Zehn-Punkte-Sofortprogramm für Münchens Tram

Forderungen und Vorschläge des Fahrgastverbandes PRO BAHN

- April 2002 -

Die Trambahn kann auch in München ein attraktives Verkehrsmittel sein - Strecken wie die wiedereröffnete Tram 17 Nord durch die Arnulfstraße haben dies bewiesen. Der Ansturm war an dieser Stelle so stark, daß der ursprünglich vorgesehene 10-Minuten-Takt bei weitem nicht ausgereicht hat.

Doch andere Trambahnstrecken in München werden vernachlässigt. Hier sind SWM/MVG und Politik gefordert, auch diese Strecken so attraktiv zu machen, wie dies möglich ist.

In diesem Papier fordert der Fahrgastverband PRO BAHN zehn Maßnahmen zugunsten der Tram, die entweder sofort verwirklicht werden können oder bereits so lange beschlossen sind, daß ihre Verwirklichung schon lange überfällig ist.

Baldiger Baubeginn der beschlossenen Netzergänzungen

Der Münchner Norden braucht dringend die Querverbindung zwischen Bogenhausen und Schwabing (Nordtangente). Über 17.000 Fahrgäste pro Tag wurden für diese Strecke prognostiziert - so viele wie für den Flughafen-Transrapid. Die Tramstrecke verbessert allerdings das Betriebsergebnis der Stadtwerke um 0,9 Millionen Euro im Jahr, obwohl die Baukosten von den Stadtwerken/MVG bezahlt werden. Nicht nur die Nordtangente, auch die Westtangente in der Fürstenrieder Straße sowie die Strecke nach St. Emmeram sind schon lange überfällig.

Der Münchner Stadtrat hat diese Strecken am 13. März 1991 beschlossen. Es ist Verschwendung von Steuergeldern, daß diese Beschlüsse bisher nicht umgesetzt sind. Die Regierung von Oberbayern muß die Beschlüsse des demokratisch gewählten Münchner Stadtrates über die Ausgestaltung des Münchner ÖPNV-Angebotes akzeptieren. Die Stadtverwaltung muß alle Strecken entschlossen planen und die Realisierung vorantreiben.

Auch die "`Kasernentram"' (Linie 23) von der Münchner Freiheit zum Neubaugebiet an der Neusser Straße ist überfällig. Sie ist eigentlich Voraussetzung für die Erschließung der bereits teilweise fertiggestellten und bezogenen Bebauung an der Neusser Straße.

Der Stadtrat muß dafür sorgen, daß seine Beschlüsse gelten und auch ernst genommen werden.

Neue Wendemöglichkeiten

Die Münchner Tram leidet unter einem Mangel an Wende- und Abstellmöglichkeiten. Ein Vergleich mit der U-Bahn und ihren alle zwei bis drei Stationen vorhandenen Wendemöglichkeiten zeigt deutlich den Bedarf auf - wobei die U-Bahn zudem keinerlei Störungen durch den Straßenverkehr ausgesetzt ist.

So sind beispielsweise bei Störungen im Bereich der Sonnenstraße für die Linien 16 und 17 keine Wendemöglichkeiten im Bereich der Innenstadt vorhanden, bei deren Nutzung auch am Stachus (Karlsplatz) gehalten werden kann.

Die in Mode gekommenen Gleisdreiecke (statt den früheren Wendeschleifen) eignen sich zudem nicht für Fahrzeug-Pulks, wie sie gerade bei Störungen häufig vorkommen. Sie existieren in anderen Städten häufig nur als Relikte aus der Vergangenheit, während sie in München beispielsweise am Wettersteinplatz eine funktionierende Wendeschleife ersetzt haben.

