Freiham: Verkehrswende umsetzen statt Autogerechter Verkehrspolitik und Illusionen zu schüren

Medieninformation vom 9. Dezember 2022

Angesichts des Beschlusses des Bauausschusses zum Vorhaltebauwerk Freiham der U5 fordert der Fahrgastverband PRO BAHN von der Stadtpolitik, sich keine Illusionen mehr hinzugeben, sondern endlich Lösungen für die massiven Verkehrsprobleme in Freiham zu schaffen. „Ob die U-Bahn nun 10 oder 15 Jahre zu spät kommt, wird in Freiham nur noch wenig Unterschied machen. Wichtiger ist: eine gute ÖV-Anbindung schon jetzt schaffen, damit sie beim Einzug der Bürger zur Verfügung steht. Ebenso müssen die auch bei der Bürgerbeteiligung einhellig kritisierten Straßenbaupläne endlich im Sinne der Verkehrswende entschlackt werden. Die U-Bahn allein wird die Verkehrswende nicht erreichen, erst recht wenn man immer mehr neue breite Straßen baut. Will man sich durch den Fokus auf die teure U-Bahn davon freikaufen, endlich »wem gehört der öffentliche Raum« zu Gunsten der Bürger zu entscheiden?“ so Andreas Barth, Münchner Sprecher des Fahrgastverbandes PRO BAHN. Der Beschluss im Bauausschuss ist daher Teil des Problems und nicht der Lösung.

Werden die Probleme konsequent angepackt, ändert sich auch die Reihenfolge der Maßnahmen: entfällt die dritte Autobahnzufahrt, so kann die darunter geplante U-Bahn auch ohne voriges Vorhaltebauwerk gebaut werden. Das ermöglicht dann, die gesamte U-Bahn nach Freiham nach Durchfinanzierung im Mehrjahresinvestitionsprogramm (MIP) und nach Vorliegen der Bundesfinanzierung zu bauen, anstelle jetzt den Stadthaushalt zu belasten. Mit den freiwerdenden Mitteln kann dann sofort der Schnellbus X5 von Freiham zur Westendstraße eingerichtet werden – und nicht erst frühestens ab Ende 2024. Zudem muss die Stadt beim Freistaat Bayern drauf drängen, dass die S-Bahnen nach Freiham ganztägig im 10-Minuten-Takt fahren (Takt 10 bis 10), und zuverlässiger werden. Auch die Umsteigsituation an beiden S-Bahn-Stationen muss verbessert werden, und die illegale MIV-Durchfahrt an der Nordseite der Aubinger Allee abgestellt werden. Diese Maßnahmen sind zwar nicht perfekt, angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der Baudauer einer U-Bahn die wichtigsten noch sinnvoll ergreifbaren Maßnahmen.

„In Freiham wird sich zeigen, ob die neue Mobilitätsstrategie der Stadt auch das Papier wert ist, auf dem sie steht. Oder wird weiter im Sinne der autogerechten Stadt der 1960er gebaut, und mit einer viel zu späten und teuren U-Bahn schafft man sich dann lediglich die Illusion, man hätte ja auch genug für den ÖV und die Verkehrswende getan“ fasst Andreas Barth die Situation zusammen. Als weitere Negativ-Beispiele nennt er den vierstreifigen Autobahnzubringer direkt über dem zentralen Platz sowie an der Grundschule, der damit auch die sicheren Schulwege und »Vision Zero« (keine Verkehrstoten) gefährdet. Ebenso haben die Bürger bei den Bürgerbeteiligungen die neue Straße von Freiham nach Aubing im Norden klar kritisiert. „Hier auf die Bürger zu hören und die Straßenbaupläne aufzugeben ist weitaus wichtiger als nur auf die U-Bahn zu schielen“ so Andreas Barth weiter.

Unabhängig von der hier dargestellten Situation ist auch der Beschlussvorschlag an sich problematisch: So wird als wesentlicher Einsparungseffekt beim Vorhaltebauwerk die allgemeine Preiskostensteigerung angegeben, die jedoch auf alle Projekte zutrifft. Der zweite wesentliche Kostentreiber ist der Autobahnzubringer, dessen Notwendigkeit jedoch nicht diskutiert wird. Nicht hinterfragt wurde auch, wieso die U-Bahn unbedingt unter einem Neubau errichtet werden muss, anstelle den freien Platz wenige Meter weiter im Süden zu nutzen. Während bei anderen Strecken es intensive Diskussionen über die Notwendigkeit gibt, dass der Bund zahlt, wird das Thema hier nur am Rande gestreift und ein großes Risiko für den Münchner Steuerzahler geschaffen, am Ende alles alleine zahlen zu müssen. Ebenso besteht ohne Finanzierungskonzept ein hohes Risko für die Münchner Fahrgäste, dass wichtige Projekte wie U9 und der Tramausbau unter dem Bau dieser Strecke leiden. Dass der Beschluss nicht wie sonst üblich vom Mobilitätsreferat und SWM/MVG mitgezeichnet wurde oder zumindest eine Stellungnahme vorlag, ist bezeichnend und deutet auf einen unausgegorenen Schnellschuss hin. Erforderlich ist zudem, dass vor dem Bau des Vorhaltebauwerks die komplette Strecke ins MIP aufgenommen wird, die Finanzierung durch den Bund geklärt ist, sowie eine Baugenehmigung (Planfeststellungsbeschluss) vorliegt.

Aus gesamtstädtischer Sicht und mit der Leichtigkeit, mit der Kosten im hohen zweistelligen Millionenbereich ohne große gesamtstädtische Diskussion genehmigt wurden, ist für PRO BAHN ein klares Signal: für den ÖV steht trotz des Sparprogramms jederzeit ausreichend Geld zur Verfügung. Der Fahrgastverband PRO BAHN erwartet daher eine umfangreiche Fahrplanausweitung zum nächsten Fahrplanwechsel in ganz München, sowie eine beschleunigte Realisierung aller Maßnahmen im ÖPNV-Bauprogramm. „Alles andere würde auf einen massiven Priorisierungsfehler hinweisen“ so Andreas Barth abschließend.

Verantwortlich: Andreas Barth

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