Positionen

Tarifkonzept der Fahrgastverbände

Ende Oktober 1997 hat sich die Tarifkommission der Fahrgastverbände (PRO BAHN, VCD, BDEF, DBV) getroffen, um ihre Forderungen an die Verkehrsunternehmen und die Politik zu diskutieren und auszuformulieren. Aus jedem Verband waren noch 2 weitere Vertreter eingeladen worden, um zusätzlich frische Gedanken von der Basis aufnehmen zu können.

Wenn wir für den (potentiellen) Kunden verständliche Tarife wollen, dann kann nicht jeder Verkehrsverbund/ jede Tarifgemeinschaft machen, was sie will. Einheitliche Regeln sind hier erforderlich, diese wollten wir mit diesem Konzept beschreiben. Darüber hinaus müssen Tarife auch lokale Besonderheiten und Bedürfnisse berücksichtigen: So können Zonengrößen und die Höhe der Preise nur vor Ort festgelegt werden. Weitere Zusatzangebote, wie z.B. eine Streifenkarte, Messe-Tickets, ....muß es nicht überall geben.

Diese Ideen sind über 2 Jahre in den Verbänden diskutiert und den neuesten Entwicklungen angepasst worden, bis sie dann im Oktober 1999 endgültig verabschiedet wurden.

Wenn der öffentliche Verkehr in der ganzen Republik eine Zukunft haben soll, so geht das nur mit einem verständlichen Tarifsystem - für alle und überall. Im Straßenverkehr käme keiner auf die Idee, statt einheitlich - in allen Orten und Städten - in Wohngebieten Tempo 30 einzuführen, in A-Stadt Tempo 33, in B-Hausen Tempo 27 und C-dorf Tempo 31 vorzuschreiben. Im öffentlichen Verkehr haben wir aber eine z.Zt, eine vergleichbare Situation.

Wichtig ist uns so ein gemeinsames Tarifgrundgerüst, das überall gleich und leicht verständlich ist. Dann hat der öffentliche Verkehr auch eine echte Zukunftschance.

Im Oktober 1999

Karl-Peter Naumann
Vorsitzender der Tarifkommission der Fahrgastverbände

Tarifvorstellungen der Fahrgast- und Umweltverbände

Vorwort

Durch die Bahnreform und die Regionalisierung des ÖPNV ergibt sich für uns eine Zweiteilung des ÖV-Marktes in bestellte Leistungen des Regional- und Nahverkehrs einerseits und eigenwirtschaftliche Angebote der Deutschen Bahn (DB) und gegebenenfalls anderer Bahnen. Der Versuch diese Unterscheidung in der Praxis für den Kunden wieder zu erkennen muß scheitern, da in den Zügen des Fernverkehrs (vornehmlich IR/IC ) auch Nahverkehrsreisende sitzen und umgekehrt in den regionalen Zügen viele Fernreisende ihre Fahrt beginnen oder beenden (wir weisen hier nur beispielhaft auf die Regional-Expresse München-Garmisch-Partenkirchen und Hamburg-Westerland hin), im Extremfall verbringen sie sogar ihre ganze Fernfahrt im regionalen Zug (Bsp. München-Freiburg, Coburg-München). Dem Reisenden ist es schließlich auch egal, ob dies ein bestellter oder eigenwirtschaftlicher Zug ist, Hauptsache er führt zu seinem Ziel.

Unsere Hauptforderung ergibt sich daher fast von selbst

Der Fahrgast braucht nur eine Fahrkarte für die Fahrt von A nach B. In Verbünden ist dieses eine Selbstverständlichkeit und muß nicht weiter erläutert werden, Im Fernverkehr sollte dieses Prinzip aber auch gelten, sogar - wenn er es will - unter Einschluß vor- und nachlaufender örtlicher Verkehre, deren Preise einfach addiert werden. Sondertarife für Metropolitan-Züge und Nachtzüge sind kontraproduktiv und verwirren eher den Fahrgast. DB Reise & Touristik muß hier an ihre Aussage erinnert werden, daß die "Bahn" ein offenes System bleiben soll. Aufpreise für besondere Leistungen (Frühstück, Liege, Bett (Nachtzug), speziellen Komfort (Metropolitan) oder auch besonders schnelles Fahren (Sprinter) werden dagegen akzeptiert. (s.a. weiter unten "Spezialtarife")

Beispiel:

Verbundtarif DB-Fernverkehr Bus - Regional
HVV, Hamburg Hamburg - München München - Reit im Winkl

(Der DB-Anteil wird ggf. durch die BahnCard ermäßigt.)

