Guter Öffentlicher Nahverkehr muss auch finanziert werden / Geldmangel bedroht das Angebot / Zum Leistungsprogramm 2023 der MVG in München

Medieninformation vom 25. April 2022

Der Fahrgastverband PRO BAHN kritisiert die im Leistungsprogramm 2023 der MVG dargestellten großflächigen Kürzungen. „Unterm Strich bedeutet das Leistungsprogramm: viel Gutes der letzten fünfzehn bis zwanzig Jahre ist akut bedroht“ so Norbert Moy, oberbayrischer Vorsitzender des bundesweiten Fahrgastverbandes PRO BAHN. Der Verband fordert die Stadt auf, durch ausreichende Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs ein gutes Angebot zu ermöglichen. „Diskussionen wie über 365-Euro-Tickets wirken letztlich als Nebelkerzen, wenn selbst das bisherige Angebot bedroht ist, und die dringend nötige Angebotsverbesserung in weite Ferne rückt” bewertet Norbert Moy die Situation.

Als Beispiele für geplante Streichungen nennt er die Streichung des Takt 10 bis 10 Uhr abends bei Tram und Metrobus, der Wegfall des 5-Minuten-Takts zwischen Olympia-Einkaufszentrum und Hauptbahnhof in den Sommer- und Weihnachtsferien, die Streichung des Taktverstärkers bei der U3/6 zwischen Harras und Münchner Freiheit, die Streichung der Entlastung der Tramlinien 18 und 19 durch die Linie 29 in der Landsberger Straße und in Laim, sowie die massive Ausdünnung der Tram 25 (früher: 15/25) in Harlaching. Dies trifft viele Fahrten mit vielen Fahrgästen. Gerade im Freizeitverkehr, also nachts und am Wochenende, ist die Nachfrage oftmals wieder ähnlich hoch wie vor Beginn der Pandemie, auch wenn die Einnahmesituation durch Wegfall beispielsweise von Tourismus und Großveranstaltungen das noch nicht widerspiegeln.

Dieses Streichprogramm macht es quasi nicht mehr möglich, die verkehrlichen Ziele der Stadt zu erreichen, so bewertet der Verband die Situation. Die Stadt hat sich vorgenommen, den ÖV-Anteil bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen (Ziel ÖV30). „Wie mit einem deutlich schlechteren Angebot die Bürger zum Umsteigen bewegt werden sollen, erschließt sich uns nicht, und wird auch nicht im Leistungsprogramm dargestellt“ so Norbert Moy weiter.

Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert die Münchner Stadtpolitik auf, der MVG den Rücken zu stärken und die Finanzierung eines guten Angebots sicherzustellen. „Wer locker eine Milliarde Euro für eine einzige U-Bahn-Strecke ausgibt – das sind pro Bürger etwa 670 Euro – muss auch in der Lage sein, beispielsweise 20 Euro pro Bürger in ein gutes Angebot zu investieren.“ fordert Norbert Moy von der städtischen Politik. Bereits im November 2021 hatte PRO BAHN deutlich gemacht, dass eine Bedingung für die U5 sein muss, dass die extrem hohen Kosten nicht mit Kürzungen im ÖV erkauft werden dürfen: »Wir wollen in den nächsten Jahren kein einziges Mal 'kein Geld' hören, wenn jetzt so mühelos eine Milliarde Euro ausgegeben werden kann« und »Denn alles andere würde bedeuten: das für die Verkehrswende nötige Geld wird mit der U5 vergraben und gefährdet die Zielerreichung der städtischen Ziele.«. Vorschläge wie ein 365-Euro-Ticket werden sich als populistisch und wirkungslos erweisen, wenn das Angebot zusammengestrichen und nicht konsequent ausgebaut wird, so der Verband.

Angesichts der MVG-Vorschläge stellt sich die Frage, ob das Münchner ÖV-Finanzierungsmodell noch das leisten kann, was politisch nötig und gefordert ist. Wenn die Stadt ihre klima- und verkehrpolitischen Ziele ernst meint, muss sie auch städtische Unternehmen wie die MVG in die Lage versetzen, für und nicht gegen diese Ziele zu arbeiten. Das Primat der Politik erfordert gegebenenfalls eine Neudefinition des Verhältnisses zwischen Kommunalpolitik und den Zielen kommunaler Unternehmen.

Dass die Fahrgasteinnahmen die Betriebskosten zu decken haben, ist ein Zerrbild, das die Verkehrswende behindert, und ist keinenfalls zwingend. Der Trend der letzten Jahrzehnte, den ÖV immer mehr von der Finanzierung durch die Fahrgäste abhängig zu machen, hat zu einer Schieflage bei der Wahrnehmung des Nutzens für die Allgemeinheit geführt. Ohne eine Trendumkehr in Richtung öffentlicher Finanzierung und mittelfristig die Schaffung neuer Finanzierungsinstrumente wird die Verkehrswende kaum gelingen.

Alle Vorschläge und Anmerkungen zu den MVG-Plänen sind in der Stellungnahme unter https://www.pro-bahn.de/muenchen/leistungsprogramm/mvg-2023.html enthalten.

Verantwortlich: Andreas Barth

Zur Übersichtsseite