MVG-Leistungsprogramm 2020/21

Stellungnahme Fahrgastverband PRO BAHN, April 2020

Die nachfolgende Stellungnahme ist auch als pdf-Datei erhältlich.

Die Grundausrichtung der MVG-Vorlage begrüßen wir. Sie entspricht deutlich stärker den politischen Vorgaben beispielsweise aus dem Bürgerbegehren „Sauba sog i. Reinheitsgebot für saubere Luft“, mit dessen Annahme sich die Stadt im Jahr 2017 verpflichtet hatte, 80 Prozent des Verkehrs auf MVV, Rad, zu Fuß oder zumindest abgasfrei durchzuführen, und das ab 2025.

Die Aussage im strategischen Ziel betrachten wir als Anteil am Gesamt-Verkehrsaufkommen, inklusive Fuß und Rad. Damit in Summe die beschlossenen 80 Prozent erreicht werden können, ist auch eine wesentlich stärkere Zunahme des Fuß- und Radverkehrs nötig. Details dazu sind u.a. in unserer Stellungnahme zu den Qualitätsstandards des Nahverkehrsplans enthalten https://www.pro-bahn.de/muenchen/stellungnahme-nahverkehrsplan-muenchen-qualitaet_20190415.pdf

Auch die Transparenz durch die Darstellung der Risiken und Rahmenbedingungen werten wir positiv. Wir sehen es aber als Aufgabe der städtischen Politik, die Risiken zu reduzieren und nicht nur passiv hinzunehmen. Dies gilt nicht nur für Themen mit direktem städtischen Einfluss wie dem nötigen Ausbau der Infrastruktur und der Betriebshöfe, sondern auch für ein vernünftiges Vorgehen der Aufsichtsbehörde.

Bezüglich Covid-19 erwarten wir derzeit (Anfang April) mehrere Einflüsse: Sobald die aktuell geltenden Bewegungseinschränkungen reduziert werden, steigt der Platzbedarf im Öffentlichen Nahverkehr sprunghaft an: Um die sicherlich noch einige Zeit nötige erhöhte physische Distanz zu wahren, ist erheblich mehr Platz nötig. Wir rechnen etwa mit dem vierfachen Platz pro Fahrgast als vor Beginn der Pandemie. Dies bedeutet: selbst wenn die Fahrgastzahlen weiterhin erheblich unterhalb der früheren Nachfrage bleiben, ist eine deutliche Angebotsverbesserung nötig. Zudem wird der städtische Haushalt belastet, die starke Abhängigkeit der kommunalen Finanzen von der Gewerbesteuer erweist sich als fatal. Da der Öffentliche Nahverkehr systemkritisch ist und daher im Wesentlichen trotz der gesunkenen Nachfrage ungemindert fortgeführt wird, ist hier eine Pandemie-Unterstützung ähnlich wie für andere systemkritische Bereiche aus den Öffentlichen Kassen nötig; eigentlich besteht hier eine Zuständigkeit von Land und Bund, daher haben wir dies auch auf Bundesebene entsprechend gefordert. Grundsätzlich sollten die Finanzierungsinstrumente für den Öffentlichen Nahverkehr hinterfragt und krisensicher gemacht werden.

Diese Stellungnahme ist bei der Bewertung der Maßnahmen auf dem Wissensstand Januar 2020, d.h. ohne Berücksichtigung der Pandemie-Auswirkungen. Wir alle werden dieses Jahr sicherlich noch mehrfach dazu lernen. Für die Großbaustellen sollte geprüft werden, ob mit der derzeit reduzierten Auslastung sowie der Absage von Großveranstaltungen die Arbeiten auf diesen Baustellen beschleunigt und zusätzliche Arbeiten erledigt werden können.

Zum Nachtnetz eine grundsätzliche Anmerkung: Derzeit ist in mancherlei Hinsicht das Nachtnetz besser vernetzt als das Spätverkehrsnetz, beispielsweise durch die gesicherten Anschlüsse. Wir regen daher an, auf den Hauptlinien (die dann auch das Nachtnetz bilden) künftig keinen klassischen 20-Minuten-Takt mehr zu fahren, sondern einen 10-Minuten-Takt, bis das anschlussgesicherte Nachtnetz einsetzt. Dabei kann der Übergang zum Nachtnetz auf verschiedenen Linien zu verschiedenen Uhrzeiten erfolgen. Damit der Takt kompatibel bleibt, wäre dann im Nachtnetz allerdings ein 20-Minuten-Takt sinnvoll, bei höherer Nachfrage würde der 10-Minuten-Takt auch während der Nacht bleiben. Damit nähern sich Tag- und Nachtnetz stärker aneinander an. Unabhängig von diesen Anmerkungen würde sich eine Anhörung spezifisch zu den Grundzügen des neuen Nachtnetzes zu einem frühen Zeitpunkt anbieten.

