Verabschiedet sich der Landkreis aus dem öffentlichen Nahverkehr? Kreisausschuß beschließt – Gemeinden sollen zahlen

Medieninformation vom 14. März 1999

der Landkreis München hat in der letzten Kreisausschußsitzung die
Finanzierung von Mehrleistungen im öffentlichen Verkehr in fast allen
Fällen abgelehnt. Darüber hinaus wurde die Finanzierung seit Jahren
bestehender Angebote auf die Gemeinden abgewälzt.

Teilweise lehnte der Ausschuß sowohl Vorschläge des MVV als auch der
Verkehrsreferenten aus dem Landkreis ab. So fanden weder Verbesserungen
beim Nachtbus im Hachinger Tal noch die Kostenübernahme der Fahrten der
Linie 220 zur U-Bahn – immerhin die drittstärksten Landkreislinie – Gnade bei den Ausschußmitgliedern. Auch das
Busanpassungsnetz zur neuen U-Bahn in Riem wurde nur mit Abstrichen und
nur bei Finanzierung durch die Gemeinden beschlossen. In Garching
und im Würmtal stellte man insbesondere Spätfahrten zur Disposition. Außerdem wurde innerhalb weniger Minuten die jahrelang gültige Regelung geändert, nach der die Buslinie 261 vom Landkreis gezahlt wird. Die Gemeinde Neuried soll nun die Hälfte der Kosten übernehmen. Direkte Folge dieser Entscheidung könnte nun das Scheitern des seit 2 Jahren erfolgreich betriebenen Würmtal-Buskonzeptes sein.

Gegen eine vom CSU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag Weidenbusch angeführte Ablehnungsfront aus CSU und Freien Wählern konnten sich weder die
Fachleute vom MVV noch die Verkehrsreferenten oder Ausschußmitglieder
anderer Parteien durchsetzen.

"Wir müssen als Vertreter der Fahrgastinteressen die sich hier
abzeichnende Entwicklung schärfstens verurteilen", sagte Andreas Barth, Sprecher von PRO BAHN München, der bei der Kreisausschußsitzung anwesend war. Der Fahrgastverband hatte erst Anfang Februar in einem Brief an
Landrat Janik aufgezeigt, wie die Attraktivität der Regionalbusse
gesteigert werden kann. In dem Brief wurde auch vorgeschlagen, die
Finanzierung der Regionalbusse auf eine andere Basis zu stellen. Ziel sei
es, "die Diskussion zu versachlichen", so Barth und "langfristige Planungen zu ermöglichen anstelle des Dilettantismus, der im Kreisausschuß und an den Tagen zuvor zu beobachten war".

"Zur Zeit gibt es nur zwei Möglichkeiten: der Landkreis finanziert die
Busse oder einzelne Linien werden durch die Gemeinden finanziert",
schildert Barth das Problem. Im ersten Fall gibt es meist Streit, weil
über die Kreisumlage alle Gemeinden betroffen sind, im zweiten Fall muß
die Finanzierung jeder Buslinie einzeln diskutiert werden.

"Der Landkreis München blamiert sich mit seiner ablehnenden Haltung zum Öffentlichen Verkehr", befürchtet der PRO BAHN-Vertreter. "Gerade in einer so wirtschaftlich starken Region wirken die Kostenargumente vorgeschoben", so Barth weiter. "Wenn man Herrn Weidenbusch von der CSU zuhört, meint man in einem bäuerlich strukturierten, dünn besiedelten Entwicklungsgebiet zu sein, anstatt in einem nach wie vor boomenden Ballungsraum", faßte der
Fahrgastsprecher seine Eindrücke zusammen.

Aus Sicht von PRO BAHN ist ein schlagkräftiges Busangebot unabdingbar für
die Entwicklung des Landkreises. Andernfalls werde das weiter ansteigende
Verkehrswachstum allein dem Auto überlassen – mit den auf den Straßen des
Landkreises alltäglich sichtbaren Folgen. "Die Bürger der Ostgemeinden
müssen mit dem Bus zur U-Bahn fahren können – auch am Wochenende und auch außerhalb der Messezeiten", so
Barth. Und weiter: "Es geht nicht an, daß der Landkreis die Finanzierung
von überörtlichen Buslinien den Gemeinden zuweist."

Grundforderung von PRO BAHN ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung des Öffentlichen Verkehrs. Dazu gehöre auch die möglichst
schnelle Realisierung zukunftsträchtiger Ideen wie die einer Buslinie von
Oberschleißheim nach Dachau. "Die Beschränkung auf Straßenbau und auf
öffentlichkeitswirksame Einzelmaßnahmen wie die Garchinger U-Bahn wird
insgesamt viel höhere Kosten verursachen als ein vernünftiges Busnetz",
stellte Barth abschließend fest.

Verantwortlich: Andreas Barth

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