Die U-Bahn fährt am Wochenende ins Leere

Medieninformation vom 28. Oktober 1995

Die U-Bahn ist mit dem Busnetz hervorragend an die umliegenden Gemeinden angebunden - so macht einen der Linienplan glauben. Doch der Schein trügt, betrachtet man die Fahrpläne, so entfallen gerade abends und am Wochenende wichtige Verbindungen.

Einen "Schildbürgerstreich der besonderen Art" stellt nach den Worten von Klaus Steinberger, Sprecher des bundesweiten Fahrgastverbandes PRO BAHN, die Linie 293 dar, die von München-Studentenstadt nach Garching-Hochbrück fährt: Da Stadt und Landkreis München sich nicht einigen konnten, ob der Bus abends und am Wochenende im 30- oder 40-Minuten-Takt fahren soll, fährt er nun im Stadtgebiet alle 30 Minuten, im Kreisgebiet alle 40. Damit ist die durchgehende Verbindung unterbrochen, die Haltestelle Fröttmaning-Auensiedlung gar nicht angebunden. "Im Gegensatz zum Liniennetz ist es dem MVV nicht gelungen, die verschiedenen Interessen der Besteller bei der Fahrplanerstellung zu koordinieren." fügt der Fahrgastvertreter hinzu.

Auch bei anderen Buslinien kann man sehen, daß trotz eines guten Liniennetzes noch genügend Möglichkeiten verbleiben, Fehler zu machen. So verbindet die Linie 219 die Orte Unterschleißheim, Garching und Ismaning, die eine gemeinsame Volkshochschule betreiben. Doch abends und am Wochenende, wo sie das Kursangebot in den jeweils anderen Orten auch ohne Auto erreichbar machen könnte, fährt sie lediglich zwischen Garching-Hochbrück und Unterschleißheim, die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel müssen den Umweg über den Münchner Marienplatz in Kauf nehmen. Zudem besteht nur zu jeder zweiten U-Bahn ein Anschluß, da die Hälfte der Fahrten bereits in Unterschleißheim wendet und dort 24 Minuten auf die Fahrt in Gegenrichtung wartet - währenddessen könnte der Bus auch die U-Bahn erreichen.

Auch an anderen Punkten werden Fahrgäste von einer Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel abgeschreckt. So sind beispielsweise die im Landkreis Freising liegenden Orte Eching und Neufahrn und der im Landkreis München liegende Ort Oberschleißheim abends und am Wochenende nicht an die U-Bahn angebunden. Auch die Forschungseinrichtungen können Samstag abend gar nicht und am Sonntag kaum mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Zu den wesentlichen Zeiten gibt es keine Verbindung zwischen den im Landkreis Freising liegenden Gemeinden und den Forschungseinrichtungen. Die letzten U-Bahnen in der Nacht, die gerade für die Jugendlichen nach Veranstaltungen interessant wären, fahren nicht bis nach Garching-Hochbrück, die letzten durchfahrenden haben keinen Busanschluß.

"Obwohl dieses Busnetz an vielen Stellen eine deutliche Verbesserung darstellt, wenn man es mit dem Zustand davor vergleicht, sind dennoch die Leute, die auch außerhalb der Einkaufszeiten öffentliche Verkehrsmittel nutzen wollen, enttäuscht worden.", so faßt Klaus Steinberger die Kritik der Fahrgäste zusammen. Wenn die öffentlichen Verkehrsmittel tatsächlich als ernsthafter Alternative zum Autoverkehrs von der Bevölkerung akzeptiert werden sollen, so müssen sie auch immer dann fahren, wenn sie benötigt werden, und nicht nur, wenn überfüllte Busse garantiert scheinen. Nur mit einem ausreichenden Grundangebot kann der öffentliche Verkehr attraktiver werden.

Verantwortlich: Andreas Barth

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