Die Maßnahmen bei der U-Bahn begrüßen wir.

Bei der Tram sehen wir die mittlerweile schon jahrelangen Probleme in der Tramhauptwerkstätte kritisch. Hier würden wir erwarten, dass ein klarer Zeithorizont vorgelegt wird, bis wann die Situation keine negativen Auswirkungen mehr auf Fahrplan und Fahrzeugverfügbarkeit hat. Perspektivisch steigt zudem der Fahrzeugbedarf an, entsprechend bedarf es eines weiteren Betriebshofs (oder alternativer Konzepte mit ähnlicher Wirkung).

Bezüglich der ab 2022 geplanten Direktverbindung Schwabing Nord zum Scheidplatz schlagen wir die Verlängerung bis zum Sendlinger Tor vor (d.h. Verbindung der Linie von Schwabing Nord mit der derzeitigen Linie 28).

Wenn bei der Tram 15/25 die Fahrten bis Grünwald erheblich stärker ausgelastet sind, dann wäre naheliegend, die bisher an der Großhesseloher Brücke endenden Fahrten bis Grünwald zu verlängern. Dies wäre auch vom Fahrzeugaufwand tendenziell geringer. Optional könnte eine neue Wendemöglichkeit am Aufkommensschwerpunkt „Bavariafilmplatz” geschaffen und die Tram 15 bis dorthin verlängert werden. Falls die Vereinbarung zwischen Stadt, Gemeinde und Landkreis eine andere Vorgehensweise nahelegt, dann ist diese Vereinbarung hochproblematisch. Der Vorschlag, eine Tram 15 als Abräumer direkt vor der Tram 25 zu fahren, ist geradezu valentinesk.

Dass die Brückenbaustelle der Ludwigsbrücke zu einem Komplettausfall der Tram führt, während der Autoverkehr über die Brücke durchgängig möglich ist, zeigt ein nach wie vor mangelndes Verständnis bei der Stadt für das Thema Verkehrswende. Dass der Knoten Max-Weber-Platz derart überlastet ist dass kein Ersatzverkehr möglich ist, zeigt dringenden Handlungsbedarf. Zur Verknüpfung der Linie 15/25 Richtung Bogenhausen: Die Erreichbarkeit der S-Bahn-Stammstrecke sowie auch der U2 sollte auch nördlich des Max-Weber-Platzes angemessen kommuniziert werden.

Die Ausdehnung des 5-Minuten-Taktes bei der Tram 23 begrüßen wir. Wir gehen davon aus, dass der heute vorhandene 4-Minuten-Takt zwischen circa 8 und 9 Uhr erhalten bleibt.

Die anderen vorgeschlagenen Maßnahmen bei der Tram begrüßen wir.

Das vorgestellte grundsätzliche Vorgehen im Bereich Bus begrüßen wir. Ebenso wie bei der Tram wird jedoch das Thema Abstellkapazitäten immer wichtiger. Auch hier ist ein weiterer Betriebshof dringend nötig. Auf den Fahrzeug- und vor allem auch Personalbedarf wirkt sich hoffentlich im Lauf der nächsten sechs Jahre die Umstellung von hochbelasteten Linien auf den Tramverkehr dämpfend aus. Gerade bei neuen Projekten sollte angestrebt werden, möglichst gleich mit Schienenverkehr zu starten. Dies betrifft beispielsweise die Verbindung Kieferngarten - Am Hart (siehe auch Beschluss der Vollversammlung vom 19. Februar 2020).

Kurzfristig muss dringend die Qualität des Busverkehrs verbessert werden. Dazu sind unter anderem neue Busspuren sowie auch das konsequente Freischleppen von Busspuren und Haltestellen nötig (gilt ebenso auch bei der Tram). Dies betrifft beispielsweise auch die Busspur in der Fürstenrieder Straße, die wir oft blockiert sehen.