Verbesserungen bei Linien mit hohem Fahrgastaufkommen

Die Trambahnen in der Barer Straße sind regelmäßig überfüllt. Für eine von den Fahrgästen derart gut angenommene Linie darf ein 5-Minuten-Takt kein Tabu sein. Auch im Abendverkehr sollte nicht nur auf dieser Strecke ein 10-Minuten-Takt realisiert werden. Eine vergleichsweise reiche Stadt wie München sollte nicht hinter einer Stadt wie Berlin zurückstehen, in der auf manchen Strecken bis Mitternacht ein 10-Minuten-Takt herrscht.

Ähnliches gilt für die Trambahn-Osttangente: während der Schulferien sind die Trambahnen im 10-Minuten-Takt vollkommen überlastet, gerade weil die Strecke zu attraktiven Ausflugszielen entlang der Isar und zu den Bavaria-Filmstudios führt. Auch hier ist ein 5-Minuten-Takt - so wie früher - sinnvoll.

Auch auf anderen aufkommensstarken Abschnitten sind Verbesserungen sinnvoll.

Attraktiver Takt entlang der Altstadt

Die Strecken Hauptbahnhof - Stachus - Sendlinger Tor - Isartor und Hauptbahnhof - Stachus - Maximiliansstraße - Max-II-Denkmal bedürfen dringend Verbesserungen. Als Standard sollte ein echter 5-Minuten-Takt tagsüber und ein echter 10-Minuten-Takt abends gelten. Dieser würde auf einigen Abschnitten durch weitere Linien wie durch die Tram 27 ergänzt. Nur damit wird auf dieser Strecke auch für kürzere Fahrten ein attraktives Angebot geboten - zugunsten der Bürger und Besucher Münchens.

Bessere Gestaltung zentraler Haltestellen

Die zentralen Haltestellen Hauptbahnhof, Stachus (Karlsplatz) und Sendlinger Tor entsprechen in ihrer Gestaltung nicht ihrer verkehrlichen Bedeutung.

Die vor einigen Jahren am Stachus neu installierten Wartehäuschen sind nur optisch ein Fortschritt gegenüber dem früheren Zustand. Sie bieten weder einen dem Fahrgastaufkommen adäquaten Wetterschutz, noch werden sie der Bedeutung dieser zentralen Haltestelle oder gar dem Anspruch an das Bild einer Stadt wie München in irgendeiner Form gerecht. Von Privatfirmen wird heute verlangt, daß sie an repräsentativen Plätzen ihr Äußeres dem Standort anpassen. Die Stadtwerke konnten sich hier aber nur zu einer Lösung durchringen, die auch in eine Plattenbausiedlung passen würde.

Darüber hinaus entstehen durch die Wartehäuschen Engstellen zum Gleiskörper hin, die insbesondere in der Hauptverkehrszeit, aber auch an Einkaufssamstagen behindern und gefährdend wirken.

Warum geht man an einer solchen Stelle nicht neue und repräsentative Wege? Wo sonst, wenn nicht hier, wäre eine Vollüberdachung des Haltestellenbereichs die angemessene Lösung? Die Stadt München kann nicht die Ausstattung von S"~Bahn-Stationen der Deutschen Bahn kritisieren, wenn sie selbst nicht in der Lage ist, einen dem Standort und den Fahrgästen gerecht werdenden Standard zu schaffen.

Zudem sind am Stachus die Haltestellen verstreut. Eine Zusammenfassung ist dringend notwendig.

Ähnliches gilt für die Trambahnknotenpunkte Sendlinger Tor und Hauptbahnhof.

Lücken im Südosten und Südwesten Münchens wieder schließen

Ideologisch motivierte Streckenstillegungen haben im Südosten und Südwesten Münchens große Löcher in das Netz geschlagen. So wäre der Wiederaufbau der Strecke vom Ostbahnhof nach Ramersdorf - wie beim Bau der U8 (jetzt: U2) versprochen - ebenso überfällig wie der Wiederaufbau einer Strecke zum Harras und die Wiederherstellung der ehemaligen Tram 17 Süd. An all diesen Stellen hat der Öffentliche Verkehr durch die sachlich unbegründete Einstellung von Trambahnstrecken Boden und Fahrgäste verloren. Es ist nun an der Zeit, diese Fehler zu beheben, und mit der Planung des Wiederaufbaus zu beginnen.

