Positionen
Elektronischen Karten im ÖV
Die Tarifkommission der Fahrgastverbände zum Einsatz von elektronischen Karten im ÖV
Im Sinne eines barrierefreien Zuganges zum Öffentlichen Verkehr begrüssen die Fahrgastverbände Überlegungen zum Einsatz von Chipkarten. Diese sind grundsätzlich in der Lage Zugangshemmnisse abzubauen. Hier besteht die einmalige Chance ein fahrgastverständliches System einzuführen, das deutschlandweit mit einer Karte und nach einheitlichen Regeln genutzt werden kann, und das auf die Bedürfnisse verschiedener Nutzergruppen eingehen kann.
Grundsätze
Das System muß nach regionalen Notwenigkeiten vom "Bar-Zahlen" über das "elektronische Bezahlen" bis zur "automatisierten Fahrpreisfindung" auf verschiedenen Stufen arbeiten können. Es muß jederzeit für Kunden ohne Bankkonto und - karten aller Art nutzbar sein ( z.B. Kinder, ausländische Gäste, ...). Das elektronische System darf den ÖV nicht zu einem geschlossenen System machen. Die Fahrgäste schätzen das in Deutschland praktizierte offene System. Dazu gehört auch die Existenz von Abonnements- und Zeitfahrkarten, mit denen man nicht ein- oder auschecken muß. Aus Fahrgastsicht ist es erforderlich, daß es auch weiterhin Gruppenfahrscheine ( für 5 Personen, die im Preis unter dem für Fahrscheine für 2 Personen liegt), Tageskarten, Kombi-Tickets und Freizeitkomplettangebote gibt.
Neben den kontogebundenen Karten (EC, Geldkarte) müssen auch sog. "White-Cards" (kontounabhängig wie die PayCard) verfügbar sein. Hier ist auch eine rabattierte Karte für Oftfahrer vorzusehen, die z.B. für 50 DM erworben wird und einen Wert von 60 DM hat. Wir setzen hierbei einheitliche Rahmenbedingungen voraus, die zu einer einheitlichen Handlungsweise führen (Bsp. Definition Gruppe, Tag, Kind,...)
Beim elektronischen Ticketing sind für uns folgende Regeln zu beachten:
- der Erwerb aller gängigen Fahrkarten muß jederzeit
(auch spätabends) ohne elektronische Karte (Kinder) und an jedem
Ort (fremde Stadt / einzelne Unterwegshaltestelle) möglich
sein.
- Der sichere Datenschutz muß gewährleistet, ein
vollständig anonymes System möglich sein, letzteres auch im
Hinblick auf die damit vereinfachte Ausgabe von Chipkarten
(beispielsweise nachts an Bahnhöfen).
- Chipkarten mit Bestpreisabrechnung dürfen
Monats-/Abonnementskarten nicht ersetzen, da sie für die
Unternehmen die sicherste Einnahme und für die Fahrgäste die
einfachste Fahrkartenform sind. Daher dürfen Bestpreisregellungen
niemals höhere Rabatte ermöglichen als Abonnementskarten.
- Ein- oder Auschecken oder Bezahlen mit einer EC-Karte,
Kreditkarte, ... birgt an einsamen Haltestellen, Tunnelbahnhöfen
oder auch im Gewühl die Gefahr von Diebstählen oder
provoziert Überfälle. Die Fahrgäste verlangen hier
einen wirksamen Diebstahlschutz.
- Der Fahrgast muß vor Lesefehlern geschützt sein. Daher
muß bei technischen Problemen die Nachweispflicht für
Guthaben auf der Karte bzw. eingecheckte Karte beim
Verkehrsunternehmen liegen. Das Guthaben einer nicht mehr lesbaren
Karte muß erstattet werden können, z.B. durch Führung
eines Schattenkontos.
- Den Fahrgästen müssen Lesegeräte zur
Verfügung gestellt werden, damit sie die auf ihrer Karte
vorgenommenen Buchungen nachvollziehen können.
- In Streitfällen muß die Beweispflicht beim jeweiligen
Verkehrsunternehmen oder dem entsprechenden Verbund liegen.
- Auf die Bedürfnisse mobilitätsbehinderter Menschen ist
Rücksicht zu nehmen. Es darf nicht zu einer Einschränkung
der bisher erreichten Mobilität kommen. Dieses gilt
gleichermaßen für Rollstuhlfahrer wie für Blinde oder
Schwerhörige.
- Durchtarifierte Karten der DB Reise & Touristik (z.B. der "City-Tarif") müssen in das System integriert werden.
Sonderbedingungen bei der automatisierten Fahrpreisfindung
- Bei der automatisierten Fahrpreisfindung muß mit einer
Karte die Bezahlung in der gesamten BRD aus einer elektronischen
Geldbörse möglich sein.
- Bei kurzen Umsteigezeiten muß der Umsteigevorgang
zügig und ohne Lesen der Karte erfolgen können, z.B. bei
Schnellbahnen.
- Restguthaben auf White Cards oder Geldkarten in Höhe des
Fahrpreises einer Kurzstrecke müssen auch noch zur einer solchen
Fahrt benutzt werden können.
- Hat der Fahrgast ordnungsgemäß eingescheckt und
vergisst er das Auschecken, so darf ihn keine unnötige Härte
treffen und dieses nicht mit "Schwarzfahren" gleichgestellt werden.
- Zur Unfallvermeidung sollten Lesegeräte zum
Check-in/Check-out in Fahrzeugen nicht im unmittelbaren
Türbereich angebracht werden. Da dieses nur in
Einrichtungsfahrzeugen möglich ist, sind bei
Zweirichtugnsgfahrzeugen des Schienenverkehrs die Lesegeräte
außerhalb der Fahrzeuge aufzustellen.
- Bei der Plazierung der Lesegeräte ist ausreichender Stauraum
für Reisende mit Gepäck, Fahrrädern und Kinderwagen zu
schaffen.
- Karten für den "wide-range" Bereich müssen abschaltbar
sein, wenn Gruppentickets, Kombitickets, usw. genutzt werden
können und sollen.
- Karten dritter Herausgeber (EC-Karten, Kreditkarten) dürfen
nicht durch den Einsatz bei einem Verbund oder einer Gruppe von
Verbünden durch zusätzliche Sperren auf dem Chip bei
weiteren Verbünden unbrauchbar werden.
Die Tarifkommission der Fahrgastverbände
K.-P. Naumann
(Vorsitzender der gemeinsamen Tarifkommission der
Verbände PRO BAHN, VCD, BDEF, Dt. Bahnkundenverband)