-Gleise nötig. „Über mehr als zehn Jahre den Ausbau der S4 Richtung Fürstenfeldbruck mit einer Diskussion über einen Sparausbau zu verzögern, das spricht nicht für den politischen Willen, das S-Bahn-System für die Zukunft fit zu machen“ kritisiert der PRO BAHN-Sprecher das aktuelle Vorgehen des Freistaats Bayern als Aufgabenträger. Noch schlimmer ist die Situation bei der S1, bei der der Ausbau südlich von Neufahrn seit der Ablenkung mit dem Transrapid einfach nicht mehr auf der Agenda vorkommt. Doch nicht nur die Strecken, sondern auch die Stationen sind oftmals viel zu eng geplant und damit absehbar überlastet. Dies führt beispielsweise dazu, dass in Laim schon vor Baubeginn der neuen Bahnsteige die Zugänge breiter werden müssen. Sinnvoll wäre es, von vorneherein großzügig und mit Reserven für die Zukunft zu planen.

Auch die Siedlungsstruktur muss sich wieder vermehrt auf die S-Bahn und den Öffentlichen Verkehr ausrichten. Durch das starke Wachstum der letzten 50 Jahre sind die S-Bahn-Achsen selbst nicht mehr ausreichend. Ein gutes Busnetz und perspektivisch auch Stadtbahn-/Trambahn-Achsen können für eine sinnvolle Gliederung sorgen. Zusammen mit mehr Verlässlichkeit bei S-Bahn und Zubringerlinien kann so der positive Aspekt eines Lebens mit weniger Auto für die Menschen greifbar werden. Erst wenn S-Bahnhöfe, Ortszentren und andere wichtige Ziele bequem ohne Auto erreichbar sind, gibt es eine Chance, dass der Druck des Individualverkehrs nicht mehr ungebremst zunimmt.

Die Rolle der S-Bahn als wichtiges innermünchnerisches Verkehrsmittel muss von der Stadtpolitik anerkannt werden, und die Politik entsprechend handeln. „Die Stadt München muss endlich anfangen, ihre verkehrlichen Interessen auch bei der S-Bahn aktiv und erfolgreich zu vertreten, und auch ihre eigenen Planungen auf die S-Bahn abzustimmen anstelle Parallelplanungen durchzuführen“ fordert Norbert Moy. Ein Negativbeispiel ist sicherlich die verspätete Erschließung des Neubaugebiets Berduxstraße mit der S-Bahn, aber ebenso auch, dass die Trambahn-Westtangente die S7 nach Wolfratshausen und die Züge ins Oberland um wenige hundert Meter nicht erreichen wird.

Der Stammstreckentunnel der S-Bahn München wurde am 28. April 1972 offiziell eröffnet, das S-Bahn-System München wurde gleichzeitig mit dem MVV als Verkehrsverbund am 28. Mai 1972 in Betrieb genommen. Das Netz wurde danach konsequent ausgebaut, beispielsweise wurde die heutige S7 West 1981 in das S-Bahn-Netz eingebunden. Zudem wurden systematisch eigene S-Bahn-Gleise beispielsweise Richtung Grafing gebaut. Mit dem 520-Millionen-Mark-Programm ab 1998 wurden die Voraussetzungen für den 10-Minuten-Takt im Berufsverkehr auf den Linien S2, S3 und S8 geschaffen. Der Bau weiterer eigener S-Bahn-Gleise sowie der zweigleisige Ausbau von eingleisigen Strecken ist seit der Entscheidung für den Bau eines zweiten S-Bahn-Tunnels im Jahre 2001 nicht mehr erfolgt. Die neue Stammstrecke sollte damals in 12 bis 15 Jahren, also bis spätestens 2016 fertig werden. Stattdessen kommt sie nun frühestens Ende dieses Jahrzehnts, und vergrößert dadurch den Problemstau im Raum München immer mehr.

Verantwortlich: Andreas Barth

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