Positionen

Thesen zum Fahrkartenvertrieb

Das Ergebnis einer Diskussion im Rahmen eines Arbeitskreises am 4. Dezember 2011 ist im folgenden stichwortartig zusammengefasst.

Der Fahrgastverband PRO BAHN strebt einen einheitlichen und verständlichen Tarif für ganz Deutschland an. Er arbeitet aus diesem Grund in der bundesweiten Gruppe zum Deutschland-Takt und Deutschland-Tarif mit (s. auch www.deutschland-takt.de)

Dazu gehören auch einheitliche Nah- und Regionalverkehrstarife in den Bundesländern. Ländertarife wie in Schleswig-Holstein und geplant in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind eine Form, möglich sind aber auch landesweite Verbünde wie in Berlin-Brandenburg (VBB).

Solche Tarife müssen auf bundeseinheitlichen Begriffen und Strukturen basieren, da sonst weder die Möglichkeit besteht, alles in einen Deutschland-Tarif zu integrieren, noch das System für Gäste und Touristen aus anderen Bundesländern verständlich ist. Auch Marketing und Werbung für den ÖV benötigen eine bundesweite einheitliche Grundstruktur. In der 10-Sekunden-Werbung vor der Tagesschau muss der einfache ÖV-Tarif darstellbar sein. Nur so kann dieser einheitliche Tarif auch für jeden verständlich werden und sein.

Diese einheitlichen Strukturen/Begriffe müssen ggf. gesetzlich festgelegt werden. Die seit 20 Jahren existierende VDV-Liste ist bisher nur unvollständig umgesetzt worden. Die einheitlichen Begriffe/Strukturen sind:

  • Kind (bis 14 Jahre)
  • Tarif orientiert sich an Zonen/Entfernungen (nicht an der Zeit)
  • Zeitliche Begrenzung der Fahrscheine zulässig
  • Tageskarten (mit Preis kleiner oder gleich 2 Einzelfahrscheine)
  • Wenn Sperrzeiten, dann Mo-Fr 6-9 Uhr
  • Gepäckmitnahme kostenfrei (so viel, wie jeder tragen kann)
  • Fahrradmitnahme (in Ballungsräumen ggf. mit Sperrzeit)
  • Im Konfliktfall Kinderwagen > Rollstuhl > Fahrrad
  • Handy-Ticket
  • Abonnementszeitkarten mit flexiblem Beginn mit Verlustgarantie
  • Übertragbare Zeitkarten sind möglich, dann ohne Verlustgarantie
  • Monatskarten mit flexiblem Beginn
  • Wahl zwischen "übertragbarer" und versicherter Zeitkarte
  • Zeitkarte mit ca. 40 % Rabatt auf 40 Einzelfahrten
  • BC-Ermäßigung 25 % auf alle Tarifangebote (außer Zeitkarten) (zur Erklärung: 50 % nicht möglich wegen Kanibalisierung zur Zeitkarte)
  • Festlegung der "Entwertung" (Vorschlag auf den Automaten)
  • Elektronische Rabattkarte (Vorbild Telefonkarte)
  • Kurzstreckentarif in allen Städten
  • Senioren ab 65 (später 67)
  • Sozialtickets (mit Verlustausgleich durch den Staat)
  • Regionalverkehrs-Kundengarantie, mindestens ab 20 Minuten Verspätung
  • Festlegung einer Gruppenkarte (Modell SWT mit Namenseintrag)
  • Im inneren Bereich Preis der Gruppenkarte unter der von zwei Erwachsenen
  • Kindermitnahmeregel (die ganze Familie, d.h. einschließlich aller Kinder bis 18 Jahre, muss mit einer Gruppenkarte fahren können), ggf. mit Nachweis

Tarif, Vertrieb und die Aufteilung der Einnahmen auf verschiedene Unternehmen hängen direkt zusammen.

Unter der Voraussetzung, dass wir einen kontrollierten Wettbewerb wollen, brauchen wir auf der Ebene der Verkehrsunternehmen eine neutrale Stelle, die für Tariffragen und die Einnahmeaufteilung zuständig ist. Die NSH in Schleswig-Holstein geht in diese Richtung, aber auch Verbünde können eine solche neutrale Stelle sein, in der und von der die Verkehrsunternehmen gleichberechtigt behandelt werden. Die Dominanz eines Verkehrsunternehmens ist auszuschießen. Auf dieser Ebene können auch regionale Besonderheiten berücksichtigt werden, wie z.B. die tarifliche Behandlung von Zügen des SPFV in einzelnen aufkommensschwachen Regionen (beispielsweise IC-Züge in Niedersachsen zwischen Bremen und Norddeich Mole ab 2014).

Die Landespolitik - vertreten durch den Besteller (im Beispiel NSH die LVS) - muss partnerschaftlich mit der Vertriebsorganisation zusammenarbeiten, ihr müssen alle Daten zur Verfügung stehen, die für eine Ausschreibung erforderlich sind. Die Fahrgäste sind über einen kompetenten Fahrgastbeirat einzubinden. Fahrgastbeiräte sollten sowohl mit Verbandsvertretern als auch mit zufällig bestimmten Fahrgästen besetzt sein).

Rückfragen an Karl-P. Naumann (k.naumann@pro-bahn.de)

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