Lese-Tipp

Wo die Löwen weinen

Argumente gegen Stuttgart 21 (S21) sind schon zuhauf aufgeschrieben worden: von Verkehrswissenschaftlern, von Experten im Eisenbahnbetriebswesen, von Initiativen und kritischen Journalisten -- und auch in Satiresendungen ist S21 immer wieder ein dankbares Thema für Kabarettisten.

Es gibt auch einige S21-Krimimalromane, einer davon ist "Wo die Löwen weinen" von Heinrich Steinfest (Piper Taschenbuch). Das Cover weist das Werk jedenfalls als Kriminalroman aus, und es beginnt auch mit einem Verbrechen: ein 15-Jähriger wird beim Joggen an der Isar überfallen, beraubt und nackt zurückgelassen. Um die Hintergründe dieser Tat geht es zwar auch, im Wesentlichen ist es nur der Anlass für eine gnadenlose Analyse von S21. Was Steinfest zu den Machenschaften um S21 und zur Psyche der Protagonisten schreibt, ist an Boshaftigkeit und Sarkasmus nicht zu überbieten. Dabei bedient er sich eines sehr direkten und unkonventionellen Schreibstils, der die Schärfe seiner Kritik noch zusätzlich betont; er macht das Werk aber auch zu einem literarischen Genuss. Steinfest-Kenner wissen, dass das Werk dabei auch bizarre Züge annehmen kann. Und im Nachwort, wenn es um die Zukunft eines der Hauptakteure, eines gewissen Herrn Tobik geht, setzt er nochmal einen obendrauf.

Wenn man das Buch durchgelesen hat, will man es gleich nochmal lesen, um sich an den vielen offenen und versteckten Anspielungen zu erfreuen; beim ersten Lesen kann man gar nicht alles wahrnehmen. Fazit: 120 Punkte auf einer 100-Punkte-Skala, ein absolutes Muss für alle S21-"Fans". Wenn Sie noch ein Weihnachtsgeschenk suchen, ich hätte da einen Tipp...

Matthias Wiegner

[Text aus PRO BAHN Post 309, Mitteilungsblatt des Regionalverbands Oberbayern]