Perspektive 2010 - Münchner Stadtverkehr mit Zukunft

Vorwärts oder Rückwärts?

Diese Broschüre ist in Teilen auch eine kritische Abrechnung mit der Münchner Verkehrspolitik der Vergangenheit und Gegenwart. "Warum so kritisch?", werden einige Leser fragen, "In München wird im Vergleich zu anderen Städten immer noch einiges für die Öffentlichen Verkehrsmittel getan."

Es ist sicher richtig, daß viele Städte weniger Geld als München in den Öffentlichen Verkehr investieren. Man sollte dies aber in Relation zu den Investitionen in anderen Bereichen und auch der allgemeinen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stellen. München ist im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten immer noch eine reiche Stadt, und die Region München ist wirtschaftlich deutlich leistungsfähiger als die meisten anderen Regionen.

Das reine Verwalten des Erreichten - so gut es auch einmal war - ist bereits der erste Schritt rückwärts. Solange die Mobilität insgesamt weiter anwächst, kann man beim Öffentlichen Verkehr gar nicht genug tun, um mit dem Individualverkehr einigermaßen Schritt zu halten.

Wenn man die Tatsache würdigt, daß auch Städte mit viel schlechterer finanzieller Situation nach wie vor in den Öffentlichen Verkehr investieren, schneidet München nicht mehr so gut ab. Insbesondere ist es nicht gelungen, die Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs gegenüber der Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen deutlich besser zu stellen. Das mag zum Teil - beispielsweise bei den Tunnels am Mittleren Ring - am politischen Umfeld im Freistaat Bayern liegen. Hier herrscht das Motto vor, daß nur in den Öffentlichen Verkehr investiert werden darf, wenn auch etwas für die Straße getan wird.

Aber auch die Kommunalpolitik vertritt den Öffentlichen Verkehr nicht so energisch, wie es in der heutigen Zeit angebracht wäre. Ein Beispiel sind die Verschlechterungen, die in den letzten Jahren unter anderem beim U-Bahn-Fahrplan vorgenommen wurden.

Politik und Verwaltung lassen Chancen ungenutzt verstreichen, weil man wegen Finanzierungsvorbehalt Projekte "zurückstellt". Bei der Messeanbindung wurde eine Lösung gewählt, die die Gesamtstruktur des Öffentlichen Verkehrs in München schwächt. Der S-Bahn-Südring wird zwischen den Verantwortlichen - Stadt München, Freistaat Bayern, Deutsche Bahn AG - zerredet. Für die innovativen Stadtbahnkonzepte werden Gremien gegründet, die sich nicht öffentlich verantworten müssen und sich daher gut eignen, die Projekte nach viel Gerede und einigen teuren Studien einschlafen zu lassen oder so zu beschneiden, daß eine Gesamtwirkung nicht realisiert werden kann.

Diese kritischen Anmerkungen werden sicher manchem Leser einseitig und nörglerisch erscheinen. Aber - einmal davon abgesehen, daß ein Fahrgastverband sich durchaus einseitig zugunsten der Fahrgäste äußern kann und muß - ist in der Politik häufig zu beobachten, daß man sich gegenseitig lobt, wenn überhaupt irgendetwas geschieht. Auch wenn man die positiven Elemente der Münchner Verkehrspolitik würdigt - die Osttangente sei hier nur als ein Beispiel genannt - soll diese Broschüre nicht zuletzt ein Gegenwicht sein zur allgemeinen Tendenz, sich daran zu messen, daß es noch schlechter sein könnte. In Wirklichkeit könnte es noch viel besser sein! Das ist eine Hauptaussage dieser Broschüre. Aufbauend auf dieser Grundeinstellung werden Konzepte und Projekte vorgestellt, die so ineinander verzahnt sind, daß sie gemeinsam ein geschlossenes Bild eines Öffentlichen Verkehrs im Jahre 2010 bilden.

Daß die hier gemachten Vorschläge alle eins zu eins bis zum Jahre 2010 umgesetzt werden, ist bei realistischer Betrachtung und aufgrund des gegenwärtigen politischen Umfelds nicht zu erwarten. Man sollte diese Sammlung von Vorschlägen aber auf jeden Fall als Modell für einen zukünftigen Öffentlichen Verkehr in München begreifen. Solange man gewisse Abhängigkeiten beachtet und bestimmte Schlüsselelemente in eine Realisierung einschließt, wird auch die Umsetzung von Teilen einen Gewinn für die Gesamtsituation bringen. Wichtigster Appell ist: Man muß jetzt anfangen, die Konzepte umzusetzen. Was beschlossen wurde, sollte realisiert werden. Was beschlußreif ist, muß beschlossen werden. Planungen müssen vorangetrieben werden. Bei den Konzepten, die noch der Diskussion bedürfen, muß die öffentliche Diskussion jetzt beginnen.

Intelligente Investitionen in den Öffentlichen Verkehr zahlen sich in vielen Bereichen aus. Als Beispiele seien genannt:

Demgegenüber stehen beim Individualverkehr außer den direkten Kosten auch Auswirkungen wie Flächenverbrauch, Umweltschäden, Unfallfolgen, Gesundheitsbelastung durch Abgase, Schädigungen im Stadtbild und im Wohnumfeld. Wenn man die daraus resultierenden Folgekosten, die beim Öffentlichen Verkehr alle in einem viel geringeren Ausmaß entstehen, in eine Bewertung mit einbezieht, erkennt man schnell, daß der Nutzen des Öffentlichen Verkehrs seine Kosten bei weitem übersteigt.

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