Die BahnCard muß in ihrer universellen Funktion erhalten bleiben, als Kundenkarte des Schienenverlehrsunternehmens DB. Der Kunde soll dabei auf allen Schienenstrecken eine ermäßigte DB-Fahrkarte (DPT [Deutscher Personentarif] bzw. Loco-Tarif) erhalten, auch in Verbünden. Mit der letzten Maßnahme wird der innerhalb des Verbundes wohnende Kunde dem außerhalb wohnenden gleichgestellt. So soll eine BahnCard-ermäßigte DB-Fahrkarte z.B. von Dortmund nach Düsseldorf sowohl für den in Dortmund Hbf einsteigenden Kunden wie auch für Kunden, der bereits aus Hamburg oder Bremen kommt erhältlich sein.

Weiterhin sollte alle Angebote der DB für den BahnCard-Besitzer eine Ermäßigung bringen, wenn auch nicht immer 50% wie beim Normaltarif. Mit dem FamilienSuperSparpreis ist hier bereits der Einstieg geschafft, der um 25% ermäßigt wird.

Wir stellen uns ff. Ermäßigungen vor:

SparPreis/SuperSparPreis 20-25 %
GAT / GMT 10 - 20 DM
SWT 10 DM
Dampfsonderfahrten 10 - 20 DM
Der schöne Tag je nach Preis
Aufpreise (Met./Sprinter) 20 - 25 %

Auf Ermäßigungen im lokalen Busverkehr, den wir in Zukunft zu 100% in Verbünden sehen, kann dann verzichtet werden.

Der Regio-Bus

Um Lücken im Netz des Schienenverkehrs zu schließen, sind im Einzelfall Buslinien nötig. So gibt es im Nahverkehrsplan von Sachsen-Anhalt-Süd Schnellbusse, in Schleswig-Holstein werden das Land querende Linien zum Grundnetz gezählt und Rheinland Pfalz hat das Schienennetz ergänzende Regio-Busse eingeführt. Linien wie diese sollten durch gleiche Institution wie der Schienenverkehr geplant werden und daher auch tariflich so behandelt werden. Dieses können auch Linien sein, die auf Teilabschnitten - genau wie der SPNV - Aufgaben des Verbundverkehres wahrnehmen.

Verbundverkehr

Im Verbundverkehr läßt sich eine BahnCard-analoge Ermäßigungskarte nicht sinnvoll einführen, da sie die optimale Verbundkarte - die Monats-, Abo. Umwelt- Karte - kanibalisieren würde. Die Umwelt - oder die Abonnementskarte ist die ideale und ständig verfügbare Fahrkarte vor Ort. Durch geeignete Maßnahmen sollten bis zu ca. 75% der Fahrgäste zu deren Kauf animiert werden. Für die Kunden, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Zeitkarte nutzen können oder wollen könnte mit einer elektronischen ÖPNV-Card ein neues Angebot geschaffen werden. Mit der PayCard / Geldkarte ist der Einstieg in den elektronischen Zahlungsverkehr bereits vollzogen. Die PayCard/Geldkarte bringt das Geld erst zum Zeitpunkt des Fahrkartenkaufs zum Verkehrsunternehmen. Bei der ÖPNV-Card sollte der eingezahlte/aufgeladene Betrag sofort dem örtlichen Verkehrsunternehmen gutgeschrieben werden, ähnlich wie beim Kauf der konventionellen Streifenkarte. Dafür gewährt der Verbund dann dem Kunden einen Rabatt von 15-20% wenn er mit der ÖPNV-Card eine Fahrkarte bezahlt. Langfristig kann dieses zu einem Ersatz der konventionellen Streifenkarte werden. Hier werden aber mit einer einzigen ÖPNV-Card alle Fahrkarten am Automaten rabattiert, auch Tages- und Gruppenkarten. Darüber hinaus bietet diese ÖPNV-Card auch die Möglichkeit diese Ermäßigung in allen Verbünden zu gewähren. Dabei kann dieser Chip auch auf der BahnCard enthalten sein und sie so zu einer universelle ÖV-Card machen.