Aufgrund der städtebaulichen Entwicklung im Bereich Freiham ist kurzfristig ein Schnellbus nötig. Wir schlagen dazu vor, eine Autobahnspur von Freiham bis Westendstraße für den Schnellbus zu reservieren. Eine zusätzliche Zulassung von mit mindestens drei Personen besetzten Autos kann temporär getestet werden, sollte aber bei Problemen auch kurzfristig wieder zurückgezogen werden. Es ist nötig, dass bereits bei Fertigstellung der Wohnungen ein gutes ÖV-Angebot vorhanden ist. Daher ist diese Maßnahme überfällig (und sollte möglichst bereits vor dem Fahrplanwechsel umgesetzt werden).

Bus 149 / Anbindung Zamilapark – Innenstadt: Die Verbesserung der Anbindung des Zamilaparks begrüßen wir. Diese Verbindung sollte so bald wie möglich durch eine Verlängerung der Tram von der Station Berg am Laim zum Zamilapark abgelöst werden. Der Bau bis Berg am Laim konnte innerhalb von vier Jahre nach dem ersten Vorschlag erfolgen. Die weitere Verlängerung sollte nicht länger benötigen, insbesondere da es positive Beschlüsse von Bezirksausschuss und Bürgerversammlung gibt und auch Stadtratsanträge beispielsweise der CSU-Fraktion vorliegen.

Expressbus X30: Eine andere Idee wäre, den Bus Richtung Moosach zu verlängern (auf der Strecke über Romanplatz und Schloss Nymphenburg). Damit würde die dort bestehende Lücke im Expressbus-System geschlossen. Eine schnelle Verbindung vom Bahnhof Moosach in südlicher gelegene Stadtteile macht das Verkehrssystem, auch angesichts häufiger S-Bahn-Probleme, insgesamt attraktiver. Möglicherweise wäre dies auch eine Option für das Busanpassungsnetz zur Tram-Westtangente, die hoffentlich in den nächsten Jahren eröffnet wird. Unabhängig von der Realisierung dieser Idee besteht Bedarf, das Haltestellenproblem in Moosach zu lösen, das sich beispielsweise an der Endstation der Buslinie X35 zeigt.

ExpressBus X31 / Verlängerung MetroBus 63: Den Hinweis „abhängig von baulicher Herstellung” betrachten wir als Hinweis für das Baureferat, da die Verkehrswende in der Stadt München priorisiert werden muss. Die Zahl an Haltestellen zwischen Isar und Arabellapark scheint in der Grafik höher zu sein als bei der bisherigen Buslinie 150. Aufgrund der Gegebenheiten halten wir die Erhöhung der Haltestellenzahl für nicht zielführend.

Bus 270 / Haltestelle Großhesselohe Isartalbahnhof stadteinwärts: Seit dem letzten Fahrplanwechsel wurde der Fahrplan der Buslinie 270 konsequent auf einen 20-Minuten-Takt umgestellt, sowie der Linienweg vereinheitlicht. Dies begrüßen wir. Allerdings führt jetzt die Fahrt mit dem Bus von der S-Bahn Großhesselohe Isartalbahnhof (Haltestellenname: Wettersteinstraße) Richtung Solln über Großhesselohe Staatsbahnhof, mit entsprechendem Zeitverlust. Wir regen daher an, eine weitere Haltestelle am S-Bahnhof einzurichten, beispielsweise in der Sollner Straße (Pullach) zwischen Wettersteinstraße und Stadtgrenze oder in der Bertelestraße zwischen Stadtgrenze und Ludwig-Werder-Weg.

Die Grundüberlegungen für ein Innenstadt-Busnetz begrüßen wir. Unterirdische Verkehrsmittel sind nicht für alle Fahrgäste attraktiv, allein schon aufgrund der doch recht langen Wege an die Oberfläche. Perspektivisch könnten einige der Linien auf Trambedienung umgestellt werden. Wichtig sind auch gute Umsteigemöglichkeiten zwischen Bus, Tram und U-Bahn; Negativbeispiel für den Busverkehr ist heute die Haltestelle Sendlinger Tor.

Allerdings ist auch mit dem vorgeschlagenen Busring die Innenstadt weiterhin schlecht erschlossen. Gerade für Bürger, die nur sehr schlecht zu Fuß unterwegs sind, sind auch Busverbindungen innerhalb des Altstadtrings nötig. Wir verweisen hierzu beispielsweise auf die Anhörungen der letzten Jahre mit Citybussen, die aber weiterhin der Realisierung harren. Aufgrund der politisch mittlerweile klar formulierten Ziele zum Thema „autofreie Altstadt” sollte die MVG ein Konzept für Altstadtbusse vorlegen, damit der Stadtrat hier auch auf Basis sinnvoller Empfehlungen entscheiden kann. Positives Vorbild können die Citybusse in Wien sein.