MVG-Leistungsprogramm 2024/25

Stellungnahme Fahrgastverband PRO BAHN, März 2024

Die nachfolgende Stellungnahme ist auch als pdf-Datei erhältlich.

Rahmenbedingungen und Ausgangssitation

Der Vorlage ist deutlich anzumerken, dass derzeit magere Zeiten für kommunale Haushalte sind, und jetzt das Geld fehlt, das in guten Zeiten großzügig für Maßnahmen mit relativ geringem Nutzen ausgegeben wurde. Um die städtischen Ziele der Verkehrswende zu erreichen, und auch, um die Voraussetzungen für eine klimaresiliente und inklusive Stadt zu schaffen, muss die Stadt an ihrem Ziel festhalten, den ÖV-Anteil auf 30 Prozent zu erhöhen (ÖV30). Ein Verschieben der überfälligen Maßnahmen in eine unbestimmte Zukunft hilft nicht weiter.

Die Stadt war auf einem realistischen Weg, um ihre Ziele zu erreichen, wenn auch später als vorgenommen. Diesen Weg muss die Stadt fortsetzen und dazu die notwendigen Maßnahmen ergreifen und Voraussetzungen schaffen.

Gleichzeitig wächst die Stadt weiterhin. Alleine für das Bevölkerungswachstum ist eine entsprechende Angebotsausweitung nötig. Da hierfür auch bisher schlechter erschlossene Bereiche dicht besiedelt werden, ist oftmals eine überproportionale Angebotsausweitung nötig.

Aufgrund der aktuellen Finanzierung und Priorisierung sind jedoch kaum noch Angebotsverbesserungen möglich. Diese fokussieren sich daher auf wenige Stellen, verbunden mit Einschnitten an anderer Stelle zur Finanzierung dieser. Davon ausgenommen ist der großzügige U-Bahn-Nachtverkehr am Wochenende.

Die Stadt muss daher die Rahmenbedingungen verbessern. Effektive Maßnahmen wie der Tramausbau müssen priorisiert werden. Dieser wirkt auch dem Fahrermangel entgegen, da ein Fahrer so kosteneffizient deutlich mehr Fahrgäste transportieren kann. Die Finanzierung weniger effizienter oder gar kontraproduktiver Projekte wie des BMW-Tunnel sind hingegen sofort zu beenden, und das Geld zielgerichtet für ÖV-Ausbau zu verwenden. Auch die Entscheidung, die U-Bahn nach Pasing auch ohne gesicherte Bundeszuschüsse zu bauen, schränkt wie vorhergesagt jetzt den Handlungsspielraum stark ein.

Nicht nur eine ausreichend Finanzierung ist geboten, sondern auch die dringend nötige Umverteilung von Flächen und die Priorisierung des Öffentlichen Nahverkehrs. Die Stadt hat sich selbst vorgenommen (20-26 / V 03507 vom 15.6.2021): »In einem integrierten Angebot ragt der Öffentliche Verkehr in seiner Bedeutung heraus und stellt das weiter zu stärkende Rückgrat des Verkehrs aus heutiger und auch zukünftiger Sicht dar. Er ist aufgrund seiner herausragenden Flächeneffizienz und Leistungsfähigkeit in hochverdichteten urbanen Räumen der Nukleus jeden multimodalen, urbanen Angebots und erhält in ergänzter Form als Umweltverbund […] die höchste Priorität.«. Diese Vorgabe muss umgesetzt werden.

Die Aussage, die »Ziele zur Verkehrswende … werden langfristig weiterverfolgt«, ist viel zu defensiv angesichts der Notwendigkeit. Das Ziel von 30 Prozent Verkehrsanteil des Öffentlichen Nahverkehrs ist uneingeschränkt aufrechtzuhalten.

Um die städtischen Ziele erreichen zu können, sind konsequent Verbesserungen nötig. Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des Oberflächen-ÖVs werden verbessert, indem Störungen durch den MIV unterbunden werden, insbesondere durch Einrichtung von ÖV-Spuren und bessere Ampelschaltungen (Stichwort: ÖV-Beschleunigung). Dies führt auch zugleich zu Kosteneinsparungen, da so weniger Fahrzeuge für das gleiche Angebot benötigt werden. Diese sinnvollen Maßnahmen sind nicht im Leistungsprogramm zu finden.

Erreichbarkeit der Innenstadt

Wir lehnen strikt ab, auch noch den Bus 132 aus dem Bereich des Marienplatzes rauszuwerfen. Dass der Metrobus 52 nicht mehr bis zum Marienplatz kommt, hat bereits spürbare Schäden angerichtet und die Fahrgastzahlen reduziert.