In größeren Verbünden (RMV, VRR VBB,...) würde der Kunde bei Fahrten im reinen DB-Zugverkehr bzw. im Regiobusverkehr stark benachteiligt, wenn dort seine BahnCard nicht gelten würde. Die Fahrgastverbände schlagen daher vor:

Anlalog der RMV-Regelung sollte die BahnCard mit einer Ermäßigung (kleiner als 50%) von einer bestimmten Entfernungsstufe an für die Verbundfahrkarte gelten. Die Ermäßigung für die BahnCard muß unter der Monatskartenermäßigung liegen. Die Mindest-Entfernungsstufe liegt hier der Verbund individuell fest. Unabhängig von der Entfernung gilt die BahnCard in den Produkten DB Reise & Touristik AG.

In Kooperation mit den Verkehrsverbünden können wir uns BahnCards zum Sonderpreis für Abonnementskunden vorstellen, wie es auch entsprechende Angebote von Versicherungen oder CarSharing-Unternehmen gibt. Einheitliche Tarifstrukturen sind die Voraussetzungen, um die komplette Durchtarifierung und die ÖPNV-Card einzuführen. Hier dürfte wahrscheinlich der Gesetzgeber gefordert sein, um einheitliche Rahmen festzulegen, vor allem auch im Rahmen der Schülerverkehrsförderung § 45a. Die Höhe des Fahrpreises, die Größe und Anzahl der Tarifzonen sind weiterhin regional zu entscheiden.

Die Standardkarte am Automaten soll die Ortskarte (hier wird noch ein besserer Name gesucht) werden, eine Tageskarte, auf die 2 Personen samt deren Kinder fahren können - an einem Kalendertag bis Betriebsschluß. Sie ist gedacht für Bewohner des Verbundsgebietes, die an diesem Tag ihre Fahrt Ausgangspunkt - Ziel - Ausgangspunkt durchführen und dabei so mobil sein soll wie Zeitkartenbesitzer.

Weiterhin sind dann nur noch ff. Fahrkarten nötig:

  • Gruppentageskarte (VDV-Empfehlung 5 Personen)
  • Einzelfahrkarte Erwachsener
  • Einzelfahrkarte Kind / Hund
  • Umsteigezuschlag / örtl. Ergänzung zu Zeitkarten / Zuschlag Übergangstarif zw. 2 Verbünden
  • event. eine Fahrradkarte

mehr nicht. Ohne auf die eigentliche Tarifhöhe einzugehen, sollten jedoch ff. Merkmale im Tarif vorhanden sein: die Ortskarte sollte in ihrem Preis bei etwas weniger als 2 Einzelfahrkarten, die Gruppenkarte bei weniger als 2 Ortskarten angesiedelt sein.

Fahrkarten-Automaten

Der künftige Automat sollte möglichst viele verschiedene Fahrkarten verkaufen und gleichzeitig einfach zu bedienen sein. Der Standardverkaufsvorgang sollte sich in einem einfachen Dialog mit dem Kunden abspielen. Der Kunde wählt die Art der Fahrkarte (s.o.) über eine Taste und gibt dann das Ziel z.B. über eine Zahlentastatur ein. Auf einem Touchscreen-Bildschirm kann die gleiche Vorgehensweise erfolgen, ergänzt durch die Möglichkeit das Ziel auch alphabetisch zu suchen. Diese Art des Verkaufs ist für den Fernverkehr und für entfernte Ziele in Verbünden sowie bei Übergangstarifen die kundenfreundlichste. Zusätzlich muß es aber auch hier - wie beim PC eine "Hilfe-Taste" geben oder eine Sprechverbindung zu einer Auskunftszentrale. Mit dieser Verkaufsart können sehr viele Zielorte kundenfreundlich - auch in Kombination Fernverkehr/Nahverkehr abgedeckt werden. Der Nachteil : es dauert relativ lange - zu lange für alltägliche Standardfahrkarten, zu lange. Für die wenigen Standardfahrkarten, wie wir sie oben beschreiben haben, sollte es eine farbig abgesetzte extra Tastatur geben, wo der (kundige) Fahrgast mit nur einem Tastendruck seine Fahrkarte bekommen kann. Wenn er nicht die für diese Art des Verkaufs nötigen geografischen Kenntnisse besitzt, muß er immer die Chance haben, die Fahrkarte auch im oben beschriebenen Dialogverfahren zu erwerben. Wo es sinnvoll und nötig ist, kann die Reihe der Standardfahrkarten noch um eine Kurzstreckenkarte und/oder Citykarte ergänzt werden.

