Positionen

Thesen zu regionalen Tarifen

Das Ergebnis einer Diskussion im Rahmen eines Arbeitskreises am 8./9. Januar 2011 ist im folgenden stichwortartig zusammengefasst.

Nach Einführung des regionalen "Metronom-Tarifs" beim niedersächsischen Regionalzug Metronom - drängte sich erneut die Frage um die Schwierigkeiten bei verschiedenen regionalen Tarifen auf. Mehrere verschiedene Automaten am Bahnhof verwirren eher, als sie nützen, wie wir an verschiedenen Stellen der Republik sehen. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Rückfall in die Kleinstaaterei und die Vorverbundära.

Eine Analyse zeigt uns, dass es hier im Tarifwesen starke Regelungsdefizite gibt, die von der Politik zu verantworten sind. So fehlt hier - im Gegensatz zum Telekommunikationsbereich - eine klare Vorgabe für den Monopolisten DB AG, Einnahmen an andere Verkehrsunternehmen durchzureichen.

Des Weiteren haben die Verantwortlichen (Aufgabenträger) häufig nicht die notwendigen Marktdaten (beispielsweise Reisendenzahlen), um einen optimalen Nahverkehr zu bestellen und zu organisieren, da diese vom Verkehrsunternehmen als Geschäftsgeheimnis angesehen werden.

Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht hier einen dringenden Handlungsbedarf, um einen einheitlichen und damit verständlichen Tarif für die Fahrgäste zu bekommen, den man nicht erst lange studieren muss. Ebenso muss auch der Vertrieb einheitlich und kundenfreundlich geregelt sein.

Bei allen neuen Maßnahmen sollte die Kompatibilität zu zukünftigen elektronischen Tickets beachtet werden. Die Annahme des gesetzlichen Zahlungsmittels Bargeld muss jedoch zwingend erhalten bleiben.

Jedes Vertriebssystem muss eine Rückfallebene für Störungen bereithalten. (Bsp. aus der Vergangenheit: Lüneburg - ca. 15 Reisende wollen am Sonntagmorgen nach Hamburg fahren. Einige Automaten sind defekt, ein Teil der Fahrgäste schafft es nicht, sich bis zur Abfahrt eine Fahrkarte zu kaufen. Sie melden sich beim Schaffner und werden als Schwarzfahrer behandelt.)

Ausgangslage

  • In der Vorverbundzeit waren die Tarife deutlich komplexer.
  • In den Verbünden wurden die Strukturen einfacher, verbundübergreifend blieb und bleibt es komplex, insbesondere wegen nicht kompatibler Unternehmenstarife.
  • Auch der Bundesbahntarif hatte manche "Fußangel" (Bsp. Hamburg - Lüneburg, Sonntagsrückfahrtkarte).

Der Wunsch der Fahrgäste

  • Einheitliche Strukturen und Begriffsbestimmung(en), ggf. gesetzlich festgelegt
    • Tag/mit Einschränkung nur ab 9 Uhr
    • Tagesende (Folgetag 6 Uhr)
    • Hunde, Fahrrad, Koffer
    • Kind, Azubi, Student (Kombination mit Studentenausweis)
    • Ring-/Zonenstruktur, kein Zeittarif
    • Kurzstreckenfahrkarte (Angabe der möglichen Ziele individuell an der Haltestelle)
    • Bargeldannahme immer
    • Tarifinformation an jeder Haltestelle
    • Gezielte und klar kommunizierte Aufpreisfahrten möglich (Bsp. Schnellbus, Blankenese)
    • Ankopplung an Ferntarife zwingend (s. auch unten)
    • Tageskarte (9 Uhr) als Rückfahrkarte (nicht teuerer als zwei Einzelfahrkarten)
    • Familien-/Gruppenkarte - entfernungsabhängig (bis 50 km Reiseweite ca. 90 % aller Ortsbewegungen)
    • Gruppenkarten ab größeren Entfernungen personenzahlabhängig und Verkauf nur mit eingetragenem Käufernamen
    • Abo 10 für 12 (Bonus individuell)
    • Monatskarten, auch übertragbar
    • Flexi-Card (rabattierte Mengenabnahme von Tageskarten), z.B. auf Chip-Karte, auch elektronisch (Handy-Ticket)
    • Check-in/Check-out zu aufwändig
    • Verantwortung muss bei den Aufgabenträgern mit Durchsetzungskraft gegenüber Gebietskörperschaften und Verkehrsunternehmen liegen

