MVV-Tarifreform: Der Berg kreist - heraus kommt ein Mäuschen
Medieninformation vom 16. September 1997
"der sogenannte "neue" 4x4-Tarif ist nicht viel
mehr als eine Fortschreibung des bisherigen schlechten
Zustandes" warnt Andreas Barth, Münchner Sprecher des
bundesweiten Fahrgastverbandes PRO BAHN. Einzig positive
Veränderung sei die Möglichkeit, Zeitkarten zu
übertragen. Die Übersichtlichkeit des Tarifes werde
dagegen kaum verbessert, denn "ein Nahverkehrstarif
muß so einfach sein, daß ihn auch der
Gelegenheitsfahrgast versteht." so der Sprecher.
Darüber hinaus setze auch der neue der Tarif die Kunden des
MVV sachlich nicht nötigen Ungerechtigkeiten aus. Mehrere
Jahre lang wurden Wünsche nach kleinsten Verbesserungen
regelmäßig mit dem Hinweis auf eine große
Tarifreform vertröstet, die dann auch stets verschoben
wurde. "Aus der Reform wurde noch nicht mal ein
Reförmchen" kritisiert Andreas Barth nun.
PRO BAHN sieht insbesondere folgende Mindestanforderungen durch
den 4x4-Vorschlag nicht erfüllt:
- Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit ist eine
Reduzierung der Preisstufen im Bartarif notwendig.
- Alle Wochen- und Monatskarten - auch die Grüne Karte -
sollten nicht mehr an Kalenderwoche oder Kalendermonat gebunden
sein. Wer zum Beispiel von einer Reise an einem Dienstag
zurückkehrt, muß auch für den Zeitraum von
Dienstag bis Montag eine Wochenkarte erstehen können.
- Tarifsprünge von 100 Prozent oder mehr dürfen in einem
Tarif für öffentliche Verkehrsmittel nicht vorkommen.
Tarifgrenzen dürfen nicht zu so starken Barrieren werden,
daß sie das Verkehrsverhalten maßgeblich
beeinflussen. Die psychologische Wirkung solcher Regelungen wirkt
sich negativ auf das Gesamtbild des öffentlichen Verkehrs
aus.
- Der Kurzstreckentarif muß in sich logischer werden. Es
darf nicht sein, daß der Fahrpreis unterschiedlich ist,
wenn eine Linie zu verschiedenen Zeiten verschiedene Wege
fährt. Es darf ebenfalls nicht sein, daß für eine
bestimmte Strecke auf dem Hinweg ein anderer Preis zu bezahlen
ist als auf dem Rückweg.
- Die Einteilung der Tarifzonen muß in vielen Bereichen
korrigiert werden. Sie sollte sich stärker an
tatsächlichen Verkehrsbedürfnissen und
Siedlungsstrukturen orientieren. Sinnvolle Linienführungen
dürfen nicht durch Tarifgrenzen behindert werden.
- Eine zumindest teilweise Anerkennung der Bahncard in
Verbundverkehrsmitteln ist sinnvoll und notwendig. Dadurch werden
Nahverkehr und Fernverkehr stärker miteinander verzahnt. Das
Fahren von Tür zu Tür muß auch mit
öffentlichen Verkehrsmitteln einfach möglich sein.
Besitzer der Bahncard dürfen nicht dadurch bestraft werden,
daß die Deutsche Bahn bestimmte Leistungen innerhalb von
Verkehrsverbünden erbringt.
- Zusammen mit der Deutschen Bahn AG sind geeignete
Maßnahmen zu ergreifen, um Tarifsprünge an der
MVV-Außengrenze abzumildern. Viele Fernpendler fahren trotz
guter Anbindung durch den regionalen Schienenverkehr aus
finanziellen Gründen mit dem PKW zu einer S-Bahn-Station im
MVV-Gebiet. Dadurch werden Ortschaften am Rand des MVV-Gebiets
unnötig mit Autoverkehr belastet.
"Die Chance zu einer sinnvollen Neuordnung des MVV-Tarifes
wurde vertan" fürchtet der Sprecher. "An vielen
Stellen des Verbundgebietes werden die Bürger dadurch auch
zukünftig - an einigen Stellen sogar verstärkt - von
einer stärkeren Nutzung des öffentlichen Verkehrs
abgeschreckt", warnt Andreas Barth, denn "trotz eines
guten MVV-Leistungsangebots werden zahlreiche Wege mit dem PKW
zurückgelegt".
Verantwortlich: Andreas Barth
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