Sollen die Automaten auch weitere Angebote wie SWT oder Messekarten ausgeben, so sind die hierfür erforderlichen Tasten auf einem weiteren getrennten Tastenfeld unterzubringen.

Übergangstarife zwischen benachbarten Verbünden
Eine einfache Addition beider Verbundtarife führt zu unangemessenen Härten für den Fahrgast, insbesondere dann, wenn er auf einer Seite nur ein kleines Stück fährt. Hier müssen spezielle Übergangstarife geschaffen werden, die auf folgendem Prinzip basieren:

  1. Voller Preis des Verbundtarifs am Einsteigeort bis zur Verbundgrenze (keine besonderen Fahrkarten in Bussen erforderlich)
  2. Aufpreis im Zielverbund, der deutlich unter dessen regulärem Verbundpreis liegt. Es bietet sich hier an im Tarif bereits vorhandene Umsteigezuschläge oder Zeitkartenzuschläge zu verwenden. Diese müssen ggf. auch im Fahrzeug an der Verbundgrenze nachzulösen sein. Für Zeitkarten sind individuelle Regelungen erforderlich.

In der Regel sollte der Kunde beim Kauf der Fahrkarte nichts davon merken: Beim Einzelfahrschein erhält er nach Eingabe des Zielcodes sein Ticket, bzw. beim Zeitkartenkauf seine Marke. In Ausnahmefällen (Lösen der ersten Fahrkarte im Bus) kann auch an der Verbundgrenze nachgelöst werden. Die Anteile werden von den Verbünden intern abgerechnet.

Ungeachtet dieser Regelung sollten BahnCard-Besitzer auch die oben schon vorgestellte Möglichkeit des Kaufs einer additiven Fahrkarte (Verbund)/50% DPT/(Verbund) haben.

In polyzentrischen Verkehrsräumen - wir denken hier vor allem an Nordrhein-Westfalen - kann es sinnvoll sein, landesweit geltende Übergangsregellungen auch über mehr als 2 Verbünde hinaus zu vereinbaren und zu finanzieren. Hierdurch entstünde dann ein Landestarif. Übergange zu Verbünden dann "nur" benachbarter Bundesländer müssen aber trotzdem nach dem obigen Muster abgewickelt werden. Ebenso muß auch hier alternativ eine additive Bahnregellung gelten. Die Notwendigkeit zu einer über den "klassischen" Übergangstarif zweier benachbarter Verbünde hinausgehende Regelung ergibt sich hier aus dem Umstand, daß bestimmte Relationen je nach Route über unterschiedliche Verbundgebiete führen.

Beispiel : Düsseldorf-Aachen

  • über Mönchengladbach : VRR + AVV
  • über Köln VRR, VRS + AVV

Ein solcher "Multi-Überganstarif" muß auch hier deutlich unter der additiven Preis aus den 3 Verbundfahrkarten liegen, wie oben bereits ausgeführt. Der DPT ist hier für die Preisbildung kein Maßstab.

Kinder-Tarife

Als Kinderalter sollte der Bereich 6 - 16 Jahre gelten. Unter 6 fahren die Kinder kostenlos. Zwischen 6 und 16 Jahren erhalten sie im Verbund bei alleiniger Fahrt 50 % Ermäßigung, in Begleitung von Erwachsenen sind bei Lösen der Ortskarte frei. Im Schienenpersonenfernverkehr (SPNV) erhalten Kinder bei Einzelfahrt 50 % Ermäßigung, mit der BahnCard-Kind 75% (wie bisher). In Begleitung von Erwachsenen schlagen für nach folgender Tabelle eine wesentlich größere Ermäßigung vor. Nur so können sich Familien auch die Bahnfahrt leisten und nur so lernen die Kinder die Bahn kennen und werden so zu Kunden von morgen.