Zusätzliches Umsteigen ist grundsätzlich für Fahrgäste nicht attraktiv. Die unterirdischen Massenverkehrsmittel im Stadtkern sind wichtig und hilfreich, jedoch nicht für alle Fahrgäste gleichermaßen geeignet. An der Oberfläche und umsteigefrei in die Innenstadt zu kommen hat einen eigenen Wert in Bezug auf Reduktion von Barrieren.

Angedachte Lösungen wie On-Demand-Verkehre können Ergänzungen zum Linienverkehr sein, jedoch nicht ein gutes Angebot ersetzen. Auch Busse auf dem Altstadtring können eine Ergänzung sein, sind jedoch für Leute mit eingeschränkter Mobilität kein Ersatz von Haltestellen an der Oberfläche im Stadtzentrum.

Unsere Vorschläge für die Innenstadt unter https://www.pro-bahn.de/muenchen/202105-altstadt.pdf sind weiterhin aktuell. Konkret für das Tal fordern wir, dass hier ein Bus erhalten bleibt. Wird wie dort vorgeschlagen die Linie 132 durch die Linie 52 ersetzt, erhöht dies die Attraktivität.

Nachtverkehr

Die größte Angebotsausweitung im Leistungsprogramm ist das geänderte Angebot für den Nachtverkehr am Wochenende. Dies ist für nächtliche Besucher der Stadt sicherlich erfreulich, auch wenn damit andere Linienführungen und Abfahrtszeiten als unter der Woche gelten. Der zusätzliche U-Bahn-Verkehr ist angesichts der angespannten Fahrzeugsituation mit ausfallenden Kursen in der Hauptverkehrszeit eine Herausforderung für die Werkstattkapazitäten.

Jedoch fehlt weiterhin unter der Woche ein gutes Angebot im Nachtverkehr, gerade für nachts Arbeitende, die die Stadt am Funktionieren halten. Für etliche Stadtviertel und Siedlungsgebiete wie Allach, Obermenzing, Aubing, Freiham, Blumenau und entlang der Wasserburger Landstraße fehlt gar jeder Anschluss unter der Woche. Auch alle anderen Linien fahren nur im Stundentakt, dies ist für Schichtarbeitende mit starr vorgegebenen Anfangs- oder Endzeiten häufig nicht gut nutzbar.

Wenn wir als Stadtgesellschaft ernsthaft allen Bürgern eine Mobilität ohne eigenes Auto ermöglichen wollen, so ist ein Angebot in der gesamten Stadt an allen Wochentagen und zumindest alle 30 Minuten nötig. Auch die schrittweise Einführung des 30-Minuten-Takts und ein Beginn zumindest auf einzelnen Linien ist vorstellbar.

Freiham

Freiham ist einer der Bereiche der Stadt mit absehbar großem Wachstum und konzentriert auf einen kleinen Bereich.

Verbesserungen wie im Leistungsprogramm dargestellt bzw. angekündigt sind richtig. Angesichts der steigenden Einwohnerzahlen ist jedoch mehr nötig. Die Mobilitätsbedürfnisse der Bürger müssen beim Einzug erfüllt werden, eine U-Bahn erst Jahre später kommt deutlich zu spät. Daher ist kurzfristig der Expressbus X5 zur Anbindung von Freiham an die U5 an der Westendstraße nötig.

Die Haltestellensituation um den Bahnhof Aubing ist unbefriedigend und bedeutet lange Fußwege für Umsteiger zwischen Bus und S-Bahn. Sinnvoll ist, kurze Umsteigewege einzurichten und den Bus auf direktem Weg in der Georg-Böhmer-Straße zur S-Bahn zu führen.

Der aktuelle geplante Straßenbau an der Nordseite Freihams bedeutet jedoch das Gegenteil: er führt zu mehr Autoverkehr in Freiham selbst und auch in der Georg-Böhmer-Straße und verhindert damit eine gute Umsteigehaltestelle. Auch führt er zu einem unnötig langen und langsamem Linienweg. Hier muss sich die Stadtplanung von den überholten Vorstellungen der 1980er Jahre bezüglich Verkehrsanbindung und Straßenbau lösen. Dann kann auch der Aubinger Bahnhof mit einer Unterführung für den Umweltverbund direkt und attraktiv von Freiham mit dem Bus erreicht werden.