  • Fahrkarten mit niedrigen Vertriebskosten (Bsp. Abo) sind auch für Kunden von Vorteil, da die Einnahmen in den Betrieb und nicht in den Vertrieb gehen.
  • BC-Rabatt im regionalen Tarif: 25 % (da der Rabatt 40 % für Zeitkarten beträgt und ein 50 %-Rabatt die vertriebsgünstigen Zeitkarten untergraben würde)
  • Unternehmensneutrale Einnahme-Aufteilung (vgl. NSH oder auch Deutsche Telekom im Telekommunikationsbereich)
  • Einnahmeaufteilung inkl. Fahrgastzahlen müssen dem Aufgabenträger zur Verfügung stehen. Er verantwortet die Weitergabe an die Verkehrsunternehmen
  • Vertrieb unternehmensneutral, multifunktionale Verkaufsstellen (vom Café bis zur Mobilitätszentrale)
  • Sonderangebote auf Verbund- als auch auf Unternehmensseite sollen möglich sein mit gesonderter Einnnahmeaufteilung.
  • Kombi-Tickets wie Fahrt + Veranstaltung möglich
  • Kombi-Tickets von (Groß-)Veranstaltern (beispielsweise Sport, Theater) fördern
  • Sozial-Tickets sind durch den Besteller zu bezahlen
    • Arbeitslose
    • Schwerbehinderte
    • Kinder, Schüler
    • Ggf. Familien
    • Geringverdiener

  • Zur Ankopplung an den Fernverkehr
    • Einzelfahrkarte, Tageskarte, Gruppenkarte müssen in allen Preisstufen als Ankopplung möglich sein.
    • Ebenso sollte auch der Einzelverkauf (z.B. Hamburg - Eutin, Erwerb in Frankfurt) möglich sein.

  • "Einkaufs-Tickets" von außerhalb des Tarifgebiets sollen als Tageskarten/Gruppenkarte möglich sein (beispielsweise Magdeburg - Hannover).
  • "Tarifgebiet" muss wegen der politischen Verantwortung für den Tarif an den/die Aufgabenträger gebunden sein
    • Bundesland
    • Verbundbereich im großen Bundesland (braucht Nordrhein-Westfalen nur einen Tarif oder ist es sinnvoll, in zwei oder drei Bereiche zu trennen?)
    • Landkreis zu klein (Negativbeispiel Baden-Württemberg)
    • Zweckverbände in kleinen Bundesländern (Sachsen) zu klein

  • Der "Nah"Verkehr steht in Konkurrenz zum Individualverkehr (Auto und Rad)
    • Kooperationen sind deswegen nicht ausgeschlossen.
    • Kombitickets Parken und Fahren sind erwünscht (Bsp. Fahrrad-Box, Fahrrad-Haus, P+R).

  • Wie auch auf der Straße lassen sich Fern- und Nahverkehr nicht exakt trennen Es gibt Überlappungen, die früher durch den IR abgedeckt wurden. PRO BAHN fordert hier den "rot-weißen" Zug (Bildlich: drei bestellte Wagen, drei eigenwirtschaftliche Wagen). Tariflich gelten hier die Grundangebote des Nahverkehrs. Für spezielle Angebote kann ein Aufpreis pro Person erforderlich sein (Bsp. SWT)
  • Obiges Aufpreismodell kann auch auf Auslaufstrecken im SPFV sinnvoll sein, dann für alle Fahrkarten.

Rückfragen an Karl-Peter Naumann (k.naumann@pro-bahn.de, 0172 2673784)

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