Die Höhe der Pauschalpreise für mitreisende Kinder könnte im künftigen Tarifsystem wie folgt aussehen:

Relationen B-Preis mit BahnCard B-Preis ohne BahnCard A-Preis mit BahnCard A-Preis ohne BahnCard
100 - 300 km 5,00 10,00 6,00 12,00
300 - 500 km 10,00 20,00 12,00 24,00
über 500 km 15,00 30,00 18,00 36,00
19.00-2.00 alle Entf. (wie GAT) 5,00 10,00 6,00 12,00

Jugendliche zwischen 16 - 25 Jahren benötigen weitere spezielle Angebote, um ihnen eine attraktive Alternative zum Auto zu bieten. Neben den ermäßigten Zeitkarten des Ausbildungsverkehr schlagen wir im Verbundbereich eine neue YoungCard vor, die z.B. für 20 oder 30 DM nur abends und am Wochenende im ganzen Verbund gilt und für Freizeitfahrten genutzt werden kann. Im Bereich des SPFV ist weiterhin eine spezielle BahnCard für diese Gruppe vorzusehen.

Tarife für Behinderte

Die örtliche Gültigkeit der stark ermäßigten Jahreskarte sollte auf den Verbundraum des Wohnorts beschränkt werden, da es hier keinen Sinn macht bundesweite Fernfahrten wie beim SWT nachzuahmen. Das Geld sollte lieber in den behinderten gerechten Ausbau des ÖP(N)V investiert werden. Bei der leider stark zunehmenden Zahl der Behinderten sollte auch eine soziale Komponente mit in betracht gezogen werden, z.B. durch die Einführung dreier Preisstufen in Abhängigkeit vom Einkommen. Bei Kuren und Reha-Maßnahmen muß allerdings die örtliche Gültigkeit auf die Kur-Region erweitert werden.

Weiterhin wird es Fahrdienste, vor allem für Rollstuhlfahrer geben müssen, die tariflich nicht zum ÖPNV gehören müssen. In sehr dünn besiedelten ländlichen Regionen halten wir eine zumindest technische Integration für absolut erforderlich. Wo sich der große Bus nicht mehr lohnt und der ÖPNV durch bedarfsgesteuerten Verkehr (Rufbus/AST) in Form von Kleinbussen mit beispielsweise 8 Sitzplätzen abgewickelt wird, sollten diese Kleinbusse mit einem Rollstuhllift versehen werden, so daß der Behindertenfahrdienst und der ÖPNV im gleichen Fahrzeug, ggf. auch gleichzeitig, erfolgen kann.

ÖPNV in äußerst dünn besiedelten Gebieten
Dort wo sich aufgrund der extrem dünnen Bevölkerungsdichte ein Linienverkehr als Ab- und Zubringer von und zur Bahn nicht mehr lohnt, sollte auf Rufbusse oder ASTs -ganztägig oder zeitweilig - zurückgegriffen werden. Mehr als der Busfahrpreis ist hier aber nicht marktfähig.

Wir verweisen auf das Beispiel der Ost-Mecklenburgischen-Eisenbahn, wo dieses Modell AST zum Bustarif" erfolgrich läuft und die Fahrgastzahlen der Bahn erheblich gesteigert hat. Die Differenz vom AST zum Buspreis trägt die OME.

Schönes Wochenende-Ticket (SWT)

Das pauschalierte SWT ist ein großer Erfolg. Es sollte wieder ein echtes Wochenendticket (Gültig an Samstag und Sonntag) werden und modifiziert werden. Um immer wieder vorkommende Belästigungen von Reisenden ("Hey Alter/e, kannste mich nicht auf Dein SWT mitnehmen?"), schlagen wir eine Zweistufigkeit des SWT vor:

SWT 1 2 Personen und Kinder 40 DM
30 DM mit BahnCard des Käufers
SWT 2 Gruppe 5 Personen 60 DM
50 DM mit BahnCard des Käufers

Besondere Tickets

Landestickets (s. Bayernticket, Schleswig-Holstein-Ticket....)