Bei der Verkehrsplanung muss entsprechend der städtischen Strategie der Öffentliche Verkehr und der Umweltbund vorrangig berücksichtigt werden, und nicht nur als Anhängsel des Flächen-ineffizienten Autoverkehrs.

Die Ausführungen zur Situation in Freiham und Aubing in https://www.pro-bahn.de/muenchen/202203-vk22.pdf sind weiterhin gültig.

Zu den einzelnen Maßnahmen

Neue Fahrzeuge bei U-Bahn und Tram alleine bedeuten noch keine bessere Leistung. Erst dann, wenn die neuen Fahrzeuge zusätzlich zur Verfügung stehen, kann damit auch das Angebot verbessert werden. Die bestehenden Fahrzeuge müssen daher erhalten werden. Es ist daher dringend sicherzustellen, dass die neuen Fahrzeuge zusätzlich in Betrieb genommen werden. Würden bisherige Fahrzeuge aufgrund des Mangels an Abstellmöglichkeiten verschrottet, so wären die neuen Fahrzeue nur ein Ersatz bestehender betriebstüchtiger Fahrzeuge. Damit würden die neuen Fahrzeuge nicht zum nötigen attraktiveren Angebot beitragen, und nach Eröffnung neuer Strecken oder auch der Beendingung von Dauerbaustellen dann wieder Fahrzeuge fehlen. Dies ist zu verhindern. Daher müssen auch die weiteren neuen Betriebshöfe (Neuperlach, Fröttmaning) mit Priorität weiterverfolgt werden, und bis zur Eröffnung der dortigen Gleise bedarfsweise temporäre Abstellmöglichkeiten geschaffen werden.

Der Takt 5 der U3 bis Moosach in der HVZ ist gut. Wichtig ist aber, dass der bestehende Fahrzeugengpass dadurch nicht verschärft wird oder gar weiter Kurse ausfallen.

Die Weiterführung der Tram 12 nach Schwabing Nord ist sehr positiv. In diesem Kontext und mit längeren Fahrzeugen ist die Reduktion auf den Takt 5 der Tram 23 vertretbar.

Bei der Tram 29 fehlt uns die Perspektive, ab wann diese Linie wieder regulär bedient wird. Diese Linie ist sinnvoll und wieder regulär zu bedienen.

Die angekündigten Taktausdünnungen der Linien 55 und 62 sind nach unserer Beobachtung bereits wegen Personalmangel umgesetzt, die Nachfrage dort dann aufgrund des schlechteren Angebots gesunken. Wenn nun das im Fahrplan veröffentlichte Angebot in Übereinstimmung mit der Realität gebracht werden soll, ist dies zwar nachvollziehbar, ursächlich sind aber nicht die Fahrgastrückgänge. Für diese Linien ist eine klare Perspektive zurück zum besseren Angebot und damit dann auch der höheren Nachfrage zu schaffen.

Weitere nötige Maßnahmen

Für ein verbessertes Angebot sind zusätzliche Betriebshöfe bei U-Bahn (Neuperlach), Tram (Fröttmaning) und Bus nötig. Ebenso sind die nötigen Fahrzeuge rechtzeitig zu bestellen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man bei einer besseren Finanzlage feststellt, dass ohne Fahrzeuge und Infrastruktur das Angebot nicht ausreichend verbessert werden kann. Auch die Planungen für neue Strecken müssen ungeschmälert weiterlaufen, damit bei einer besseren Finanzlage die Umsetzung auch möglich ist.

Der Bus X204 ist zum wichtigen Umsteigeknoten Harras zu verlängern, anstelle kurz davor zu enden.

Insbesondere bei der Tram ist ein sinnvoller Baustellenbetrieb sicherzustellen. Jahrelange Bauzeiten mit Sperrung wie bei der Ludwigsbrücke sind indiskutabel lange. Dies gilt erst recht, wenn gleichzeitig der Autoverkehr öfters nahezu unbetroffen von der Baustelle ist.

Das Thema Beschleunigungsprogramm an der Oberfläche und Reduktion der Störungen durch den Autoverkehr ist verstärkt anzugehen. An vielen Stellen im Stadtgebiet gibt es Chancen auf kurzfristige Verbesserungen, diese sind zu ergreifen. Oftmals sind wiederkehrende Störungen durch abgestellte Autos zu beseitigen, sowie die Verlagerung der Stauzonen im MIV an Stellen, an denen der Öffentliche Verkehr weniger betroffen ist.

Beispiele hierfür sind: