Stellungnahme zum Leistungsprogramm der MVG 2018/19

Nachfolgend die Stellungnahme zum Leistungsprogramm. Diese Stellungnahme ist auch als pdf-Datei erhältlich.

Das Wachstum der Region München zeigt sich nicht zuletzt in den Verkehrsproblemen. Die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel leidet unter der hohen Auslastung und den in der Vergangenheit mangelnden Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur. Neben den bekannten Behinderungen durch den Straßenverkehr, die zu zunehmender Unzuverlässigkeit bei Bus und Tram führen, leiden die Fahrgäste häufig unter schlechter Haltestellenausstattung, mangelhaften Platzverhältnissen, nicht optimaler Haltestellenplatzierung, langen Umsteigewegen und ungünstiger Wegeführung inmitten des städtischen Verkehrsgetümmels. Der Öffentliche Nahverkehr und die Fahrgäste werden in Baustellensituationen oft benachteiligt (was leider auch für Fußgänger und Radverkehr gilt).

PRO BAHN begrüßt die Ausrichtung des Leistungsprogramms der MVG an der Erhöhung von Qualität und Zuverlässigkeit. Guter Öffentlicher Nahverkehr ist ein wichtiger Standortfaktor und entscheidend für die Beibehaltung der Münchner Lebensqualität und Wirtschaftskraft. Daher sollte hier künftig gezielt und stärker investiert werden. Die Verbesserung des städtischen ÖPNVs befindet sich im ständigen Kampf mit dem allgemeinen Verkehrswachstum. Die Bemühungen müssen daher intensiviert werden, wenn man auch nur halbwegs Schritt halten will.

Der Beschluss des Stadtrats vom 25. Januar 2017, zur Luftreinhaltung eine deutliche Verkehrsverlagerung Richtung Umweltverbund voranzutreiben, spiegelt sich im konkreten Handeln nicht adäquat wieder. Es ist weitaus mehr nötig für das anvisierte Ziel, dass 80 Prozent des Verkehrs bis 2025 mit dem Umweltverbund erfolgt. Hier ist die aktive Unterstützung der Stadt gefordert, auch bei Planungskapazität, Finanzierung und Flächenverteilung.

Handlungsmaxime muss daher sein: Es wird gemacht was attraktiv ist. Und nicht nur das, was sowieso unvermeidlich ist. In diesem Sinne deutet das Leistungsprogramm zwar in die richtige Richtung, aber: es ist viel zu wenig. Das Angebot kann (und sollte) weitaus besser sein. Entscheidungen von heute müssen sich an dem orientieren, was uns das Verkehrswachstum in einigen Jahren bescheren wird. Kurzfristig kann dies im wesentlichen nur mit dem Bus erfolgen, mittelfristig ist ein deutlicher Ausbau des Tramnetzes erforderlich. Langfristig kann dies durch neue U-Bahn-Strecken ergänzt werden.

Die wichtigsten kurzfristigen Maßnahmen für die Zukunftsfähigkeit des Nahverkehrs könnten nach unserer Auffassung sein:

Beschleunigung und Stabilisierung der Expressbusse durch Busspuren: Die MVG hat schon vor einiger Zeit über 50 neue Busspuren vorgeschlagen, die bei entsprechender Priorisierung sehr schnell umsetzbar sind. Dies erhöht die Attraktivität und senkt zugleich die Kosten. Weitere Busspuren sind parallel zur Umsetzung der bestehenden Vorschläge zu planen.

Neue Expressbuslinien: Auf hochbelasteten Strecken wie dem Frankfurter Ring sind neue Expressbuslinien nötig. Dies gilt auch für weitere dringend benötigte leistungsstarke tangentiale Verbindungen. Die im Leistungsprogramm vorgeschlagenen Expressbuslinien beurteilen wir grundsätzlich als positiv, aber noch nicht ausreichend. Für neue Expressbuslinien sind von vorneherein durchgehend eigene Busspuren zu planen.

Überbrückung S-Bahn-Defizite: Expressbusse bieten sich auch an, in Schwerpunkten die seit Jahrzehnten bestehenden Defizite bei S-Bahn-Ausbau zu überbrücken. So kann eine Linie von Unterschleißheim über die B13 zur U2-Station Am Hart für viele Pendler den Umstieg auf den ÖV attraktiver machen. Die Linie 213 vom Ostbahnhof zum Airbus-Campus Ottobrunn/Taufkirchen sollte zeitlich ausgeweitet werden; im Campus-Bereich kann eine zentrale Umsteigehaltestelle entstehen, die die umliegenden Orte und Gewerbegebiete anbindet.

Stabilisierung Bus-/Trambetrieb: Immer wieder auftretende Störungen insbesondere durch den Autoverkehr sind konsequent abzustellen. Dies gilt auch für Störungen durch rücksichtslose Falschparker sowie andere permanente Verletzungen der StVO. Eine Beleihung der MVG mit den entsprechenden Ordnungsfunktionen sollte erfolgen. Soweit sinnvoll muss die Traminfrastruktur robuster geschützt werden.

Erhöhung der Kapazität: Oft ist die Kapazität unzureichend. Größere Fahrzeuge sind die einfachste Maßnahme, um dies kurzfristig abzustellen.

Busvorlaufbetrieb Tram-/U-Bahn: Für die geplanten neuen Tram- und U-Bahn-Strecken ist ein Vorlaufbetrieb als Expressbus einzurichten, soweit nicht heute schon vorhanden.

Mittelfristig ist ein konsequenter Ausbau und die Modernisierung des Trambahn-Netzes erforderlich. Auch ein Trambahn-Vorlaufbetrieb für künftige U-Bahn-Strecken ist aufgrund der nötigen Planungs-, Finanzierungs- und Bauzeiten für U-Bahnen sinnvoll. Langfristig ist der konsequente Ausbau der U-Bahn an den Engstellen erforderlich. Dies betrifft in erster Linie die Innenstadt (Stichwort U9).

Bezüglich der sinnvollen Perspektiven für den Münchner Nahverkehr verweisen wir auch auf unsere Stellungnahme zum Luftreinhalteprogramm, siehe https://www.pro-bahn.de/muenchen/20180305_luftreinhaltung.pdf.

Zu einzelnen Maßnahmen

Die Direktanbindung mit der Tram aus Berg am Laim Richtung Innenstadt begrüßen wir, ebenso der künftige 5-Minuten-Takt entlang der Maximiliansstraße und die Verbindung aus der Dachauer Straße zur U3/U6. Damit werden langjährige Forderungen von PRO BAHN umgesetzt.

Allerdings geht mit dem Netzvorschlag die gemeinsame Haltestelle am Hauptbahnhof Richtung Dachauer Straße verloren. Wir schlagen daher vor, die Ostäste der Linien 21 und 18 zu tauschen. Dies würde zu einer Verbindung zwischen Westfriedhof und Schwanseestraße sowie zwischen Gondrellplatz und St.-Veit-Straße führen.

Die Verbesserungen der Anschlüsse und Stabilität bei der U-Bahn ist sinnvoll, die Prioritäten sehen wir ähnlich. Damit werden auch Forderungen aus den Vorjahren aufgegriffen. Eine Vereinheitlichung des Fahrplanangebots zwischen Montag bis Donnerstag und Freitag sowie zwischen Schulzeiten und Ferien sind im Sinne der Kundenfreundlichkeit eigentlich zwingend.

Die neuen Tram-Linien und die Kapazitätsverbesserungen begrüßen wir. Aufgrund der anstehenden Baumaßnahmen auf dem Paulaner-Gelände sehen wir aber auch Bedarf für eine Kapazitätserhöhung bei der heutigen Linie 18 Richtung Schwanseestraße, für den nächsten Fahrplanwechsel noch mit Priorität 2. Die Bestellung weiterer größerer Züge für die Folgejahre wäre daher notwendig. Der Einsatz von breiteren Zügen wie in anderen Städten üblich wäre zumindest für die Linie 20 zu prüfen. Als Zielbild halten wir im Tram-Kernnetz mindestens einen 5-Minuten-Takt tagsüber (bis 20.30 Uhr, auch am Wochenende) für nötig, bis Mitternacht einen 10-Minuten-Takt. Dies wäre im Laufe der nächsten Jahre sukzessive umzusetzen, erste zaghafte Schritte sind in diesem Leistungsprogramm ja schon enthalten.

Rahmenbedingungen Bus: Die Analyse des Ist-Zustands teilen wir. Aus politischer Sicht ist aber der heutige enorme Abstimmungsaufwand nicht tolerabel. Hier wäre unseres Erachtens eine zügigere Entscheidungsfindung nötig.

Bus 154: Aufgrund der hohen Nachfrage sehen wir die kurzfristige Notwendigkeit größerer Fahrzeuge, das dies mehr als ein Jahr dauern soll können wir nicht nachvollziehen. Dies ist gegebenenfalls auch auf politischer Ebene zu priorisieren, bei der Aufteilung des Straßenraums sollte der platzeffiziente Umweltverbund (ÖV, Rad, Fuß) nicht zu kurz kommen.

Bus 171 Ost: Aufgrund der hier sehr hohen Nachfrage sollte kurzfristig die Umstellung auf Trambetrieb erfolgen.

Bus 172: Wir begrüßen die angestrebten Taktverdichtungen. Nachdem es jahrelange Diskussionen gab ob dieser Bus überhaupt notwendig wäre, freuen wir uns besonders über den Erfolg dieser Buslinie.

Großbaustelle Romanplatz: Der Umbau dieses Knotens hat vielfältige Auswirkungen. Aufgrund der zentralen Lage im Netz sollten die Beeinträchtigungen minimiert werden. Die geplante Teilung der Buslinien Richtung Süden mit einem Überlappungsbereich ist zielführend. Darüber hinaus sollten aber geeignete Stabilisierungsmaßnahmen wie die Busspur auf der Wotanstraße und weitere erfolgen.

Bus 56: Grundsätzlich wäre der 5-Minuten-Takt auch in den Ferienzeiten sinnvoll, da die Unterscheidung Schule - Ferien für viele Fahrgäste unnötig verwirrend ist. Dies gilt auch dann, wenn der 5-Minuten-Takt in den Ferien nicht zwingend nötig ist.

Anbindung Freiham: Bei diesem Neubaugebiet ist eine frühzeitige attraktive Anbindung nötig. Da leider eine Schienenanbindung (Tram- oder U-Bahn) nicht mehr rechtzeitig zum Einzug fertigzustellen ist, sollte die Busanbindung so gut wie möglich sein. Dies bedeutet: Expressbus mit durchgehend eigener Trasse. Hier sollte das Leistungsprogramm entsprechend nachgebessert werden. Damit die neuen Einwohner nicht gezwungen werden, ein Auto anzuschaffen, ist ein guter Takt (5-Minuten-Takt tagsüber, 10-Minuten-Takt bis Mitternacht) auch dann sinnvoll, wenn dies in den ersten Jahren noch nicht von der Auslastung her zwingend erforderlich ist.

Maßnahmen mit Infrastrukturbedarf: Wir begrüßen grundsätzlich die vorgeschlagenen Maßnahmen, aber: diese sind noch viel zu zaghaft. Der konsequente Ausbau des Umweltverbunds braucht auch entsprechende Infrastruktur. Für alle Expressbuslinien braucht es Busspuren, vorrangig in den Bereichen mit Verspätungsanfälligkeit.

Die Haltestellen an Kreuzungen sollten günstiger zu den Fußgängerwegen positioniert werden. Insbesondere beim Umsteigen wäre es wichtig, dass Anschlüsse nicht aufgrund schlechter Umsteigewege und ungünstiger Ampelschaltungen verpasst werden.

Da auch die Gruppe älterer Menschen in der Gesamtbevölkerung wächst, und weil vor einiger Zeit ein politisch motivierter Kahlschlag bei den Bushaltestellen rund um den Marienplatz erfolgte, bitten wir dringend darum, die 2013 vorgestellten Planungen für eine Citybus-Linie wieder aufzunehmen und umzusetzen. Das Bild der Stadt München sollte geprägt sein von der Fairness gegenüber allen Bevölkerungsgruppen.