Landestickets sollten in den Bedingungen dem SWT angepaßt werden und in allen Ländern oder Ländergruppen gelten. Um keine Kanibalisierung von Angeboten des Berufsverkehr zu provozieren, sollte die Gültigkeit an Werktagen von 9.00 - 16.00 Uhr und 18.00 Uhr bis Betriebschluß betragen. Die Preisstufen und Personenzahlen entsprechen dem SWT.

Sparfuchs-Tarife

Ein großer Teil der potentiellen Bahnkunden gehört zu einer Gruppe von preissensiblen aber nicht sehr zeitsensiblen Personen. Die Fahrplankommission der Fahrgast- und Umweltverbände schlägt deshalb vor, für preis- aber nicht zeitsensible Reisende preiswerte Züge einzurichten, die in den vorhandenen Trassenlücken("Angebotstrassen") verkehren und die dadurch ggf.unterwegs manchen Überholungshalt haben werden. Für diese Züge, die nur 1-3mal pro Tag verkehren gelten besonders günstige Tarife, die mit der BahnCard noch einmal um einen Anerkennungsrabatt günstiger werden. Nach diesem Tarif können auch in bestimmten, schwach ausgelasteten Zügen Wagen oder Wagengruppen dem Sparfuchstarif zugeschlagen werden.

Super-Ticket

Als besonderes Bonbon - vor allem als Alternative zum permanenten Autobesitz - kann eine Jahresnetzkarte für den Fernverkehr und alle Verbünde/Tarifgemeinschaften außerhalb des Heimatortes dienen, die mit kleinen zeitlichen Einschränkungen für maximal 5000 bis 6000 DM das universelle Mobilitäts-Ticket werden könnte.

Andere Spezialtarife

Andere Spezialtarife wie Thalys, Eurostar, CNL, NachtZug, MET verwirren den Kunden nur. Man kommt hier mit dem Standardtarif durchaus zurecht. Lediglich für ICE und andere HGV-Züge sollen Aufpreise - wie jetzt auch - zulässig sein, mit einer zulässigen Sprinterstufe. Zuschläge, wie IC, IR D-Zug-Zuschläge sollten in den Tarif integriert werden und als Extra-Ticket verschwinden.

TCV-Tarife

Die TCV-Tarife - die Durchtarifierungen ins Ausland - sind genau so wichtig wie innerdeutsche Durchtarifierungen. Die ausländischen Traifanteile sollten aber nicht wesentlich teurer sein als die eignen Binnentarife. Vor allem in den östlichen Nachbarstaaten gibt es große Differenzen. Will man auch im internationalen Verkehr die umweltfreundliche Bahn stärken, so sind hier Anpassungen dringend notwendig, sonst gibt es hier bald nur noch den Bus, den PKW oder das Flugzeug.

Zusätzliche Leistungen

Zusätzliche Leistungen wie Bettplätze oder Liegeplätze in Nachtzügen werden extra zu den Standardfahrkarten bezahlt, wie im klassischen Nachtverkehr. Eine Ermäßigung für BahnCard-Besitzer ist hier durchaus zu überlegen. Entsprechend sollte der BahnCard-Besitzer - als besonderer Kunde der Bahn - auch bei der Benutzung von Lounges, Toiletten und Gepäckschöießfächern von den Gebühren befreit werden. Im Falle der Lounges ist dies bereits realisiert.

Elektronische Karten

Elektronisches Bezahlen

Der Einsatz von EC-Karte / Geld-Karte / ... zum Bezahlen von Fahrausweisen an Automaten wird begrüßt (Bsp. DB-Automaten zum Fernverkehr), wenn sich für die Fahrgäste daraus Vorteile ergeben.Für den Nahverkehr / Verbundverkehr wird zusätzlich zur Verwendung von EC-Karten, Kreditkarten, usw., die von Dritten herausgegeben werden, eine "prepaid-Karte" gewünscht, die einheitlich in allen Verbünden und Tarifgemeinschaften gilt. Diese Karte muß als Gegenleistung für die Vorausbezahlung in irgendeiner Form rabattiert sein (Bsp.: der Kunde erwirbt für 50 DM eine Karte, die dann einen Wert von 60,00 DM hat - wie die 50 DM - Telefonkarten der ersten Generation. Wir setzen hier bundeseinheitliche Tarifbildungsstrukturen (s.o.) voraus. Sie kann bei vollständiger Funktion und bundesweiter Einführung die Streifenkarte ersetzen. Bis zu diesem Zeitpunkt muß die Streifenkarte ihre volle Gültigkeit behalten.