Priorität der Tram erhöhen

Der Tram muß Priorität in der Straße eingeräumt werden. Es darf nicht sein, daß ein einzelnes falsch parkendes Auto in der Rumfordstraße über hundert Fahrgäste blockieren kann. Diese Benachteiligung der Bürger, die Öffentliche Verkehrsmittel nutzen, muß beendet werden. Kritische Stellen im Netz, wie die Ecke Müller-/Rumfordstraße müssen schnellstens mit eindeutiger Priorität zugunsten des Öffentlichen Nahverkehrs umgebaut werden, wie sie nicht nur das Bayerische Nahverkehrsgesetz fordert. Die bisher durchgeführten baulichen Veränderungen haben zwar zu Verbesserungen geführt, diese reichen jedoch nicht aus. Die Stadtwerke/MVG müssen bei ihren Bemühungen durch politische Entscheidungen unterstützt werden.

Betrieb auch während Baustellen

In den letzten Jahren nimmt die Tendenz zu, bei Baustellen eher zu Lasten der Fahrgäste zu entscheiden und den Betrieb stillzulegen. Andere Städte wie Berlin machen vor, daß trotz Bauarbeiten der Betrieb weitergehen kann, beispielsweise durch den Einsatz sogenannter Kletterweichen und vorübergehende eingleisige Strecken. Dies ist deutlich fahrgastfreundlicher als wichtige Linien, wie im Jahr 2000 in der Bayerstraße, zu kappen.

Zudem muß versucht werden, die Behinderungen durch Baustellen so kurz wie möglich zu halten.

Ein positives Beispiel waren die Bauarbeiten in der Sonnenstraße, bei denen die Einschränkungen für die Fahrgäste relativ gering waren. Es ist zu hoffen, daß sich dieser positive Trend in der Pelkovenstraße während des U-Bahn-Baus fortsetzt. Es darf nicht sein, daß der Abschnitt Moosach - Westfriedhof mit all den negativen Folgen und unter Mehrkosten vorübergehend eingestellt wird, vielmehr muß eine Behelfsstrecke während der Bauarbeiten eingerichtet werden.

Dachauer Straße wieder direkt mit der U3/U6 verknüpfen

Von jeder Trambahnstrecke, die aufs Zentrum zuläuft, sollte jede U-Bahn-Strecke umsteigefrei erreicht werden. Dies gilt derzeit leider nicht für die Dachauer Straße. Gerade von dieser aufkommensstärksten Tramstrecke kann die aufkommensstärkste U-Bahn nicht erreicht werden. Hier ist eine Nachbesserung erforderlich.

Erhöhung des Gleismittenabstandes

Um längerfristig auch breitere Fahrzeuge einsetzen zu können, die für die Fahrgäste bequemer sind, muß der Abstand zwischen beiden Gleisen für 2,65 Meter breite Fahrzeuge (derzeit: 2,35 Meter) erweiter werden. Diese erhöhte Breite ist mittlerweile Standard.

Als erster Schritt muß bei allen Um- und Neubauten der Abstand beider Gleise erhöht werden, wenn dies ohne große Mehrkosten machbar ist. Der Umbau des Netzes kann so schrittweise erfolgen.

Gerade im Hinblick auf das diskutierte Stadtbahnsystem für den Großraum München (siehe auch im Internet unter http://www.stadtbahn-muenchen.de/) sollte jetzt mit dieser Verbesserung angefangen werden. Damit ließen sich Fahrzeugtypen, wie sie beispielsweise in Karlsruhe und Saarbrücken fahren, auch in München einsetzen. Der damit mögliche Verzicht auf die Entwicklung eines vollkommen neuen Stadtbahnfahrzeuges würde auch zu Kosteneinsparungen führen.