Stellungnahme zum Leistungsprogramm der MVG 2019/20

Nachfolgend die Stellungnahme zum Leistungsprogramm. Diese Stellungnahme ist auch als pdf-Datei erhältlich.

Zusammenfassung

Die Beschreibung der politischen und verkehrlichen Rahmenbedingungen unterstreicht der Fahrgastverband PRO BAHN:

sowie massive Rückstände unter anderem bei der Fahrzeugzulassung und Personalgewinnung, die die nötige Angebotsausweitung beeinträchtigen.

Die Akzeptanz der MVG der Notwendigkeit, Maßnahmen zur Betriebsstabilisierung vorzunehmen, begrüßt PRO BAHN - wir sehen hier eine sehr hohe Priorität.

Betrachtet man diese politischen Vorgaben und die Maßnahmen des Leistungsprogramms, so fällt schnell auf: die geplanten Maßnahmen zeigen zwar in die richtige Richtung, sind aber vollkommen unzureichend. Es ist weitaus mehr und schneller erforderlich, wenn die politischen Vorgaben (siehe oben) auch nur halbwegs erfüllt werden sollen. Hier muss die Stadt deutlich mehr unterstützen, auch bei Planungskapazität, Finanzierung und Flächenverteilung sowie Priorität in der Verwaltung.

Startet man als Mindestvorgabe beim politischen Ziel "80 Prozent Umweltverbund bis 2025", das ja Ergebnis eines Bürgerbegehrens ist, dann kommt man zu dem Ergebnis: Der Öffentliche Verkehr muss in 2025 etwa 31 Prozent der Verkehrsleistung übernehmen, konkret gesagt: Eine Nachfragesteigerung um 56 Prozent gegenüber heute (Berechnung siehe Stellungnahme zu den Qualitätsstandards des Nahverkehrsplans der Stadt München, https://www.pro-bahn.de/muenchen/stellungnahme-nahverkehrsplan-muenchen-qualitaet_20190415.pdf). Oder mit anderen Worten: Eine Nachfragesteigerung um 10 Prozent pro Jahr. Eine konsequente, schnelle und deutliche Angebotsverbesserung ist dafür unabdingbar; das vorgelegte Programm ist unzureichend.

Handlungsmaxime muss sein: Es wird gemacht was attraktiv ist. Und nicht nur das, was sowieso unvermeidlich ist. In diesem Sinne deutet das Leistungsprogramm zwar in die richtige Richtung, aber: es ist viel zu wenig. Das Angebot kann (und sollte) weitaus besser sein. Entscheidungen von heute müssen sich an dem orientieren, was uns das Verkehrswachstum in einigen Jahren bescheren wird. Kurzfristig kann dies im wesentlichen nur mit dem Bus erfolgen, mittelfristig ist ein deutlicher Ausbau des Tramnetzes erforderlich. Langfristig kann dies durch neue U-Bahn-Strecken ergänzt werden.

Wichtigste kurzfristige Maßnahmen

Die wichtigsten kurzfristigen Maßnahmen sind (leider ohne wesentliche Verbesserung seit letztem Jahr):

Um die Behinderungen durch Falschparker zu reduzieren, ist die MVG sofort mit der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zu beleihen.

Die Geschwindigkeit von Express-Bus und Tramlinien ist zu erhöhen, indem die Beeinträchtigung durch den Autoverkehr systematisch unterbunden wird.

Insbesondere bei Trambahnen, Metro- und Expressbussen sollte durchgängig eine staufreie Trasse zur Verfügung stehen. Dies kann über einen eigenen Gleiskörper bzw. eine Busspur erfolgen, oder auch über eine Schaltung der Lichtsignalanlagen, die den ÖV als Pulkführer in den Bereich einfahren lässt, und Rückstau unterbindet. Die vorhandene Infrastrukur muss robuster geschützt werden.

Neue Expressbuslinien: Auf hochbelasteten Strecken sind neue Expressbuslinien nötig. Dies gilt auch für weitere dringend benötigte leistungsstarke tangentiale Verbindungen. Die im Leistungsprogramm vorgeschlagenen Expressbuslinien beurteilen wir grundsätzlich als positiv, aber noch nicht ausreichend. Für neue Expressbuslinien sind von vorneherein durchgehend gesicherte Trassen zu planen.

Überbrückung S-Bahn-Defizite: Expressbusse bieten sich auch an, in Schwerpunkten die seit Jahrzehnten bestehenden Defizite bei S-Bahn-Ausbau zu überbrücken. So kann eine Linie von Unterschleißheim über die B13 zur U2-Station Am Hart für viele Pendler den Umstieg auf den ÖV attraktiver machen. Die Linie 213 vom Ostbahnhof zum Airbus-Campus Ottobrunn/Taufkirchen sollte zeitlich ausgeweitet werden; im Campus-Bereich kann eine zentrale Umsteigehaltestelle entstehen, die die umliegenden Orte und Gewerbegebiete anbindet.

Erhöhung der Kapazität: Oft ist die Kapazität unzureichend. Größere Fahrzeuge sind die einfachste Maßnahme, um dies kurzfristig abzustellen.

Busvorlaufbetrieb Tram-/U-Bahn: Für die geplanten neuen Tram- und U-Bahn-Strecken ist ein Vorlaufbetrieb als Expressbus einzurichten, soweit nicht heute schon vorhanden.

Mittelfristig ist ein konsequenter Ausbau und die Modernisierung des Trambahn-Netzes erforderlich. Auch ein Trambahn-Vorlaufbetrieb für künftige U-Bahn-Strecken ist aufgrund der nötigen Planungs-, Finanzierungs- und Bauzeiten für U-Bahnen sinnvoll. Langfristig ist der konsequente Ausbau der U-Bahn an den Engstellen erforderlich. Dies betrifft in erster Linie die Innenstadt (Stichwort U9).

Zu den einzelnen Maßnahmen

"Maßnahmen in Umsetzung": Es ist bedauerlich, dass die Umsetzung der Maßnahmen der letztjährigen Anhörung sich derart verzögert hat. Auf politischer Ebene ist die schnelle Zulassung der neue Fahrzeuge für die Tram sicherzustellen. Das Programm zur Fahrergewinnung ist konsequent fortzuführen.

U-Bahn bis 2030: Vision und Konzept gehen in die richtige Richtung. Insbesondere für die überlasteten Innenstadtabschnitte ist zu prüfen, ob und wie attraktiver Oberflächenverkehr eine Entlastung der U-Bahn bei kurzen Fahrten ermöglicht.

Die bei der U-Bahn geplante bessere Vereinheitlichung der Fahrpläne unabhängig von Schule und Ferien bzw. Montag - Donnerstag vs. Freitag begrüßen wir ausdrücklich.

Maßnahmen Tram: Leider wird bei Bauphasen nachwievor zu bereitwillig der Trambetrieb eingestellt. Konsequenz sollte sein: das Streckennetz so zu ertüchtigen, dass der Betrieb auch bei Baustellen weitaus öfters und besser als heute aufrechterhalten werden kann.

Es fällt auf, dass bei der Tram weder Vision noch Konzept beschrieben sind. Auch hier wäre dringend mehr erforderlich als im Punkt "Streckennetz 2030" beschrieben ist.

Die Maßnahmen im Punkt "Streckennetz 2030" unterstützt PRO BAHN. Bezüglich der Ausstattung insbesondere der Neubaustrecken verweisen wir auf unsere Stellungnahme zu den Qualitätsstandards im Nahverkehrsplan. Allerdings: Um die politischen Ziele zu erreichen, sind diese Maßnahmen spätestens bis 2025 abzuschließen, eigentlich noch eher. Dies ist auf politischer Ebene zu unterstützen, beispielsweise durch Priorität in der Verwaltung sowie bei den Platzanforderungen für die Baustellen.

Vision Bus 2030: Da es bisher nicht gelingt, die benötigten neuen Tramstrecken in adäquater Zeit zu bauen, ist ein konsequenter Ausbau des Busnetzes die einzige Option. Die angestrebte Taktdichte geht in die Richtung der Stellungnahme zu den Qualitätsstandards (siehe oben), erreicht diese aber noch nicht - hier wäre eine konsequente Weiterentwicklung in den nächsten Jahren nötig. Grundsätzlich wäre auch - anfangs zumindest auf den Metro- und Expressbuslinien - ähnlich wie bei der Tram der Takt 10 bis 22 Uhr zu verlängern.

Bezüglich der städtebaulichen Entwicklungen, die Verfügbarkeit des ÖVs vor Beginn der Nutzung ist unabdingbar, damit die neuen Nutzer von vorneherein den ÖV als Teil ihrer Mobilitätsstrategie betrachten können. Hier besteht in München oftmals noch Nachholbedarf.

X30: Die Änderung sehen wir grundsätzlich als positiv, obliegt natürlich (wie auch alle anderen Maßnahmen) der weiteren Beobachtung und eventuell weiteren Anpassungen.

X35/X36: die neuen Verbindungen sind sinnvoll. Im Bereich Frankfurter Ring ist zu prüfen, welche Maßnahmen nötig sind, um negative Auswirkungen des Autoverkehrs auf den Bus konsequent zu unterbinden.

Die Buslinie 150 ist eine schnelle und attraktive Querverbindung. Umsteigen auf die in der Cosimastraße verkehrenden Tramlinien ist jedoch erstmal nur an der Haltestelle Arabellastraße möglich, dort sind jedoch die Haltestellen über 100 Meter voneinander entfernt. Mit einer Durchbindung zwischen der Linie 150 und der Linie 184 (neu) wäre auch ein bahnsteiggleiches Umsteigen an der Haltestelle Cosimabad möglich, was zu einer deutlich höheren Attraktivität führt. Diese Durchbindung sollte kommuniziert und in der Fahrplanauskunft eingepflegt sein - was grundsätzlich in allen derartigen Situationen gilt.

Situation Hauptbahnhof: Hier befürchten wir durch die Bauarbeiten von verschiedenen Auftraggeber massive Beeinträchtigungen für die Fahrgäste. Die Auswirkungen der Bauarbeiten auf die Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs sind an diesem wichtigen Umsteigeknoten minimal zu halten. Zu den Planungen inklusive Optionen sollten analog dem Leistungsprogramm rechtzeitig eine Beteiligung erfolgen.