Elektronische Fahrausweise

Elektronische Fahrausweise können der weiteren Rationalisierung für die Betriebe (Senkung der Vertriebskosten) und Vereinfachung für die Fahrgäste (Abbau von Zugangshemmnissen) führen. Dabei sind aber folgende Rahmenbedingungen zu beachten:

  • der Erwerb aller gängigen Fahrkarten muß jederzeit (auch spätabends) ohne Chipkarte (Kinder) und überall (fremde Stadt / einzelne Unterwegshaltestelle) möglich sein - und das geht nur mit Bargeld.
  • Der sichere Datenschutz muß gewährleistet, ein vollständig anonymes Nutzen möglich sein. Letzteres auch im Hinblick auf die damit vereinfachte Ausgabe von Chipkarten (beispielsweise nachts an Bahnhöfen)
  • Chipkarten mit Bestpreisabrechnung dürfen Monats-/Abonnementskarten nicht ersetzen, da sie für die Unternehmen die sicherste Einnahme und für die Fahrgäste die einfachste Fahrkartenform sind. Ein jeweiliges Vorbeiführen dieser Karten am Lesegerät beim Ein-, Aus- oder Umsteigen ist zu vermeiden, da es eine deutliche Komfortminderung für die Stammkunden wä
  • die Bezahlung der ÖPNV-Leistungen muß in der gesamten BRD (in allen Verbünden/Tarifgemeinschaften/Verkehrsbetrieben) mit ein- und derselben Karte und aus einer elektronischen Geldbörse möglich sein
  • Bei kurzen Umsteigezeiten (insbesondere aufgrund von Verspätungen) muß der Umsteigevorgang zügig ohne Lesen der Karte erfolgen können (Bsp. Stark besetzte Zubringerbusse bei Ankunft an Schnellbahnhaltestellen oder Bahnhöfen).
  • Abendliches Auschecken mit einer EC-Karte, Kreditkarte, ... birgt an einsamen Haltestellen, Tunnelbahnhöfen oder in schwach besetzten Fahrzeugen die Gefahr eines Diebstahls oder provoziert Überfälle.
  • Der Fahrgast muß vor Lesefehlern geschützt sein. Daher muß bei technischen Problemen die Nachweispflicht für Guthaben auf der Karte bzw. eingecheckte Karte beim Verkehrsunternehmen liegen. Das Guthaben einer nicht mehr lesbaren Karte muß erstattet werden (können), z.B. durch Führung eines Schattenkontos.
  • Wie lassen sich Kontrollen durchführen? Wie kann der Fahrgast ggf. beweisen, daß er eingescheckt hat? Wie kann der Fahrgast umgekehrt sicher sein, daß - vor allem im Gedränge - er richtig ein- oder ausgecheckt hat ?
  • Kombi-Tickets, Tageskarten, Touristenkarten (Mehrtageskarten), Gruppenkarten, örtliche und überörtliche Sonderangebote (SWT, SH-Ticket, Bayernticket, ..) müssen auch weiterhin möglich sein.
  • Karten dritter Herausgeber (EC-Karten, Kreditkarten) dürfen nicht durch den Einsatz bei einem Verbund / einer Gruppe von Verbünden durch zusätzliche Sperren auf dem Chip bei anderen Verbünden unbrauchbar werden.
  • Beim Einchecken muß als Mindestbetrag die Höhe des kleinsten Fahrpreises genügen.

Wenn sich diese Voraussetzungen ohne Mehrkosten für Betriebe und Fahrgäste umsetzen lassen, ist das elektronische Ticket eine zukunftsweisende Fahrkarte.

Text: 6. Oktober 1999